Liebe auf Arabisch
wäre es schwierig, die Jobsuche von vorn zu beginnen, ich würde auch noch die Schadenfreude unseres gesamten Viertels ertragen müssen, allen voran die der abgelehnten Schönheitsköniginnen, die ganz sicher Gerüchte über meine moralische Verdorbenheit in die Welt setzen würden. Wahrscheinlich glauben sie gar nicht wirklich daran, und trotzdem ist das Vorurteil tief bei uns verwurzelt, dass jedes junge Mädchen, das bei den Arabern vom Golf als Stewardess arbeitet, eine Hure ist.
Die geschlossene Gesellschaft der Frauen von Dschidda
Wenn Sie sich nun fragen, wie ich es geschafft habe, mich mit diesen Frauen der arabischen Oberschicht anzufreunden, werde ich es Ihnen sagen.
Nach einem Jahr guter und loyaler Dienste für Saudi Airlines wurde ich zur Chefstewardess befördert und in die Businessklasse versetzt, manchmal sogar für VIP-Flüge.
Ich leitete einen Trupp Gazellen aus dem Maghreb, Europa und Asien, von denen manche aufs Geld aus waren, manche auf ein Abenteuer, doch die Mehrzahl von ihnen träumte vom Jackpot, von der Begegnung ihres Lebens. Meine anfängliche Angst hatte sich ganz buchstäblich in Luft aufgelöst, ich gewöhnte mich an das waghalsige Leben des Bordpersonals, an den Wechsel zwischen Lang- und Mittelstreckenflügen, an das Pendeln zwischen Europa und dem Mittleren Osten, erst Mailand, dann Beirut, tags darauf Paris. Ich richtete meinen Schlafrhythmus nach den Flügen aus, kämpfte gegen den Jetlag und war abends heilfroh, nach einer halben Weltreise in meine stille Wohnung in Dschidda zurückzukehren.
Auf dem Boden tauschte ich die Uniform gegen eine Abaja und lief den Anweisungen gemäß hinter meinen männlichen Kollegen her. Wer hat behauptet, die Unterwürfigkeit läge der arabischen Frau nicht in den Genen?
Sieh mal einer an, da bin ich nun, mit meinem Tablett
in der Hand laufe ich festen Schrittes durch die Stuhlreihen, nichts bringt mich aus dem Tritt, nicht einmal Turbulenzen. Ich flöte ein »Ja Monsieur« links und ein »Ja Madame« rechts, was meinen Chefs natürlich sehr gefällt, zum Glück sieht mich mein Vater nicht so. Auch hier war es gar nicht schwer, die Kunst der Unterwerfung zu erlernen, in meinem Heimatland Marokko ist sie jahrtausendealt. Man muss nur ein wenig in seiner Erinnerung kramen, dann gehen einem die moulay und sidi genauso leicht über die Lippen wie ein »Guten Tag!«. Armer Papa! Wahrscheinlich haben ihn seine algerischen Wurzeln in die falsche Richtung gelenkt. Er hätte sich ein Beispiel an meiner Mutter nehmen sollen, einer waschechten Fassi, um zu lernen, dass im tiefsten Innern eines echten Marokkaners die Gefügigkeit schlummert, und dass wir sofort weiche Knie bekommen, sobald wir eine Krone sehen, und sei sie auch aus Tinnef. Wie auch immer. Mit der Zeit stellte ich jedenfalls fest, dass ich den saudischen Gästen gegenüber mit Stolz von den noblen Ursprüngen unserer Königsfamilie erzählte und erklärte laut und deutlich, dass unser Malik ebenso über die Gläubigen herrsche wie der ihre!
In der Businessklasse waren die Vorschriften nicht weniger streng. Die meisten Passagiere in der ersten Klasse waren Prinzen, hochrangige Politiker oder Geschäftsmänner, ihr Wunsch war uns Befehl, vor ihnen verbeugten wir uns noch tiefer, der Kunde ist schließlich König: In unserem Fall war diese Devise ganz wörtlich zu nehmen.
»Würden Sie bitte den Sicherheitsgurt anlegen? Wir werden in wenigen Augenblicken landen«, forderte ich eines Tages höflich einen Gast auf, der mich während des gesamten Fluges drangsaliert hatte.
Es war der Flug Paris – Dschidda. Ich inspizierte die
Reihen, um sicherzugehen, dass alle Passagiere angeschnallt waren und ihre Tabletts hochgeklappt hatten, als ich eine von Kopf bis Fuß verschleierte Silhouette sah, die auf einem Sitz Platz nahm, der zuvor einer anderen Frau gehört hatte. Ich erinnerte mich, ihr ein Glas Wasser serviert zu haben. Sie hatte westliche Kleidung getragen, eine Bluse und einen kurzen roten Rock.
Höflich sprach ich sie an.
»Verzeihen Sie Madame, das ist nicht Ihr Platz. Er gehört einer anderen Dame.«
Sie sah mir in die Augen und hob den Schleier ein wenig an, der ihr Gesicht verbarg.
»Keine Sorge. Die Dame und ich teilen uns einen Platz: Wir sind eine Person.«
Sofort wurde mir mein Irrtum klar. Natürlich war sie es, sie hatte sich vor der Landung in Arabien umgezogen. Dieses Verhalten hatte ich schon oft beobachtet. Die meisten Frauen zogen sich während des Hin- oder
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