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Liebe auf Dauer

Titel: Liebe auf Dauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jellouschek
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isch’s recht!« und »Nix g’sagt isch gnugg’lobt!« – solche Sätze werden – jedenfalls im Schwabenländle – häufig humorvoll selbstkritisch gesagt, sie geben aber doch eine verbreitete Lebenseinstellung wieder, die sehr destruktiv ist, weil sie an wesentlichen positiven Möglichkeiten spart, die wir haben und einander eröffnen können. Wenn man den anderen zu oft kritisiert, schaltet er auf die Dauer die Ohren auf Durchzug. Diesen Effekt gibt es bei positiver Resonanz nicht. Wenn sie ehrlich gemeint ist, vertragen wir viel davon, und es ist keineswegs sinnlos, Positives immer wieder zu sagen. Es nährt den anderen und damit die Beziehung.
    Allerdings gibt es eine Möglichkeit, demjenigen, der gerne Lob und Anerkennung austeilt, dieses bald abzugewöhnen, nämlich wenn derjenige, dem sie gilt, darauf seinerseits nicht oder abwehrend reagiert: »Geh, ist doch gar nicht so toll«, »Das ist wirklich nichts Besonderes …« und ähnliche Äußerungen. Oder wenn er einfach darüber hinweggeht und so tut, als hätte er es gar nicht gehört. Im »Geheimen« freut er sich vielleicht sehr darüber, aber wenn er das seinerseits nicht äußert, entwertet er das Lob und die Anerkennung, und der Positiv-Kreislauf, das Gegengewicht gegen die Negativ-Spiralen der Kritik, kommt nie recht in Gang. Damit das Positive in einer Beziehung zur Wirklichkeit wird, braucht es also auch die entsprechende Reaktion darauf.
Es tut einer Beziehung weiter sehr gut, wenn wir positive Eigenschaften des anderen immer wieder hervorheben.
»Dein Lachen ist so schön.«
»Ich mag dein festes Haar so gerne.«
»Du bist so schön groß – richtig zum Anlehnen!«
    Es mag sein, dass der andere für solches und Ähnliches wirklich nichts kann. Solche Eigenschaften sind nicht seine Leistung, sodass er Anerkennung dafür »verdienen« würde. Aber tut uns nicht solche Art von Resonanz noch mehr gutals diejenige für »verdienstvolles« Verhalten? Solche Eigenschaften liegen noch näher an unserer Person, darum erleben wir positive Resonanz darauf noch stärker als ein Ja zu uns insgesamt. Wir brauchen diese positive Resonanz auf unsere Existenz nicht nur als Säuglinge, um gesund aufzuwachsen, wir brauchen sie ein ganzes Leben hindurch, und die Intimität der Paarbeziehung bringt es mit sich, dass wir sie vor allem hier suchen. Bekommen wir sie in der Beziehung zu wenig, beginnt unser Herz – ohne dass wir es vielleicht merken – auf die Suche zu gehen, und findet sich jemand, der uns diese positive Resonanz zuteilwerden lässt, spüren wir, dass uns in der Paarbeziehung etwas Zentrales fehlt. Die Gefahr, dass es gerade deshalb zu einer Trennung kommt, ist nicht zu unterschätzen.
Wir Menschen besitzen die erstaunliche Fähigkeit, Vergangenes wieder gegenwärtig zu machen. Das erfahren jene sehr schmerzhaft, deren Partner alte »Untaten« immer wieder hervorholen und sie ihnen unter die Nase halten. Wir können aus dieser Fähigkeit allerdings auch etwas für die Beziehung sehr Förderliches machen: Wenn wir uns miteinander an die positiven Ereignisse in der Vergangenheit unserer Beziehung erinnern.
»Weißt du noch, als wir damals diese Wanderung gemacht haben …?«
»Weißt du noch, wie du mich damals mit … überrascht hast?«
»Letztes Jahr um diese Zeit waren wir zusammen bei …«
    Wenn wir solche Anstöße nutzen und nicht nur »Ja, ja …« dazu brummeln, sondern darauf eingehen und, was uns dazu noch einfällt, beisteuern, kann daraus manchmal ein wahres »Schwelgen in Erinnerungen« werden. Es geht dann eben nicht nur um Vergangenes. Die Bilder, die Stimmung, die Gefühle von damals werden wieder Gegenwart und Realität.
    Spezielle Anlässe eignen sich dafür besonders gut: Geburtstage, Jahreswechsel, Hochzeitstage, »Verliebungstage« und so fort. Manche Paare entwickeln hier großen Einfallsreichtum, sich ihre eigenen Gedenktage zu schaffen, sie jährlich auf ihre Art zu begehen und damit immer wieder die Vergangenheit wie eine nährende Quelle anzuzapfen. Was es dazu braucht, ist die Überzeugung, dass Beziehungen nicht »von selber« funktionieren, sondern dass sie Gestaltung brauchen. Und: Es braucht ein Stück Initiative, Aktivität, vielleicht auch Kreativität. Wenn man bedenkt, wie viel wir davon in unsere Berufe investieren …
Es könnte nun der Eindruck entstehen, positive Resonanz müsste immer mit Worten vermittelt werden. Dies meine ich aber nicht. Von großer Bedeutung sind hier auch Blicke, Gesten, Berührungen.

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