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Liebe auf Dauer

Titel: Liebe auf Dauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jellouschek
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den anderen kritisiert, meint dieser ihn wiederum kritisieren zu müssen, und zwar einen Zacken schärfer, um mehr Wirkung zu erzielen. Dadurch wird die Kritik immer negativer, und es entsteht eine immer unangemessenere Polarisierung der Partner zueinander. Dadurch geraten die beiden in immer extremere Gegenpositionen: Die spontane, lebendige Frau erscheint dem Mann nur noch chaotisch, und der ruhige Mann erscheint ihr wiederum in seiner bedächtigeren Art nur noch langweilig und unflexibel.
    Mit anderen Worten heißt das aber: Die Negativität in der Beziehung nimmt mehr und mehr überhand. Wir sind dabei, eine immer negativere Beziehungs-Wirklichkeit zu schaffen. Das, was uns aneinander fasziniert hat, ist zwar durchaus auch noch vorhanden. Aber es wird gleichsam durch die entstehende Negativität überdeckt. Die Aufmerksamkeit wird immer ausschließlicher darauf gerichtet, und jeder neue »Fall« dient als Bestätigung der negativen Sichtweise des anderen. Was diese relativieren würde, was dem Blick auf den anderen eine positivere Richtung geben würde, wird nicht mehr beachtet, ja wird ausgeblendet.
Wie wir uns unsere Wirklichkeit schaffen
    Bei allem, was es uns persönlich betrifft, nehmen wir die Realität nicht objektiv wahr. Vielmehr wird das für uns wirklich, worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten, und diese Aufmerksamkeit ist Interessen-geleitet. Das ist ganz generell so. Wenn wir gerade daran denken, uns einen neuen Opel zu kaufen, sehen wir auf der Straße lauter Opels herumfahren. Wenn wir darangehen, eine neue Wohnung einzurichten, sehen wir bei unseren Freunden vor allem jene Möbelstücke, die eventuell auch in unsere Wohnung passen würden. Wenn wir uns mit einer bestimmten Krankheit herumschlagen müssen, begegnen wir ständig Leuten, die eben diese Krankheit auch haben, während wir davon früher nie etwas gesehen und gehört haben. So ist es auch bei der Paarbeziehung: Sehen wir am Partner vor allem das Negative, wird dieses mehr und mehr Wirklichkeit und belastender Teil unserer Beziehung.
    Wollen wir das verhindern, ist die erste logische Folge aus dem Gesagten, dass wir unsere Aufmerksamkeit bewusst immer wieder auf das Positive lenken. Das haben wir nämlich weitgehend in der Hand. Ich kann daran denken, was mir heute am anderen gefallen hat, oder ich kann das unter den Tisch fallen lassen und mich nur bei dem aufhalten, was mir an ihm auf die Nerven gegangen ist. Das müssen sich vor allem jene Menschen zu Herzen nehmen, die sich angewöhnt haben, sich eher beim Negativen aufzuhalten, sich mit Vorliebe über etwas aufzuregen und sich mit Inbrunst zu ärgern. Manchmal ist es ja gut, seinen Ärger loszuwerden – das befreit. Aber viele steigern sich in ihren Ärger nur hinein. Das befreit nicht, sondern ist psychische Umweltverschmutzung. Die tut freilich niemandem gut. Denn – wie gesagt – damit schaffen wir eine negative Wirklichkeit, und diese wird dann zur Realität unserer Beziehung.
    Es ist ein wichtiger Teil der Lebens- und der Beziehungs-Kunst, die Ausrichtung der Aufmerksamkeit auf das Positive zu trainieren. Das braucht es, denn aus Erfahrung weiß man, dass sich das Negative »von selber« aufdrängt. Es braucht als Gegengewicht die bewusste Aufmerksamkeits-Steuerung. Das ist das erste. Das zweite ist: Das Positive, das so wieder stärker in den Vordergrund tritt, muss dem anderen auch mitgeteilt werden, es muss zum anderen »rüberkommen«. Es genügt nicht, es im Herzenskämmerlein zu hegen und zu pflegen. Erst wenn es beim anderen auch ankommt, wird es zur gemeinsamen Beziehungsrealität. Auch hier wieder: Wir schaffen unsere Beziehungsrealität zu einem Gutteil selber. Nicht nur dadurch, dass wir unsere Aufmerksamkeit in eine bestimmte Richtung lenken, sondern vor allem durch das, was wir kommunizieren, miteinander teilen. Dazu im folgenden Abschnitt ein paar konkrete Hinweise.
Das Positive wahrnehmen und mitteilen
Wir können registrieren, was uns an konkreten Verhaltensweisen des anderen gefällt, und dies mitteilen:
»Wie du gestern den Franzi dazu gebracht hast, doch seine Bockigkeit aufzugeben und von sich aus in den Kindergarten gehen zu wollen, das fand ich einfach große Klasse!«
»Du warst gestern eine wunderbare, charmante Gastgeberin!«
»Also, das hat mir imponiert, wie du dem Vermieter gerade seine Grenzen aufgezeigt hast!«
    So gibt es tausend Gelegenheiten, dem anderen positive Resonanz zu geben oder sie ungenutzt verstreichen zu lassen. »Wenn i nix sag,

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