Liebe auf Dauer
keinen großen Informationsgehalt, vor allem dann, wenn man sie schon öfter ausgetauscht hat. Darum neigen Männer dazu, nach einiger Zeit keine Worte mehr darüber zu verlieren, weil es »ja eh klar ist«, dass sie ihre Frau lieben, schätzen und so weiter. Sie müssen lernen, dass Sprache viel mehr Funktionen hat als nur Informationsaustausch, und vor allem, dass sie ein Kontakt-Medium ist, in dem sich Haltungen, Stimmungen und Gefühle dem anderen gegenüber zum Ausdruck bringen. Worte geben also dem anderen nicht nur Informationen, die man aufnimmt, versteht und dann »abhakt«, sondern sie können auch die Bedeutung von Nahrung, Dünger oder Medizin bekommen, durch die eine Beziehung genährt, gefördert, geheilt wird. Aber dazu müssen sie eben immer wieder gesagt werden, so wie man auch Nahrung, Dünger und Medizin immer wieder gibt.
Im Gegensatz zu Männern neigen Frauen eher dazu, aufdas gesprochene Wort einen eher übertriebenen Wert zu legen. Ich erinnere mich an eine Paargruppe: Frau und Mann saßen sich, wie es unserer Methode entspricht, im Kreis der Gruppe gegenüber und sprachen über ein sehr bewegendes Thema. Der Mann verstummte an einer bestimmten Stelle des Gesprächs plötzlich, und Tränen schossen ihm in die Augen … Das Gespräch kam ins Stocken. »Jetzt äußere doch endlich mal deine Gefühle«, meinte sie schließlich … Männer äußern oft ihre Gefühle anders als in Worten, häufig bevorzugen sie dafür auch das Tun. Sie arbeiten und schaffen und machen und tun – und die Frauen sollen darin ihre Liebe, ihre Zuneigung, ihr Ja zu ihnen spüren … Manchmal kann es helfen, ihnen die Zunge zu lösen, wenn die Frauen mehr bereit wären, auch diese zugegeben manchmal sehr distanzierten Zeichen als Ausdruck ihrer Anerkennung und ihres positiven Investments für sie und die Beziehung zu werten und ihnen dies auch immer wieder mal mitzuteilen: »Du tust so viel für mich, für uns, ich danke dir dafür!«
Insgesamt ist zu sagen, dass wir die verbale oder auch nonverbale Betonung des Positiven am anderen wirklich zu wenig gelernt haben. Vielleicht ist das Ausdruck einer puritanischen Einstellung: Wir dürfen es uns im Leben nicht zu gut gehen lassen, sonst werden wir übermütig … Darum lieber streng sein, lieber auf das halb leere als auf das halb volle Glas hinweisen, damit wir nicht faul, genusssüchtig oder lasterhaft werden. Von einer solchen Lebenseinstellung ist auf der Ebene unseres Bewusstseins nicht mehr viel übrig geblieben. Aber sie ist noch präsent darin, dass wir oft nicht wissen, wie wir uns das Leben gegenseitig schön und genussreich machen können. Darum kann es richtig und hilfreich sein, dass wir die Betonung des Positiven förmlich lernen, indem wir uns beispielsweise Formulierungen aneignen undeinprägen, die sich dazu eignen: »Ich freue mich, das zu hören!«, »Ich danke dir dafür, dass du mir das gesagt hast«, »Finde ich richtig gut, wie du das machst« und so weiter. Wie man eine Fremdsprache lernt, so müssen viele von uns die positive Sprache der Liebe erst lernen. Man kann sich hier nicht auf die Spontaneität verlassen. Spontan kommen uns Mahnungen und kritische Bemerkungen über die Lippen. Wir brauchen manchmal vorformulierte Sätze, um das Positive, das wir für den anderen empfinden, auch zu ihm herüberzubringen.
5 Lernen Sie, einander zu verzeihen
Die Kunst, Verletzungen wiedergutzumachen
Verletzungen sind unvermeidlich
Auch wenn wir uns redlich bemühen, das Positive in der Beziehung zu betonen, bleibt es – wie jeder aus Erfahrung weiß – nicht aus, dass wir den anderen im Alltag der Beziehung auch verletzen. Das kann sein, weil wir von ihm zu wenig wissen und deshalb »ins Fettnäpfchen treten«, weil wir gerade nicht gut drauf sind und um uns schlagen oder weil wir unbeabsichtigt einen wunden Punkt beim anderen getroffen haben und dergleichen mehr. Wenn wir über keine Möglichkeiten verfügen, solche Verletzungen zu überwinden, nimmt die Liebe Schaden. Oft ist eine Trennung der Schlusspunkt nach einer Reihe von unverziehenen Verletzungen, die – nach außen hin kaum sichtbar – schwärende Wunden in der Seele hinterlassen haben, an denen die Liebe im Laufe der Zeit zugrunde gegangen ist.
Das ist nämlich das Problem. Die Zeit allein heilt solche Wunden nicht. Das Wort von der Zeit, die Wunden heilt, mag stimmen, wenn es sich entweder um Bagatellenhandelt oder der Mensch, der einen verletzt hat, nichts mehr mit einem zu tun hat. Aber
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