Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe auf dem Pulverfaß

Liebe auf dem Pulverfaß

Titel: Liebe auf dem Pulverfaß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
und diese Augen machten auch den Apotheker hilflos. Ein echter Orientale hat stets ein weites Herz für schöne Frauen.
    »Ich will meinen Lieblingshund töten –«, sagte Amina und zitterte dabei mit der Stimme. »Ein so liebes Hündchen, und nun ist es krank. Soll ich es erschlagen oder erschießen lassen? Hatte nicht selbst Mohammed einen Hund, den er über alles liebte und den er auf seidenen Kissen schlafen ließ? Ich will ihm die Gnade des Einschlafens schenken, meinem kleinen Liebling –«
    Wer kann da widerstehen? Amina bekam eine dunkel getönte Flasche mit Chloroform und ein Paket Watte, bezahlte, warf einen heißen Blick auf den Apotheker und trippelte hinaus.
    Hinter der nächsten Ecke wartete Kehat, ein dreckiger Bursche, den niemand beachtete. Amina ging an ihm vorbei und nickte kurz. Langsam folgte Kehat ihr, und irgendwo in den lauten, menschenwimmelnden Gassen des Basars trafen sie sich endlich. Sie hockten sich in eine Ecke, bestellten bei einem Limonadenverkäufer zwei Becher mit Gauafe und saßen im Basar herum, bis es dunkelte. Es war, als nähmen sie damit Abschied vom herrlichen, tausendfältigen Leben. Was sie in der kommenden Nacht erwartete, wie diese Nacht ausgehen würde, ob dieser laute Tag ihr letzter sein würde, entschied sich nun bald.
    In einem kleinen Tal der Mokattam-Berge tauschte Amina ihr weites Gewand in praktischere Kleidung um. Kehat hatte sich einen kurzstieligen Hammer und ein beidseitig geschliffenes Messer im Basar gekauft … ihr Geld war dadurch so zusammengeschrumpft, daß sie – was immer auch geschehen mochte – gezwungen waren, in Ägypten zu bleiben. Es gab nur noch einen Weg in die Freiheit: Mitgenommen werden bis Suez, auf Lastwagen oder Kamelen, und dann in der Nacht durch den Suezkanal zum anderen Ufer zu schwimmen, wo die israelischen Truppen sich in einer Bunkerstellung eingegraben hatten. Für Kehat, den begeisterten Schwimmer, wäre es möglich gewesen, aber er wußte, daß Amina nie den Kanal durchschwimmen konnte.
    Sie warteten in der Nähe des krüppeligen Tamariskenbaumes, flach auf den Boden gedrückt, bis es zwei Uhr morgens war … die Zeit, in der erfahrungsgemäß auch die Wachen am sorglosesten waren. Selbst Jasir schlief dann fest, müde von seiner Beschäftigung mit den Weibern, und die Beobachter in der Kuppel rauchten, spielten Karten oder lasen arabische Illustrierte. Für sie war die Nacht schon vorbei … was kann in den Mokattam-Bergen schon um zwei oder drei Uhr morgens passieren? Der einzige Lärm kam vom Kasino herüber. Dort brachen die letzten Gäste auf. Eine schwedische Reisegesellschaft, betrunken, singend, die Kellner anschreiend, wo man jetzt noch einige feurige Huren bekommen könne.
    Der Baum ließ sich leicht drehen, als Kehat gegen den rissigen Stamm drückte. Die Scheibe schwenkte weg, die Betonröhre mit der einbetonierten Treppe wurde im fahlen Mondlicht sichtbar. Kälte wehte ihnen entgegen, muffiger Geruch, ein Atem nach Moder und Schimmel.
    »Ich gehe voraus«, sagte Kehat gepreßt. Er rutschte in die Röhre hinein und fand Halt an den Steigeisen. Amina lag im Gras, neben dem Tamariskenbaum, und umklammerte Kehats Kopf.
    »Komm mir langsam nach«, flüsterte Kehat. Er kletterte tiefer, sein Kopf verschwand im Dunkel. Nach vier Stufen holte er aus der Tasche eine Taschenlampe und knipste sie an. In dem Licht konnte er erkennen, daß die Röhre tief in die Erde führte, viel zu tief, um dort unten in einem Gang zu enden.
    »Bleib oben!« rief er leise hinauf. Aminas Kopf war über der Öffnung erschienen. »Sie haben hier eine Gemeinheit eingebaut. Ich flehe dich an – bleib noch oben!«
    Er stieg vorsichtig weiter hinab, leuchtete mit der Taschenlampe ab und zu in die Tiefe und sah, daß die Röhre plötzlich aufhörte und ein unüberblickbarer Hohlraum sich anschloß. Aus ihm wehte es eiskalt und modrig herauf. Ein Rauschen wie von einem unterirdischen Fluß war zu hören. Einen Meter unter ihm, an der gegenüberliegenden Wand, stieß eine neue Röhre waagrecht in den Abstieg, gerade so groß, daß man in ihr auf den Knien entlangrutschen konnte. Man mußte sich mit den Beinen zuerst hineinschwingen, denn unterhalb dieser Abzweigung hörten die eisernen Stiegen auf. Da gab es keinen Halt mehr, die Wand war glatt … und die beiden letzten Steigeisen besaßen ein Scharnier und knickten ab, wenn man darauf trat. Das war die teuflische Falle: Wer hier im Siegesrausch, den Geheimgang gefunden zu haben, forsch

Weitere Kostenlose Bücher