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Liebe auf dem Pulverfaß

Liebe auf dem Pulverfaß

Titel: Liebe auf dem Pulverfaß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Sie bereits Abfall! Mehr nicht!«
    »Sie reden wie der Teufel damals zu Ihrem Christus in der Wüste. Aber – wie damals – Sie überzeugen mich nicht!«
    »Das ist Ihre Entscheidung. Safar, das Obst, mit dem Sie handeln, ist faul …«
    Später sprachen sie nicht mehr darüber. Aber der Stachel saß. Als es Abend wurde und sie schweigend aßen, dachte Dr. Murad an den unterirdischen Gang. Alles in ihm wehrte sich dagegen, mit einem Juden zu flüchten, aber er dachte weiter an den Gang und machte sich Sorgen um sein Herz, das Amina hieß …
    Sie lagen in der engen Erdröhre eng beieinander und lauschten in die modrige Finsternis. Nur das leise Plätschern des unterirdischen Flusses war zu hören. Sie hatten es geschafft, in die Röhre hineinzukommen, aber sie wagten noch nicht, die Taschenlampen anzuknipsen und den Gang hinabzuleuchten. Die erste kritische Phase war überwunden, die zweite würde beginnen, wenn sie an der Ausstiegstür standen. Aber noch eine Gefahr bestand: Wenn in dieser Nacht noch andere Besucher Jasirs den geheimen Weg nehmen wollten, fanden sie die Tamariske weggeschoben und das Loch offen. Das war ein Alarmzeichen, es gab dann keine Flucht mehr.
    Sie dachten beide daran, aber keiner sprach darüber. Was dann folgen würde, war zu grauenhaft, um es in Worten auszudrücken.
    »Weiter«, sagte Kehat leise.
    »Ich zuerst«, flüsterte Amina zurück.
    »Bis zur Tür – ich!«
    Sie nickte. Kehat kroch die enge Röhre entlang und benutzte jetzt seine Taschenlampe. Der Gang war durch die Erde gegraben worden und nur notdürftig mit einem dünnen Betonüberzug abgesichert gegen das Einfallen. Überall sickerte Feuchtigkeit durch oder platzte bereits die Betonhaut ab. Doch die Luft war irgendwie rein, trotz des modrigen Geruches. Irgendwoher mußte Frischluft in den Gang strömen, vielleicht durch Bohrlöcher an die Erdoberfläche, die dann in den Betonmantel mündeten wie kleine Schlitze. Eine einfache, aber raffinierte Konstruktion wie die unterirdischen Festungen des Vietkong in Vietnam. Im Schoß der Erde reift die Revolution … das könnte der Text eines Liedes werden.
    Sie krochen endlose Minuten auf allen vieren, bis sie merkten, daß der Gang sich allmählich nach oben hob und sie aufwärts kamen. Dann verbreiterte sich der Gang, wurde höher, sie konnten sogar stehen, ohne mit den Köpfen anzustoßen, gingen noch ungefähr zwanzig Meter und stießen dann auf eine eiserne Tür.
    Eine Tür ohne Schloß.
    Dafür war in die Betonwand eine Art Klingelknopf eingelassen und ein einfacher Hebel mit einem rotlackierten Griff.
    »Endstation!« flüsterte Kehat keuchend in Aminas Ohr. »Willst du etwa auf den Knopf drücken? Besuch! Macht auf! Hier steht Amina Murad –«
    »So ähnlich.«
    »Du bist verrückt.«
    »Ich werde den Hebel herunterdrücken, Kehat.«
    »Es kann eine neue Falle sein. Wer ihn herunterreißt, löst eine Bombe aus, und wir fliegen in die Luft.«
    »Sind wir so weit gekommen, Kehat, ist der Weg zum Himmel auch keine Strecke mehr.« Sie legte die Hand auf den rotlackierten Griff. Kehats Hände begannen zu zittern, aber er schwieg.
    Ruhig, als ziehe sie an einem Fenstergriff, drückte Amina den Hebel herunter. Aber sie hielt dabei den Atem an und betete innerlich: Allah, beschütze uns … auch wenn Kehat ein Jude ist …
    Es geschah nichts. Gar nichts.
    Keine Bombe, keine Explosion, kein Alarmklingeln, keine sich öffnende versteckte Falltür, keine sich aus Nischen lösenden Schüsse.
    Die Tür blieb verschlossen, die geisterhafte Ruhe wurde nicht unterbrochen. Es war, als habe der Hebel überhaupt keinen Sinn. Und doch mußte jenseits der eisernen Tür etwas geschehen sein, denn nichts an diesem Tunnelbau war sinnlos.
    Sie warteten. Amina hatte die Watte und die Flasche mit Chloroform griffbereit, Kehat hielt das lange zweischneidige Messer umklammert. Im Haus, oder in dem, was ihnen gegenüber lag, vernahmen sie nicht das leiseste Geräusch. Das lauteste war das Klopfen ihrer eigenen Herzen und der verhaltene rasselnde Atem. Die nervliche Anspannung war ungeheuerlich.
    »Jetzt den Klingelknopf –«, sagte Amina mit völlig veränderter Stimme. »Kehat, wir müssen es wagen, sonst war alles umsonst.«
    Kehat nickte. Seine Kehle war wie zugeschnürt. Er duckte sich, um sofort vorwärts zu springen, wenn sich die Tür öffnete. Amina schraubte das braune Glas soweit auf, daß sie den Kunststoffverschluß sofort wegreißen konnte.
    Ihr ausgestreckter Zeigefinger zitterte, als

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