Liebe auf den ersten Biss
Cheddar-Prinzessin aus Fond du Lac war gut geröstet. Und das nicht nur, weil sie flambiert worden war – es hatte auch damit zu tun, dass Drews Blut nach Bongwasser schmeckte. Sie fühlte sich reichlich benebelt, seit sie ihn gebissen hatte. Sie hätte nicht versuchen sollen, den ekligen Geschmack mit Hilfe von Orangensaft wegzubekommen, denn das hatte nur zur Folge gehabt, dass sie fünf Minuten lang trocken würgen musste.
Sie strich an ihren Armen entlang, und die verbrannte Haut löste sich in großen, schwarzen Schuppen ab. Darunter sah man die neue Haut. Drews Blut heilte sie, aber es schien, als bräuchte dieser Vorgang Zeit und wäre – wie das Leben allgemein – eine ziemliche Sauerei.
Vielleicht ein Bad.
Sie tappte nackt ins Badezimmer, das ganz aus Granit und grünem Glas bestand, und ließ sich Wasser ein. Während sich die Wanne füllte, zupfte sie die letzten versengten Kleiderfetzen von ihrer Haut und warf sie in die Toilette. Auf den schwarzen Fliesen lag noch grauer Staub, die Reste des früheren Besitzers, die überall in der kleinen Suite verteilt waren, also wischte sie ihn mit einem Handtuch in die Ecke. Es war doch in gewisser Hinsicht eine Überraschung gewesen (was sich zu einer langen Folge von weiteren Überraschungen auswachsen sollte), als sich ihr erstes Opfer vorgestern in ihren Armen aufgelöst hatte, als sie gerade den Dreh mit dem Bluttrinken raushatte.
»Ups.«
Er war eigentlich ganz nett gewesen. Hatte sie in seinem Mercedes mitgenommen, keine zwei Minuten, nachdem sie aus Lashs Haus getaumelt war, nur mit einem Lederbustier und kniehohen Plateaustiefeln bekleidet. Nun war es keineswegs das erste Mal gewesen, dass sie mit nacktem Arsch auf der Straße stand. Das hatte sie nicht aus der Bahn geworfen. Es lag daran, dass sie mit dem Gefühl aufgewacht war, ihre Brüste stünden in Flammen, und dass sie dann gesehen hatte, wie ihr Körper die riesigen Silikonkugeln abstieß, deren Implantierung sie so viel Geld gekostet hatte. Selbst als sie versuchte, die Dinger mit bloßen Händen wieder reinzustopfen, drückten die Implantate durch die Haut, brachen aus ihr hervor wie schlüpfende Aliens. Sie schrie, als sie die Haut durchstießen und über den Boden rollten, wo sie auf dem Teppich liegenblieben. Sie sah, wie ihre Haut verheilte, ihre Brüste sich strafften und hoben, der Schmerz wurde zu einem Kribbeln, doch dann merkte sie etwas in ihrem Gesicht, besonders an den Lippen, und sie wischte sich den Mund ab und hielt plötzlich zwei nacktschneckenartige Silikonwürmer in der Hand, die man ihr vor Jahren injiziert hatte. Da erst, als sie die grotesken Lippenfüller auf ihrer Hand anstarrte, wurde Blue bewusst, dass sie gar nicht mehr blau war. Ihre Handflächen waren schneeweiß. Ihre Arme, ihre Beine – sie lief ins Badezimmer und sah in den Spiegel. Eine altbekannte Fremde starrte sie an – die Cheddar-Prinzessin aus Fond du Lac. Die hatte sie seit der Highschool nicht mehr gesehen. Die milchige Haut, das Haar strohblond, noch immer mit dem strengen Schnitt des blauen Callgirls, der jetzt aber eher wie ein Pagenkopf aussah. Selbst die Tätowierungen, die sie sich in ihrer Anfangszeit in Las Vegas hatte stechen lassen, waren nicht mehr da.
Ich lebe, dachte sie. Dann: Und ich werde ewig leben. Dann: Ich werde Geld brauchen.
Sie lief in Lashs Schlafzimmer, wo sie ihren Schminkkoffer abgestellt hatte. Er war weg. Ihr Geld war weg!
Sie rannte aus der Wohnung und die Treppe hinunter, als würde sie dort vielleicht eine grüne Wolke aus Scheinen sehen, die eben mit dem Wind verwehte und ihr zeigte, wohin das Geld verschwunden war, doch draußen auf der Straße steuerte sie auf den einzigen Ort zu, den sie kannte: den Marina Safeway. Sie kam einen halben Block weit, als der Mercedes neben ihr hielt und die Scheibe heruntersurrte.
»Hey, willst du mitfahren? Ist ein bisschen frisch da draußen in deinem Outfit, oder?«
Er hieß David und schob beruflich irgendwelches Geld hin und her. Es schien sich auszuzahlen. Er trug einen Zweitausend-Dollar-Anzug, und von seiner Penthouse-Wohnung auf dem Russian Hill hatte man einen Ausblick auf die Golden Gate Bridge und die gewaltigen Kuppeln des Palace of Fine Arts.
Im Fahrstuhl hatte er ihr sein Jackett geliehen. Und im Fahrstuhl war auch der Hunger über sie gekommen. Armer David. Sie hatten noch nicht mal über den Preis gesprochen, als er schon auf dem gläsernen Schminktisch im Bad lag und sie sein Leben leertrank.
»Ups.« Sie
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