Liebe auf den ersten Biss
(Wieder sinngemäß.)
Also bin ich los, während den beiden noch die Worte fehlten, ließ Chet ins neue Loft rein, als wäre es mein eigenes, dann lief ich um den Block und machte der Gräfin und Flood Meldung. Jared starrte sie nur an, als hätten sie ihn hypnotisiert oder was. Ich so: »Hey, buh!«, um ihn daran zu erinnern, was für eine Schnarchnase er ist, und Jared zuckte zusammen. (Lily, Jared und ich haben bestimmt schon sechsmal Wer die Nachtigall stört auf DVD gesehen, und unsere Lieblingsstelle ist, wenn Scout hinter der Tür Boo Radley stehen sieht und sagt: »Hey, Boo!« Als würde er dem Himmel danken, dass er ihm einen treudoofen Esel zur Seite gestellt hat – was ich auch oft über Jared denke.) Ich also: »Spendiert mir einen Kaffee.« Aber die Gräfin und Flood sehen sich an und schütteln die Köpfe. Kein Geld.
Und ich so: »Ihr seid vielleicht lahm. Ihr habt bergeweise Kohle und geht ohne los. Ihr seid nicht mehr mein Dunkler Lord und meine Lady.« Was ich echt nicht so gemeint hatte, aber ich war gestresst und kriegte langsam Kopfschmerzen, weil ich voll unterkoffeiniert war. Aber Jared sagt: »Hey, Buh!«, zu mir und hält einen Zehn-Dollar-Schein in der Hand. Und ich tu so, als hätte ich ein Loch in meinen Netzhandschuhen, damit die anderen endlich aufhören, mich anzuglotzen.
Die Gräfin sagte, sie wüsste einen chinesischen Diner an der Freemont Street, der Weihnachten rund um die Uhr geöffnet hatte. Da könnten wir warten, bis die Bullen weg waren. Jared und ich nahmen einen Kaffee und eine Portion Pommes, die – nebenbei bemerkt – in einem chinesischen Diner ein bisschen nach Shrimps schmecken. Und Flood und die Gräfin starren uns an und sehen ganz traurig aus. Ich also: »Was? Wie? Was denn?«
Und die Gräfin voll so: »Nichts.«
Wo ich weiß, dass total doch was ist, weil ich das selbst andauernd sage. Und ich sehe, wie sie Jareds Tasse nicht aus den Augen lässt, als er einen Schluck Kaffee trinkt, und ich so: »Schockschwerenot! Jetzt reißt Euch aber mal am Riemen, Gräfin!« Dann hab ich Jareds Messer aus seinem Stiefel gezogen, hab seine Hand genommen und ihm in den Daumen gestochen.
Ich möchte gleich hier und jetzt darauf hinweisen, dass sein Geschrei absolut unnötig war. Und was der Chinese hinter dem Tresen zu mir gesagt hat, war eine astreine Überreaktion. Was glaubt er eigentlich, wie ich ihn verstehen soll, wenn er so schnell spricht, und dann noch auf Chinesisch? Jedenfalls, als ich Jareds Daumen erst über seiner Tasse und dann noch ein bisschen über meiner ausgedrückt hatte, um sie Flood zu geben, haben sich alle wieder beruhigt, sogar der Chinese, nachdem Jared noch zwei Tassen Kaffee bestellt hat. Das Treffen der Unsterblichen Drama Queens konnte offiziell beginnen.
Es kam mir vor, als dauerte es ewig, und die Gräfin und Flood wollten keine meiner Fragen zum Lebenswandel eines Nosferatu beantworten. Es war, als hätten sie überhaupt keine Ahnung, was sie da taten. Wie letztes Jahr, als ich den Kursus für fortschrittliche Ernährung (so was wie Kochen für Spinner) direkt nach der Mittagspause belegt hatte, um Zeit für ein Nickerchen zu haben. Was mal wieder eine Superidee war, da ich nicht mal auf normales Essen stehe. Was will ich mit kabelloser High-End-Astronautennahrung und so Zeug? Ich brauchte nur einen Anwesenheitsschein und hab meistens gepennt. Aber dann, am Ende vom Semester, steht plötzlich meine Mom vor mir und sagt so: »Oh, Allison! Ich habe Zutaten gekauft, und du kannst für Ronnie und mich etwas kochen und uns zeigen, was du in deinem Kurs für fortschrittliche Ernährung gelernt hast. Das wird lustig!«
Wenn meine Mom die Formulierung »Das wird lustig« verwendet, kann man ziemlich sicher sein, dass sie auf dem besten Weg ist, einen spitzen Pflock ins Herz der Lustigkeit zu treiben, damit der Spaß nie wieder auferstehen kann. Und genau das ist auch passiert. Artischocken? Wer will so was essen? Ich dachte immer, das wäre eine Waffe.
Jedenfalls sind wir nach neun Ewigkeiten beim Chinesen wieder ins Loft zurück, wo mich – wie die Gräfin sagte – mein Weihnachtsgeschenk erwartete. Als wir ankamen, waren die Cops und Sanitäter alle weg, und es sah aus, als sei die Luft rein, doch als die Gräfin die Außentür öffnete, saß da mitten auf der Treppe der alte Vampir. Nackt.
Also, die Gräfin und Flood sprangen schlapp sechs Meter in die Luft, und ich bin ziemlich sicher, dass ich mir ein bisschen in die Hosen gepinkelt
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