Liebe auf den zweiten Blick (German Edition)
Konversation zu folgen versuchte und rein gar nichts auf die Reihe bekam. Sie verabscheut es, als ignorant dazustehen.«
»Das haben dumme Leute für gewöhnlich so an sich«, bemerkte Reginald.
Clarissa, die sich unsicher war, ob sie ihn richtig verstanden hatte, wackelte verdutzt mit den Augenbrauen. »Mylord?«
Greville schien allmählich zu entspannen. »Ich hab vorhin schon gemerkt, dass Sie alles genau wissen wollen«, seufzte er.
Clarissa zuckte kaum merklich die Schultern. »Wenn ich etwas nicht weiß, hab ich kein Problem damit, meine Bildungslücke zuzugeben.«
»Und das, Mylady, ist ein Zeichen von Intelligenz«, versicherte er.
Clarissa blinzelte verblüfft. »Tut mir leid, aber das kapier ich nicht.«
»Intelligente Menschen müssen nicht mit Wissen glänzen, das sie nicht haben. Nur echte Ignoranzbolzen tun so, als wüssten sie schon alles, weil sie auf keinen Fall dumm dastehen wollen.«
»Und intelligente Menschen haben keine Angst, dumm dazustehen?«, erkundigte sie sich. Seine Meinung zu dem Thema interessierte sie brennend.
»Intelligente Menschen wissen, dass sie intelligent sind. Sie wissen auch, dass man nicht alles wissen kann, denn eine Person ist nicht zwangsläufig dumm, weil sie das eine oder andere nicht weiß. Ihnen ist bewusst, dass sie für andere intelligente Menschen nicht dumm sind, wenn sie um eine Erklärung für Dinge oder Zusammenhänge bitten, die sie nicht kennen. Ihre Unwissenheit bei einem bestimmten Thema ist also kein Beinbruch.«
»Eine verwirrende Logik«, murmelte Clarissa belustigt.
»Der Sie indes folgen konnten«, konterte Greville. »Das wiederum sagt mir etwas.«
»Und das wäre, Mylord?«
»Dass ich ein Idiot bin«, antwortete er prompt. »Und mein Cousin nicht.«
Clarissa kratzte sich nachdenklich am Ohr. »Wie bitte?«
»Ich sagte, ich bin ein Idiot«, wiederholte er grinsend.
»Aber Mylord, nein!«, protestierte sie, worauf er ihr begütigend die Hand tätschelte.
»Doch, das bin ich. Zumindest wenn es um die Einschätzung von Menschen geht. Ich hatte ein völlig falsches Bild von Ihnen.«
»Tatsächlich?«, wunderte sich Clarissa laut.
»Oh ja. Offen gestanden habe ich sie in dieselbe Kategorie gesteckt wie die dummen, eitlen und oberflächlichen Mädchen, die in dieser Saison debütieren. Ich habe meinen Cousin sogar vor Ihnen gewarnt.«
»Ach ja?« Clarissa glaubte, dass er nickte, und seufzte. »Mhm, vielleicht war das gar nicht so verkehrt, Mylord. Immerhin war ich in einen Skandal verwickelt.«
Sie mutmaßte, dass Greville lächelte. »Skandal hin oder her, Sie sind die perfekte Frau für meinen Cousin. Ich vermute mal, Sie werden sehr glücklich miteinander werden.«
Clarissa fühlte, wie sie abermals errötete, und schüttelte verlegen den Kopf. »Sie vermuten zu viel. Ich habe Ihren Cousin erst zweimal getroffen. Uns verbindet lediglich eine lose Bekanntschaft.«
»Mag sein, aber nicht mehr lange«, antwortete Greville mit einer Bestimmtheit, dass Clarissa Magenkribbeln bekam. »Mein Cousin ist nun mal kein Idiot, und Sie sind ideal für ihn.«
»Jetzt klingen Sie aber wie ein Idiot«, muffelte Clarissa, halb verschüchtert, halb entzückt. »Sie kennen mich ja kaum. Wie können Sie da so etwas behaupten?«
»Weil er wieder lachen kann, seit er Sie kennengelernt hat«, erwiderte Greville ernst. »Das ist etwas, was ich lange an ihm vermisst hab. Ganz ohne Scherz. Sie tun ihm gut.«
Während Clarissa gedankenvoll den Kopf wiegte, schob er nach: »Was Adrian braucht, ist Zuneigung und Verständnis. Und das können Sie ihm geben. Er hat viele Narben abbekommen, nicht alle davon sind sichtbar.«
Clarissa brannte es auf den Lippen, ihn genauer danach zu befragen, was er mit seiner kryptischen Äußerung meinte, als der Landauer unvermittelt anhielt. Sie öffnete den Mund und klappte ihn unverrichteter Dinge wieder zu, da eine zweite, geschlossene Kutsche neben ihnen zum Halten kam. Sie plinkerte neugierig, als der Verschlag aufsprang. Eine dunkle Gestalt glitt heraus.
»Alles gut gelaufen, wie ich sehe.«
Clarissa erkannte Lord Mowbrays Stimme auf Anhieb. Sie beschloss, Greville später weiter auszufragen. Stattdessen lächelte sie Adrian entgegen, der sich entschlossenen Schrittes näherte, und japste verblüfft auf, als er mit seinen Händen ihre Taille umspannte, sie mit einer schwungvollen Bewegung aus dem Landauer hob und sanft auf das Pflaster stellte.
»Dafür bist du mir was schuldig, Cousin«, betonte Greville
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