Liebe auf den zweiten Blick (German Edition)
Eindruck gewinnen. Verzeihen Sie, wenn ich mich täusche.«
»Nein, Sie täuschen sich nicht«, versicherte Adrian. »Ich kann mich der Möglichkeit nicht verschließen, dass Lydia in ihrer Stieftochter eine Rivalin sieht, die mit ihr um die Zuneigung seiner Lordschaft konkurriert.«
»Verstehe.« Hadley verstummte, weil die Kutsche vorfuhr. Adrian nannte dem Fahrer ihr Ziel, dann schwang er sich auf die Sitzbank. Während der Fahrt zur Stadtvilla der Crambrays hingen die beiden Männer ihren Gedanken nach.
»Lady Clarissa ist nicht zu Hause«, verkündete Ffoulkes, kaum dass er die Tür öffnete und Adrian in Begleitung von Hadley gewahrte.
Der junge Lord erwiderte: »Es war ausgemacht, dass ich Lady Clarissa und meine Mutter hier zum Tee treffe.«
»Sie sind noch nicht zurückgekehrt«, entgegnete der Butler.
Adrian glaubte schon, dass sie in der Kutsche warten müssten, als John Crambray hinter dem bärbeißigen alten Butler auftauchte: »Hallo Adrian. Kommt rein! Die beiden Damen sind sicher bald zurück, es sei denn, sie nehmen den Nachmittagstee woanders ein. Bringen Sie die beiden Herren in den Salon, Ffoulkes.«
»Wie Sie wünschen, Mylord.« Ffoulkes schwenkte die Tür auf und trat beiseite, um die beiden Besucher einzulassen.
»Schade, aber ich bin auf dem Sprung«, sagte Lord Crambray entschuldigend. »Ich treffe mich mit einem alten Freund im Klub, sonst hätte ich den Herren gern Gesellschaft geleistet.«
»Kein Problem, Mylord. Ich könnte Hadley in der Zwischenzeit den Springbrunnen zeigen. Ich hätte nämlich auch gern einen auf unserem Landgut, und seine Meinung würde mich brennend interessieren.«
»Aber sicher, eine glänzende Idee. Clarissa liebt diesen Springbrunnen. Sie sitzt oft dort und liest. Oder besser: Sie saß da und las«, korrigierte er sich mit einem Hauch von Bitterkeit in der Stimme. »Als sie ihre Brille noch hatte. Wo wir gerade davon sprechen, ihre Ersatzbrille ist heute Morgen eingetroffen.«
Adrian erstarrte ob der Ankündigung und atmete mental auf, als Lord Crambray hinzufügte: »Leider ist dann ein kleines Malheur passiert. Dabei ging die Brille zu Bruch.«
Ein Gefühl tiefer Erleichterung wusch über Adrian hinweg. Er spürte, wie sich sein ganzer Körper entspannte … bis Clarissas Vater nachschob: »Ich habe beschlossen, mit ihr zum Optiker zu fahren, damit sie noch vor der Hochzeit eine neue Brille bekommt.«
»Das wird nicht nötig sein, Mylord«, sagte Adrian schnell. »Ich kümmere mich persönlich darum.«
Lord Crambray schwieg unschlüssig. »Gut, dann soll es mir recht sein«, meinte er gedehnt. Er nickte zu der Terrassentür. »Viel Spaß am Springbrunnen. Ich bin sicher, die beiden Damen sind in Kürze zurück.«
»Hier entlang, meine Herren«, verkündete Ffoulkes, nachdem er das Portal hinter dem Hausherrn geschlossen hatte und in den Salon zurückkehrte.
Als der Butler sie zu den Terrassentüren führte, sprach Adrian als Erster. »Danke, wir finden den Weg schon allein.«
»Wie Sie wünschen.« Ffoulkes nickte kurz und wandte sich zum Gehen. »Ich werde mich in der Zwischenzeit darum kümmern, dass die Köchin den Tee für die Rückkehr der Damen vorbereitet.«
Adrian drückte die wandhohen Türen auf und trat ins Freie. Von der Terrasse aus war er noch nie zum Springbrunnen gelaufen – neulich nachts war er über das hintere Tor geklettert –, trotzdem fragte er nicht nach dem Weg. Da er wusste, dass der Springbrunnen im hinteren rechten Teil des Parks war, strebte er kurz entschlossen in die fragliche Richtung.
»Da ist er«, sagte er, als sie kurze Zeit später auf die Lichtung traten.
Hadley blieb stehen. Sein Blick wechselte zwischen dem Springbrunnen und dem Weg, den sie gerade gekommen waren. »Kam sie auch aus dieser Richtung?«
»Jedenfalls hat sie diesen Weg auf dem Rückweg mit Joan benutzt, demnach vermute ich, dass sie ihn auch auf dem Hinweg genommen hat«, versetzte Adrian. Er folgte Hadley, der die Bäume am Ende des Weges inspizierte. Kein Ast hing so tief, dass Clarissa sich daran hätte verletzen können. Weder er noch Hadley mussten sich ducken, um durch das Laubwerk zu kommen, und Clarissa reichte Adrian gerade mal bis ans Kinn.
Hadley, der zum Springbrunnen zurückkehrte, unterzog das Becken einer genaueren Inspektion.
»Clarissa glaubt, dass sie sich den Kopf an einem Ast gestoßen hat, der über dem Weg hing«, sagte Adrian. »Soweit sie sich entsinnen kann, ist sie noch ein, zwei Schritte
Weitere Kostenlose Bücher