Liebe auf den zweiten Kuss
glaube, man muss selbst so eine Art Vorprickeln haben, um dann das Prickeln zu erleben.«
»Verstehe nur Bahnhof.«
»Du weißt schon«, sagte Nell und dachte an Gabe. »Du siehst dir seine Hände an, wenn er etwas aufschreibt und dir wird allein schon ganz heiß, wenn du nur die Bewegungen des Stiftes verfolgst. Du hörst seine Stimme und musst auf einmal tief durchatmen, weil es dir den Atem verschlug, als du ihn gehört hast. Er beugt sich über deine Schulter und du schließt die Augen, um es noch intensiver zu genießen. Vorprickeln eben.«
»Das ist kein Vorprickeln mehr«, entgegnete Suze. »Das ist das totale Prickeln.«
»Mit Riley jedenfalls hatte ich das nicht.«
»Oh.« Suze wirkte nachdenklich. »Ich dachte immer, dass Riley etwas ganz allgemein Prickelndes ausstrahlt. Margie jedenfalls hat an jenem Abend im Auto sofort darauf reagiert.«
»Du aber nicht.« Nell grinste sie an.
»Natürlich habe ich das«, widersprach Suze. »Nur weil jemand minderbemittelt ist, beeinträchtigt das noch lange nicht seinen animalischen Magnetismus.«
»Das mit dem animalischen Magnetismus verstehe ich nicht«, sagte Nell.
»Ein ganz natürliches Prickeln«, sagte Suze. »Manche Typen haben es einfach. So wie Riley und Jack.«
»Nein«, widersprach Nell. »Spüre ich bei keinem der beiden. Das muss deine Art des Prickelns sein. Du hast an eine Affäre erst gedacht, nachdem du Riley begegnet bist, nicht wahr?«
»Ich denke jedenfalls momentan nicht daran zu betrügen«, sagte Suze und umklammerte ihr Glas so fest, dass ihre Knöchel weiß hervortraten. »Das würde ich nicht tun. Wirklich, das würde ich nicht tun.«
»Nun gut«, sagte Nell. »Aber das alles kam dir überhaupt erst in den Sinn, als du Riley kennen gelernt hast, nicht wahr?«
»Ich mag ihn noch nicht einmal.«
Nell seufzte entnervt. »Aber du hast erst über so etwas nachgedacht, als du ihn kennen gelernt hast?«
»Eine ganze Weile später erst. Aber ich werde es nicht tun. Es ist eine reine Phantasievorstellung.« Suze setzte ihr Weinglas ab und machte sich über das Eis her. »Und noch nicht einmal das. Ich meine, ich habe überhaupt keine Phantasien über ihn. Das wäre falsch ausgedrückt.« Sie verschluckte sich an etwas Eiskrem. »Wie ist er denn?«
»Wer?«
»Riley. Im Bett.«
Nell dachte darüber nach. »Sehr zärtlich. Und gründlich. Er ist aufmerksam und kümmert sich auch noch um das allerletzte Detail. Langsam, aber ausdauernd.« Sie legte den Kopf zur Seite und dachte über das nach, was sie eben gesagt hatte. »Das hört sich langweilig an, nicht wahr?«
»Eigentlich nicht«, erwiderte Suze verkrampft.
»Denn das war er nicht. Langweilig, meine ich. Sehr zärtlich, aber auch sehr intensiv. Jede Menge Energie. Tolle Hände.«
»Ach, mir kann es ohnehin egal sein.« Suze löffelte sich noch mehr Eiskrem auf und ließ es in ihrem Mund verschwinden.
»Du denkst also über Riley nach.«
»Ich denke über das Prickeln nach«, antwortete Suze mit vollem Mund. »Und leider muss ich dann an ihn denken. Das wiederum ärgert mich. Aber ich werde nichts in der Richtung unternehmen.«
»Ich auch nicht«, sagte Nell, nahm sich noch mehr Eiskrem und versuchte, nicht an Gabe zu denken.
»Wir sollten es mit dem Küssen noch einmal versuchen.« Suze legte den Löffel auf den Tisch.
»Warum?«
»Stell dir nur mal vor, es gäbe eine Seuche, die alle Männer vernichten würde.«
»Keine Kriege, aber jede Menge fetter, glücklicher Frauen. Nicole Hollander hat dieses Thema bereits in einem Comic verarbeitet.«
»Was ich sagen will, ist: Würdest du dann auf Sex verzichten wollen?«
»Aber Elektrizität würde es noch geben?«, erkundigte sich Nell. »Mein Vibrator und ich. Kein Problem.«
»Das ist nicht dasselbe«, erwiderte Suze. »Keine Berührung, kein Körper...«
Nell stellte sich Gabe vor, wie er ausgestreckt und erregt neben ihr lag, und legte genüsslich den Löffel ab.
»... keine Hitze, kein Gleiten...«
»Hör auf.« Nell griff wieder nach dem Teller mit Lasagne.
»Wir hätten nur einander«, fuhr Suze fort.
»Und Margie«, sagte Nell und versuchte, sich einen Dreier mit Margie vorzustellen. »Die Bettlaken wären immer sauber.«
»Stell dir vor, alle Männer wären an dieser Seuche gestorben. Damit blieben nur du und ich übrig. Margie würde sich um die Wäsche kümmern.«
Nell schüttelte den Kopf und attackierte die Lasagne.
»Dafür habe ich wohl überhaupt keine Ader. Offenbar bin ich ganz auf Testosteron
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