Liebe auf den zweiten Kuss
außer Atem, doch knallte sie ihm die Tür vor der Nase zu, bevor sie irgendeine Dummheit begehen konnte. Durch das Glas beobachtete sie, wie er eine Minute verharrte und dann die Stufen hinunter ging, und wie sich sein breiter Rücken in der Dunkelheit der Straße verlor. Ich wünschte, du würdest nicht gehen, das wünsche ich mir wirklich.
Aus dem Vorderfenster beobachtete sie, wie er in die Querstraße einbog und durch den Park hindurch auf die Agentur zusteuerte, und hoffte halbherzig, er möge sich umdrehen und zurückkommen. Als sie ihn nicht mehr sehen konnte, ließ sie die Gardine sinken. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite wurde ein Motor angelassen. Sie zog rasch die Gardine auf und sah einen BMW ausscheren und mit aufheulendem Motor davonfahren.
Jack.
Ich hasse dich, dachte sie. Mich zu beobachten. Nell zu verletzen. Doch sogar jetzt erinnerte sie sich daran, wie süß er sein konnte, wie leidenschaftlich, und wie gut der Großteil der vierzehn Jahre mit ihm zusammen gewesen war. Das war das Problem mit der Ehe. Sie verhakte sich in der Seele und hinterließ für alle Ewigkeit Narben. Man sollte Leute, die heiraten wollten, davor warnen, worauf sie sich einließen. Auf welche Weise eine Ehe das Leben formte, die Seele veränderte und sogar die Wirklichkeit, bis man gar nicht mehr wusste, wer man selbst eigentlich war. Wie sie einen an die Gegenwart einer anderen Person fesselte, möglicherweise eine Person, die man noch nicht einmal besonders gerne mochte. Vielleicht einer Person, die man nicht mehr liebte, und doch brauchte man diesen Menschen, obwohl man ihn eigentlich gar nicht mehr um sich haben wollte.
Die Ehe war eine Droge und eine Falle und eine Illusion, und sie loszuwerden war die Hölle.
Ich bin froh, dass Riley nicht geblieben ist, dachte Suze. Ich bin froh, alleine zu sein.
Dann ging sie nach oben ins Bett.
Eine Stunde zuvor hatte Nell Gabe in der abgedunkelten Detektei geküsst, hoch zufrieden darüber, dass sie Tim in die Knie gezwungen hatte und dass Gabe und sie sich nicht länger stritten. Er hatte sie um die Taille gefasst, an sich gezogen und in dem spärlichen Licht der Straße angelächelt. Und sie hatte gedacht, ich muss aufhören, ihn ständig so wütend zu machen.
Es war dasselbe, wie ihr jetzt auffiel, was sie sich viel zu häufig mit Tim vorgenommen hatte. Diese Einsicht war so ernüchternd, dass sie einen Schritt zurückwich.
»Was ist?« Gabes Stimme klang nicht mehr ganz so beschwingt.
»Nichts. Habe ich dir eigentlich gesagt, wie verrückt ich nach dir bin?«
Er schlang wieder die Arme um sie. »Dann erzähl mir jetzt den Rest der Geschichte mit Suze.«
»Mehr war da nicht. Sie hat mich geküsst. Sie ist nicht du. Seitdem küsse ich dich.«
»Danke«, erwiderte Gabe. »Wie kann ich nur meine Dankbarkeit zeigen?«
»Da gäbe es schon eine Möglichkeit.« Sie schob ihn in Richtung des Sofas. Er stolperte rückwärts, fiel auf die Couch, und sie setzte sich auf ihn, noch bevor er wieder aufstehen konnte.
»Das ist wahrscheinlich keine sonderlich gute Idee.« Er befühlte das Sofa mit der Hand. »Es ist nicht das Stabilste...«
»Deshalb bitte ich ja ständig um ein neues.« Sie schmiegte sich noch enger an ihn. »Eine solide Couch, die nicht unter uns zusammenbricht. Oder unter einem unserer Klienten. Küss mich und versprich, dass wir ein neues Sofa bekommen.«
Er legte die Hände auf ihre Schenkel und schob sie unter ihren Rock. »Diese Unterhaltung hatten wir bereits. Du bekommst keine Couch. Komm mit hoch in meine Wohnung, dort bekommst du etwas anderes.«
Er beugte sich zu ihr, doch legte sie ihm die Hände auf die Brust und schubste ihn zurück. »Einen Augenblick noch. Ich habe eine Idee.«
»Das bedeutet nie etwas Gutes«, meinte Gabe.
»Pass auf, hier kommt mein Vorschlag, Dino. Ich bin gerade in Goldgräberstimmung. Ich werde dir gestatten, unaussprechliche Dinge mit mir anzustellen, just auf dieser Couch, gleich jetzt, aber du musst mich kaufen.«
»Mit einer neuen Couch.« Gabe sah in dem dämmrigen Licht zu ihr auf. Sein Blick brannte sich in sie und seine Hände waren heiß unter ihrem Rock und sie dachte, ach, egal, mit was auch immer, nimm mich.
»Ja«, sie reckte ihr Kinn. »Ich lebe für meine Arbeit.«
»Du vögelst sogar dafür.« Gabe schob ihren Rock bis zur Taille hoch und zog sie zu sich heran. Sie zitterte, als sie ihn hart an sich gepresst fühlte. »Sehr professionell«, sagte er. »Habe ich die Eingangstür
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