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Liebe auf den zweiten Kuss

Liebe auf den zweiten Kuss

Titel: Liebe auf den zweiten Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Crusie
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umbringen.«
    Tim starrte sie entsetzt an, und Nell riss ihm eine Statuette aus den Händen und zerschmetterte sie auf dem Schreibtisch. Mit jeder Explosion fühlte sie neue Kräfte in sich aufsteigen. »Diese Situation ist tatsächlich vollkommen verrückt.« Tim wollte an ihr vorbeieilen, sie aber griff sich noch einen Eiszapfen und brachte ihn aus dem Gleichgewicht, dann zerschmetterte sie auch diese Trophäe auf dem Schreibtisch, ehe sie sich umdrehte und die Statuette aufhob, die er beim Stolpern hatte fallen lassen. Auch diese zerschmetterte sie, dann trat sie auf ihn zu, um sich die allerletzte Figur zu holen. Nach dieser letzten Statuette gierte sie mit mehr Verlangen, als sie ihm gegenüber jemals empfunden hatte.
    »Ich brauche sie«, sagte sie. »Gib sie mir.«
    »Hör auf damit«, Tim presste den letzten Eiszapfen gegen sein Hemd. »Himmel, sieh dir diese Verwüstung an.«
    »Das hältst du für Verwüstung?«, fragte Nell. »Hast du dir in letzter Zeit einmal unsere Familie angesehen? Oder unser Geschäft? Du hast alles kaputtgemacht, was wir aufgebaut hatten, alles, wofür wir gearbeitet haben, nur weil du mit einer Frau mit Körbchengröße 95 D ins Bett wolltest. Das hier« – sie deutete auf das mit Scherben übersäte Büro – »ist nichts im Vergleich dazu.«
    Obwohl – als sie sich umblickte, musste sie zugeben, ein ganz schönes Chaos angerichtet zu haben. Sein Schreibtisch war regelrecht zerstört. Das Fenster hatte eine Sprung. Der graue Teppich war mit Glasscherben übersät. Sie hatte gute Arbeit geleistet.
    »Kein Grund, gemein zu werden.« Tims Gesicht war rot angelaufen vor Wut. »Whitney trägt Körbchengröße 75 B. Und ich habe wegen Jase und wegen dir gelogen.« Er ging zur Tür. »Ich wollte dich nicht verletzen.«
    Nell hielt inne, vollkommen verblüfft und atemlos, weil sie es nicht fassen konnte. »Du wolltest mich nicht verletzen? Du hast zweiundzwanzig Jahre lang mit mir zusammengelebt, zusammen gearbeitet, eine Familie mit mir aufgebaut, nicht ein einziges Wölkchen am Himmel, kein Zeichen, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist, und dann verlässt du mich an Weihnachten, keinerlei Erklärung, die Welt plötzlich ohne jeden Sinn, und du glaubst, das verletzt mich nicht?«
    »Es war doch nicht deine Schuld.« Tim trat auf sie zu.
    »Ich weiß, dass es nicht meine Schuld war.«
    »Es war nicht so, dass du nicht attraktiv oder jung oder verständnisvoll genug gewesen wärst«, fuhr Tim fort. »Diese Dinge waren mir völlig gleichgültig.«
    »Ich bringe dich um«, raunte Nell.
    »Wenn ich gesagt hätte, ›es gibt da eine andere Frau‹, hättest du doch geglaubt, ich würde dich verlassen, weil du mir nicht gut genug bist.«
    »Nein, das hätte ich nicht geglaubt«, entgegnete Nell. »Ich hätte gedacht, dass du ein widerlicher Mistkerl bist, der eine Midlife-Crisis durchmacht.«
    »Dabei ging es doch gar nicht um dich«, fuhr Tim ernsthaft fort. »Ich habe mich ganz einfach verliebt. Das hatte nichts mit dir zu tun.«
    »Dann geht es also nur um dich. Ich bin lediglich eine unschuldige Zuschauerin.«
    »Genau!« Tim schien erleichtert, dass sie ihn verstanden hatte. »Es hätte dir nichts geholfen, wenn du von Whitney erfahren hättest. Es hätte dir lediglich noch mehr Schmerz bereitet. Ich habe es deinetwegen getan.«
    »Warst du eigentlich immer schon so ein rückgratloser Waschlappen?«, fragte Nell. »Ich schwöre, ich kann mich nicht daran erinnern.«
    »Nell, natürlich ist es ein Schock für dich. Aber alles ist in Ordnung. Dir geht es gut, Jason geht es gut, und ich bin glücklich.« Er breitete die Arme zu einer demonstrativen Geste der Vergebung aus, den allerletzten Eiszapfen in der Hand. »Natürlich werde ich eine ganze Menge Eiszapfen zu ersetzen haben.«
    Nell nahm den letzten Eiszapfen ins Visier und ging darauf los, das Knirschen der Scherben unter ihren Fußsohlen schien sie nicht wahrzunehmen. »Gib ihn mir.«
    Tim reichte den Eiszapfen Peggy, die immer noch wie erstarrt in der Tür stand. »Beeilen Sie sich!«, befahl er. »Sie hat den Verstand verloren. Schließen Sie das weg.«
    Peggy nahm den letzten Eiszapfen und sah Nell an, erstarrte, und Nell hielt inne, erstarrte ebenfalls – diesmal, weil ihr die Wirklichkeit schmerzlich bewusst wurde. Sie sah sich im Büro um und es überkam sie ein schlechtes Gefühl. Nicht, weil sie es zerstört hatte, sondern die ganze Zerstörung nichts geholfen hatte. Sie hatte sich lediglich auf sein Niveau hinabbegeben.

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