Liebe auf den zweiten Kuss
lehnte sich zurück. »Wo in aller Welt sind Sie fliegenden Glasscherben in die Quere gekommen?«
»Das möchten Sie gar nicht erst erfahren.« Nell befühlte das Pflaster.
»Und ob ich das erfahren möchte. Fehlt mir schon wieder eine Fensterscheibe?«
»Nein.« Nell errötete. Er musterte sie und wartete auf irgendetwas. Um die Stille zu brechen, sagte sie schließlich: »Danke für die Erste Hilfe. Ich schulde Ihnen einen Gefallen.«
»Sehr gut.« Er erhob sich. »Solche Dinge sammeln wir. Wir brauchen Sie heute Abend.«
»Heute Abend?« Nell zuckte mit den Schultern, während er den Erste-Hilfe-Kasten wieder ins Badezimmer brachte. »Also gut. Sagen Sie mir, was es ist, dann erledige ich es sofort.«
»Es ist keine Schreibarbeit«, erklärte er, als er zurück ins Zimmer kam. »Riley wird Sie um neun Uhr abholen. Bis dahin sollten Sie das Pflaster losgeworden sein.«
»Um neun Uhr heute Abend?«, erkundigte sich Nell erstaunt. »Worum geht es denn?«
»Wir testen jemanden. Sie setzen sich in einer Bar neben einen bestimmten Mann, um zu sehen, ob er Sie abzuschleppen versucht.« Er wandte sich in Richtung seines Büros.
»Einen Moment noch. Ein Mann soll mich anmachen?« Sie dachte an ihr Spiegelbild. Sie hatte ausgesehen, als sei sie bereits seit Monaten tot. »Da haben Sie sich wohl die falsche Art von Frau ausgesucht.«
Gabe schüttelte den Kopf. »Männer in Hotelbars sind nicht sonderlich wählerisch.«
»Autsch«, sagte Nell.
»Entschuldigung. So hatte ich es nicht gemeint. Sie sind eine sehr attraktive Frau.«
Er schien es sogar einigermaßen ernst zu meinen, aber sie hatte sich selbst im Spiegel gesehen. Andererseits hatte sie heute Abend ohnehin nichts Besseres vor, außer mit Suze ihren Tag durchzukauen.
»Einverstanden«, stimmte Nell zu.
Als sie Gabe eine Stunde später seinen Terminkalender zurückbrachte, sah sie immer noch etwas gerötet und wild und verwegen aus, und wirkte mit ihrer verletzten Wange merkwürdig attraktiv. Freilich hatte er immer schon eine Schwäche für etwas ausgefallene und labile Persönlichkeiten gehabt. Man brauchte sich nur Chloe anzusehen.
Er stand auf. »Kommen Sie, ich zeige Ihnen unseren Kühlraum.«
»Ihren Kühlraum?« Sie folgte ihm zögernd durch den Gang hinein in Chloes Lagerraum, wo er einen Schlüsselbund mit einem Porscheabzeichen hervorkramte und die Tür zu einem großen, begehbaren Kühlraum öffnete.
»Hier bewahren wir unsere alten Akten auf.« Er hielt die Tür für sie auf.
»Warum das?« Sie spähte hinein.
»Weil er verschließbar ist«, erwiderte Gabe. »Und weil Chloe ohnehin nur den vorderen Teil des Lagers nutzt.«
»Weshalb gibt es hier überhaupt einen Kühlraum?«, erkundigte sich Nell.
»Früher war dies ein Restaurant. Wir benutzen, was immer wir haben.« Er knipste das Licht an, trat ein und sie folgte ihm. »Irgendwo hier befindet sich eine oder sogar zwei Kisten mit Akten aus dem Jahr 1978. Finden Sie sie, gehen Sie alles durch und entnehmen Sie alle Unterlagen, die den Namen Trevor Ogilvie oder Jack Dysart tragen.«
»In Ordnung.« Nell sah sich um. »Ich kann mich hier nicht versehentlich selbst einschließen?«
»Nein. Es gibt keine automatische Verriegelung.«
»Wie viele Jahrgänge bewahren Sie hier auf?«
»Zwanzig oder dreißig. Der Rest befindet sich im Keller.«
»Einen Keller gibt es also auch noch.« Das schien sie zu deprimieren. »Also gut, 1978. Ich werde es schon finden.«
Er wandte sich zum Gehen, als sie fragte: »Werden Sie mich jemals in das einweihen, was hier vorgeht?«
»Aber sicher doch«, erwiderte Gabe, während er aus dem Kühlraum trat. »Ungefähr zur gleichen Zeit, wenn ich Ihnen gestatte, die Visitenkarten neu zu gestalten und das Fenster zu streichen.«
Die Kisten zu durchsuchen forderte nicht Nells ganze Aufmerksamkeit, also grübelte sie über den kommenden Abend nach. Gegen fünf Uhr hatte sie mindestens zwei Dutzend Akten mit entweder Trevors oder Jacks Namen gefunden. Abgesehen davon war ihr vor lauter Aufregung und Lampenfieber übel. Daher machte sie auf dem Nachhauseweg einen Abstecher zu Suze und überraschte sie mit der Feststellung: »Ich brauche eine Generalüberholung.« Als sie vier Stunden später Riley die Tür öffnete, war er über ihre Erscheinung entsprechend verblüfft.
»Ich habe mich ein bisschen aufgemöbelt.« Sie winkte ihn herein.
»Das sieht man.« Riley legte den Kopf zur Seite und musterte sie. »Ein Rotschopf. Das steht Ihnen.«
»Finden Sie es
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