Liebe braucht keine Hexerei (German Edition)
ich in solch einer prekären Lage stecke.
„Nun ja, das kommt ganz darauf an“, antworte ich unsicher.
„Worauf kommt es an? Vielleicht darauf, was jemand von Ihnen verlangt oder darauf, wer es ist?“
„Ich verstehe kein Wort.“
„Ich möchte gern, dass Sie hier runterspringen, Miss Robertson. Es kann Ihnen gar nichts passieren. Der Boden ist mit dickem Stroh ausgelegt. Sie fallen weich.“
„Ich denke nicht daran! Springen Sie doch selber, aber ohne mich!“
Ohne weitere Diskussion robbe ich mich auf allen Vieren rückwärts wieder nach unten. Mr. Barclay folgt mir und erreicht den Boden vor mir. Mit einem Satz springt er vom letzten Strohballen, während ich noch am Abwägen bin, welchen Ballen ich betreten kann, ohne das Gleichgewicht zu verlieren. Taumelnd wie ein Blatt im Wind schwinge ich mich auf den losesten Ballen und gerate ins Schwanken. David Barclay ergreift mich beim Arm und wehrt so meinen bevorstehenden Sturz ab. Schade, ich hätte mir gern den Kopf aufgeschlagen und ihn dafür verantwortlich gemacht. Was sollte das eben?
„Na, das ging ja noch mal gut“, sagt er mit einem spitzbübischen Lächeln.
„Sagen Sie mir doch bitte jetzt, was Sie mit dieser blödsinnigen Kletteraktion bezwecken wollten. Ich brenne vor Neugier.“
Schmunzelnd zieht er mich zu sich heran. Mir wird plötzlich ganz heiß.
„Sie würden genauso wenig von da oben springen, wie Sie auf meine Mutter hören würden. Ich glaube Ihnen kein Wort, Miss Robertson. Also, warum haben Sie mich nicht besucht?“
„Deshalb das Ganze? Sie haben mein Leben aufs Spiel gesetzt. Ist Ihnen das eigentlich klar? Ich hätte mir sämtliche Knochen brechen können.“
„Dann wären wir zusammen in den Tod gegangen, das hätte mir gefallen“, lacht er und zieht mich immer weiter an sich heran. Ich fühle mich ganz fiebrig. Diese Hitze hier!
„Ich glaub, ich muss jetzt mal nach Charly sehen. Der Verband, ich habe ihn heute noch nicht gewechselt.“
„Charly kann warten“, sagt er und hält mich fest. Ich bin ganz aufgewühlt und frage mich, was jetzt passieren wird. Ich brauche eine Auszeit. All seine Andeutungen bringen mich ganz aus dem Konzept. Eigentlich saß ich eben noch allein auf meinem Strohballen und habe über ihn und seine Heiratspläne sinniert. Jetzt steht er mir gegenüber und meine Gedanken schwirren fetzenweise durch den Kopf. Ein kleiner Fetzen zum Beispiel kommt mir gerade wieder in Erinnerung: Veronica! Aber schon verschwindet er wieder unter all den anderen Gedankenschnipseln, als David Barclays Kopf sich meinem unheilvoll nähert. War da noch was? Nein, ich kann mich ganz treiben lassen und mich ihm hingeben. Ich schließe meine Augen und warte darauf, dass er mich küsst. Nach einer Weile öffne ich sie wieder und sehe in ein amüsiertes Gesicht. Er wollte mich gar nicht küssen. Bin ich schon wieder auf die Probe gestellt worden? Das ist nicht komisch! Das sind unkonventionelle Mittel!
„Warum sind Sie nach Irland gekommen, Miss Robertson?“, fragt er jetzt, als hätte er nichts bemerkt.
Ich weiß nicht. Gib mir etwas Zeit, mich wieder zu sammeln, vielleicht fällt es mir dann wieder ein. Küssen will er mich nicht, aber loslassen will er mich auch nicht. Diese Situation macht mich ganz konfus.
„Haben Sie denn zu Hause keinen Freund, der auf Sie wartet?“
Ja, klar, ein ganzer Harem von Männern erwartet mich dort.
„Nein!“
Ich drehe meinen Kopf weg und sehe ins Leere.
„Ich bin nach Irland gekommen, um hier neu anzufangen. Vielleicht mit einer kleinen Praxis als Heilpraktikerin.“
„Und was ist mit Ihrer Familie? Sie werden Sie vermissen.“
Natürlich genieße ich sein Interesse an mir, aber verstehen muss ich es ja nicht. Veronica sollte hier an meiner Stelle stehen.
„Ich habe nur noch eine Tante und wir telefonieren täglich. Wie ich sie kenne, wird sie mich sicher bald besuchen kommen und mein Leben wieder ins Chaos stürzen.“
Wir lachen und ich fühle mich wieder wohl mit ihm.
„Was ist mit Ihnen , Mr. Barclay, Ihr Leben war sicher nicht immer einfach?“
„Weshalb vermuten Sie das?“, erkundigt er sich verblüfft. „Mache ich etwa einen bekümmerten Eindruck auf Sie?“
„Nein, nicht direkt, aber immerhin haben Sie Ihren Vater letztes Jahr verloren und Ihre Mutter erscheint mir recht herzlos.“
Er senkt seinen Kopf, aber er hört nicht auf zu lächeln.
„Urteilen Sie nicht vorschnell über meine Mutter, Miss Robertson. Sie hat durchaus ein Herz. Jeder
Weitere Kostenlose Bücher