Liebe braucht keine Hexerei (German Edition)
Konversation zu betreiben. Vielleicht sollte ich mal bei diesem Tierarzt vorsprechen. Schließlich war er an einer Zusammenarbeit mit mir sichtlich interessiert. Eigentlich sieht er auch ziemlich attraktiv aus. Charly braucht mich kaum noch und Mr. Barclay kann seine Stallgassen auch alleine fegen. Plötzlich platzt George in den Stall hinein und hindert mich an weiterer unersprießlicher Grübelei.
„Jenny, komm schnell! Das musst du unbedingt sehen! Mrs. Barclay ist auf einem Pferdehaufen ausgerutscht und liegt buchstäblich in der Scheiße!“
Autsch! Da ist ja jemandem endlich mal Gerechtigkeit widerfahren. Sofort lasse ich meinen Besen fallen und laufe George hinterher. Und dann sehe ich Mrs. Barclay mit ihrem hochexklusiven Kostüm in den Äpfeln der Natur liegen. Veronica, die Speichelleckerin, versucht gerade, ihr hochzuhelfen, doch Mrs. Barclay rutscht aus irgendeinem Grund ein zweites Mal aus und klatscht mit ihrem Hinterteil zurück in den Mist. Ich muss gestehen, dass mich der Anblick überaus amüsiert und ich kann mir ein Lachen kaum verkneifen.
Mr. Barclay ist auf das Treiben vor seinem Haus aufmerksam geworden. Er läuft zu seiner Mutter und beugt sich zu ihr hinunter. Unerwartet blickt er auf und sieht zu mir herüber. Noch immer versuche ich vergeblich, mein Gekicher in den Griff zu bekommen, als mir urplötzlich klar wird, dass sein zunehmend düsterer Blick nur eine Erklärung zulässt: Offensichtlich hat sich seine Mutter bei ihrem Sturz verletzt. Als mir das klar wird, schäme ich mich auf einmal für mein Verhalten. Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, Menschen zu helfen. Und es sollte für mich überhaupt keine Rolle spielen, ob ich diese Menschen nun leiden kann oder nicht. Stattdessen stehe ich am Rande des Geschehens und lache über die Not eines anderen.
Mr. Barclay hebt seine Mutter in seine Arme und bringt sie ins Haus. Gott, was soll ich nur tun? Eben noch stehe ich hier teilnahmslos und spotte über seine Mutter. Da kann ich ihnen doch nicht ins Haus folgen, seine Mutter verarzten und so tun, als wäre nichts gewesen. Ganz offensichtlich hat Mr. Barclay registriert, welch ein Vergnügen mir dieser bedauernswerte Anblick seiner Mutter bereitet hatte. Okay, jetzt nimm all deinen Mut zusammen und gehe ihnen hinterher. Falls seiner Mutter etwas Gravierendes passiert sein sollte, muss ich ihr einfach helfen. Schämen kann ich mich auch noch hinterher. Kurz entschlossen laufe ich Mr. Barclay hinterher und folge ihm in den Salon, wo er seine Mutter auf das Sofa gleiten lässt. Umgehend begebe ich mich zu ihnen und schaue unschlüssig zu Mr. Barclay. Es wäre ihm nicht zu verdenken, wenn er meine Hilfe nach meinem verwerflichen Verhalten nicht mehr zulassen möchte. Doch mit finsterer Miene macht er mir Platz. Ich beuge mich über Mrs. Barclay, die mit geschlossenen Augen daliegt, als sei sie tot.
„Mrs. Barclay können Sie mich hören?“, spreche ich sie an. „Mrs. Barclay!“, versuche ich es nochmals. Und tatsächlich schlägt sie nun die Augen auf.
„Können Sie mich hören, Mrs. Barclay?“, frage ich sie erneut.
Sie nickt mit dem Kopf und hält sich im selben Augenblick die Hand auf die Stirn.
„Mein Kopf! Ich bin auf meinen Hinterkopf gefallen.“
„Wir sollten sie so schnell wie möglich ins Krankenhaus schaffen, Mr. Barclay. Ich kann eine schwere Kopfverletzung nicht ausschließen. Vielleicht hat sie eine Gehirnerschütterung, aber das sollte dringend abgeklärt werden.“
Sofort zücke ich mein Mobiltelefon und bestelle einen Krankenwagen. Kurz darauf lege ich meine Hand auf Mrs. Barclays Kopf und streiche ihr übers Haar.
„Keine Angst, Mrs. Barclay, es wird alles wieder gut. Es ist sicher nichts Ernstes, aber wir sollten auf Nummer sicher gehen.“
Bis der Krankenwagen eintrifft, sitze ich neben Mrs. Barclay auf dem Sofa und halte ihr den Kopf. Ein bisschen hoffe ich, ihr durch meine Hände Linderung zu verschaffen, obwohl ich immer noch nicht ernsthaft glaube, dass meine Hände wirklich zu Höherem berufen sind. Trotzdem lasse ich es mir in diesem Augenblick nicht nehmen, Mrs. Barclay wenigstens versuchsweise auf diese Art zu helfen. Ich habe das Gefühl, etwas bei ihr gutmachen zu müssen.
Mr. Barclay begleitet seine Mutter ins Krankenhaus und ich stehe nun wieder in meiner Stallgasse und stütze mich nachdenklich auf meinem Besen ab, während ich starr gegen Charlys Stalltür gelehnt stehe und mich schäme. Falls ich es schaffen sollte, Mr. oder Mrs.
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