Liebe braucht keine Hexerei (German Edition)
verarbeitet den Verlust eines Menschen auf seine Weise. Der Tod meines Vaters hat unser Leben sehr verändert. Es lastet sehr viel Verantwortung auf den Schultern meiner Mutter.“
„Ja, möglich, dass ich das falsch beurteile. Es geht mich ja auch gar nichts an. Ich dachte nur …“
„Reden Sie ruhig weiter, Miss Robertson.“ Seine Hand streicht vertrauensvoll über meinen Arm und ich habe das Gefühl, ganz offen reden zu können.
„Der Tod Ihres Vaters muss bestimmt schrecklich für Sie gewesen sein. Haben Sie darüber schon einmal mit jemandem geredet? Sicher würde es Ihnen sehr helfen.“
Was rede ich hier eigentlich? Er muss glauben, es mit einer Psychiaterin zu tun zu haben, die jeden Augenblick Ihren Bleistift zückt und ihn auf die Couch bittet. Er atmet schwer und dreht sich von mir weg.
„Ich glaube, Miss Robertson, Sie machen sich zu viele Gedanken. Es ist nicht nötig, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Lassen wir das also!“
Oha! Da hab ich wohl ins Schwarze getroffen und gleichzeitig mit dem Thema danebengeschossen. Das war wohl nix, Jenny. Peinlich berührt wende ich mich zu Charly um und streichle ihn. Das Thema sollte ich wohl besser nicht mehr anschneiden.
„Ich hätte da noch eine kleine Bitte an Sie, Miss Robertson.“
Interessiert schaue ich wieder in seine Richtung und warte darauf, dass er fortfährt.
„Am kommenden Wochenende gebe ich ein größeres Fest anlässlich meines vierzigsten Geburtstages. Haben Sie da schon etwas vor?“
Er lädt mich zu seinem Geburtstag ein? Damit hätte ich nicht gerechnet. Ich lächle erfreut und überlege schon, was ich anziehen könnte.
„Nein, eigentlich nicht, ich habe noch nichts vor.“
„Das ist ja großartig! Wissen Sie, wir haben ein kleines Personalproblem an diesem Tag und bräuchten dringend noch Unterstützung in der Küche. Meinen Sie, Sie könnten es einrichten, am Samstagabend dort einzuspringen?“
„Äh, wie bitte?“
Mein Lächeln erfriert. Habe ich gerade richtig gehört? Ich werde gar nicht eingeladen, sondern lediglich darum gebeten, das Küchenmädchen zu spielen?
„Ich weiß, meine Frage kommt ein bisschen kurzfristig, aber glauben Sie mir, dass ich Sie sicher nicht gefragt hätte, wenn es nicht so dringend wäre. Eine meiner Hauswirtschafterinnen ist plötzlich krank geworden und zwei allein schaffen es nun mal nicht. Ich erwarte knapp einhundert Gäste und alleine die Vorbereitungen sind umfangreich genug. Bitte sagen Sie nicht nein, Miss Robertson.“
Moment noch! Ich brauche gerade etwas Zeit, um meine aufkeimenden Mordgelüste wieder unter Kontrolle zu bringen. Wie willst du sterben? Du hast die Wahl!
„Ich glaube kaum, dass ich Ihnen in der Küche eine große Hilfe wäre, Mr. Barclay. Kochen liegt mir nicht gerade im Blut und beim Servieren stelle ich mich sicher total ungeschickt an. Es wäre in Ihrem eigenen Interesse, wenn Sie jemand anderen darum bäten.“
„Aber ich wüsste keine Bessere dafür. Ich bin mir absolut sicher, dass Sie das hinbekommen. Es gibt doch praktisch nichts, was Sie nicht können, nicht wahr, Miss Robertson?“
Okay, das kannst du haben, David Barclay. Ich werde dir deinen Geburtstag gehörig vermiesen. Du unsensibler Klotz!
„Also gut. Ich habe Sie gewarnt! Wenn Sie nicht hören wollen, bitte. Ich werde Ihnen helfen, aber für den Fall, dass alles schiefläuft, trage ich keine Verantwortung dafür. Das haben Sie sich dann ganz allein zuzuschreiben.“
Er lacht belustigt.
„Ich stehe tief in Ihrer Schuld, Miss Robertson.“
Ja, allerdings.
„Nicht doch, Mr. Barclay. Es reicht völlig, wenn Sie mir am Sonntag einen Umschlag mit einer größeren Summe unnummerierter Scheine in die Hand drücken. Dann sind wir wieder quitt.“
Mit einem spöttischen Lächeln wende ich mich von ihm ab und verlasse enttäuscht den Stall.
Am nächsten Morgen stehe ich wie gehabt in der Stallgasse und fege lustlos den Boden. Die letzte Nacht habe ich verschiedene Mordpraktiken an Mr. Barclay verübt und immer ist er mir nicht qualvoll genug dabei gestorben. Wie kann er nur so unsensibel sein? Er muss doch gemerkt haben, was er da verzapft hat. Ich dachte immer, er sei feinfühlig und mit guten Antennen ausgestattet. Oder hab ich ihn wirklich so falsch eingeschätzt? Jacob hat schon versucht, ein paar Worte mit mir zu wechseln. Doch besorgt hat er meine Einsilbigkeit zur Kenntnis genommen und mich wieder mir selbst überlassen. Besser so. Ich habe heute keine gesteigerte Lust,
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