Liebe braucht keine Hexerei (German Edition)
Ekstase zu verfallen.
Das Glas mit den Grundstoffen für den Liebestrank hält sie mit aller Vorsicht in beiden Händen und ist dabei beharrlich bemüht, es vor zu großer Erschütterung zu bewahren. Trotzdem habe ich mich nicht von ihr überreden lassen, einen Umweg zu fahren, der einen besseren Straßenbelag garantiert hätte. Dafür war mir meine Zeit und mein Benzin zu schade. Wie sie es allerdings schafft, sich auf das Glas zu konzentrieren und gleichzeitig mit voller Hingabe zu reden, sich hin und wieder mit einer Hand durch ihre neue Frisur zu fahren und synchron ihr Gesicht zu pudern, ist mir schleierhaft. An der nächsten Ecke müsste Jacob stehen und auf uns warten. Wir hatten verabredet, ihn dort einzusammeln. Meine Tante wollte auf keinen Fall riskieren, ohne ihren Begleiter auf der Feier zu erscheinen. Jacobs Auto hätte möglicherweise nicht anspringen können, eine Kuh ihm in den Weg springen oder ein Blatt auf seine Windschutzscheibe fallen können. Es lauern einfach zu viele Gefahren im täglichen Leben auf uns, daher bestand meine Tante mit aller Kraft darauf, dass Jacob mit uns mitfährt. Jacob war es nur recht. So erhält er die Gelegenheit, noch mehr Zeit mit meiner Tante zu verbringen. Auf der weiteren Fahrt plaudern sie ausgelassen miteinander und mir entgeht nicht, wie sehr Jacob durch die Gesellschaft meiner Tante auflebt.
Wir erreichen den Hof in der Abenddämmerung. Die Sonne, die gerade den Rand des Horizonts passiert, färbt den Himmel in feuriges Rot. Eingefangen von diesem Naturschauspiel, sehe ich verträumt nach oben, als ich aus dem Wagen steige. Der Hof ist bereits zugestellt mit unzähligen Fahrzeugen der zahlreichen Gäste, die David heute Abend erwartet.
Meine Tante reicht mir vorsichtig das Glas.
„Du weißt ja, wie man den Trank zubereitet, nicht wahr, Rosinchen?“
Immer noch blicke ich in den Himmel.
„Ja, ja.“
Gerade kommt mir der Verdacht, ich könnte heute der Mittelpunkt des Abends sein und nicht David. Für den Fall, ich würde mich gegen diese fixe Idee entscheiden und David keinen Zaubertrank reichen, hätte ich die komplette Belegschaft gegen mich, inklusive meiner Tante und Jacob. Ich stehe unter Zugzwang. Alle erwarten es von mir. Das hat sie wirklich klug eingefädelt. Sie wusste ganz genau, dass ich nicht eine Sekunde ernsthaft daran gedacht habe, David ein Wundermittel zu verabreichen. Also hat sie sich sofort auf den Weg nach Irland gemacht, um mich gegen meinen Willen in dieser Angelegenheit zu unterstützen. Meine Kollegen in den Plan einzuweihen, war reine Berechnung. David so zu manipulieren, dass er arglos seine Mitarbeiter zu seinem Fest einlud, war ein Kinderspiel für sie. Sie weiß genau, dass ich unter diesen Umständen keinen Rückzieher mehr machen kann. Meine Kollegen würden mich niedermetzeln für den Fall, dass ich David den Liebestrank nicht überreichen würde. Ich trüge dann in ihren Augen die Verantwortung dafür, wenn David sich für Veronica entscheiden würde.
Angewidert nehme ich das Glas mit dem zweifelhaften Inhalt entgegen und rümpfe die Nase. Das würde ich im Leben niemals freiwillig verzehren. Aber David weiß ja nichts davon. Neugierig betrachte ich das Gekrabbel im Glas. Gleich landet ihr im Kochtopf. Ich muss mich nur in Acht nehmen, dass Linda oder die anderen Küchenmädchen mich bei der Zubereitung nicht erwischen. Sicher kämen sie sonst auf den nicht ganz so abwegigen Gedanken, ich könnte David vergiften wollen.
Während meine Tante und Jacob sich zum Vordereingang begeben, um sich von David begrüßen zu lassen, wähle ich den Dienstboteneingang. Das Glas lasse ich unter meinem Pullover verschwinden, als ich die große Küche im Erdgeschoss erreiche.
„Hey, Jenny!“, grüßt mich Linda. „Es war also kein Witz? Du hilfst heute tatsächlich in der Küche aus?“
„Nun ja. Ich glaube zwar kaum, dass ich euch eine große Hilfe sein werde, aber ich werde mein Bestes geben. Versprochen.“
„Falls du den Liebestrank für Mr. Barclay jetzt zubereiten möchtest, dann hast du freie Bahn. Der Herd ist frei.“
„Wie bitte? Du weißt also auch ...?“
Gibt es eigentlich noch einen einzigen Menschen auf dieser Welt, der nicht darüber informiert ist? Morgen steht es wahrscheinlich in der Zeitung.
Unschuldig sieht Linda mich an, als wäre mein Vorhaben das Normalste der Welt. Schließlich werden Liebeströpfchen doch ständig irgendwelchen ahnungslosen Opfern eingeflößt.
„Kann ich dir vielleicht
Weitere Kostenlose Bücher