Liebe braucht keine Hexerei (German Edition)
Hinterausgang. Schlau, da wäre ich in meinem jetzigen Zustand im Leben nicht drauf gekommen. Ich lasse mich zum Fahrzeug führen und zweifle daran, ob es richtig war, auf die Forderungen von Mrs. Barclay einzugehen. Worauf habe ich mich hier nur eingelassen?
Im Wein-Glas liegt die Wahrheit
Der Chauffeur fährt uns zurück zum Gut und ich stelle fest, dass zu dieser späten Stunde immer noch eine Menge Autos auf dem Hof stehen. Die Feier ist also noch längst nicht vorbei. Musik dringt aus dem Festsaal nach draußen. Ich erkenne die Fahrzeuge einiger Kollegen wieder und würde nun doch lieber wieder heimfahren. Gleich werde ich in die Mangel genommen. Sie werden ihre Speere auf mich richten und drohen, mich damit aufzuspießen, wenn ich nicht kooperiere.
Mrs. Barclay schiebt mich durch den Dienstboteneingang in die Küche. Linda stößt plötzlich ganz aufgeregt dazu und redet auf mich ein: „Jenny, du bist wieder da! Welch ein Segen. Stell dir vor, dein Glas steht immer noch unangetastet auf dem Flügel. Nachdem du aus dem Saal gelaufen bist, hat Mr. Barclay es dort abgestellt und nicht wieder berührt.“ Ich bin erstaunt, dass sie in der Gegenwart von Mrs. Barclay so offen darüber spricht.
„Mein Sohn war seitdem wie verwandelt“, ergreift nun Mrs. Barclay das Wort. „Er hat sich in die Küche gesetzt, den Kopf auf beide Hände gestützt und die ganze Zeit dieses Einweckglas angeschaut, in dem Sie Ihre Zutaten für den Zaubertrank aufbewahrten. Als er hörte, dass Sie auf dem Polizeirevier waren, stürmte er regelrecht davon.“
„Jetzt hat er sich wieder unter die Gäste gemischt“, berichtet Linda nun weiter. Als hätten sie und Mrs. Barclay sich abgesprochen, wer welchen Text spricht. „Mrs. Stephens weicht nicht mehr von seiner Seite. Du musst ihn retten, Jenny!“
Hab ich jetzt auch einen Text? Wo ist meine Souffleuse?
Ich werfe mir meine Schürze wieder um und atme tief durch. Gut, dann wollen wir mal. Skalpell … Tupfer! − Konzentriere dich, Jenny. Die Leute hier nehmen dich ernst, also nimm sie und ihren blödsinnigen Wunsch auch ernst. Flöße David den Wein ein, dann bist du wieder frei. Ich betrete den Saal und fühle mich für einen Augenblick wie eine Königin. Alle verbliebenen Kollegen werden auf mich aufmerksam und starren ehrfurchtsvoll zu mir. Los, verbeugt euch! − Jenny, bleib bei der Sache. Ich sehe den Wein auf dem Flügel stehen. Einsam und unangetastet steht er dort und wartet auf mich. Meine Tante wird auf mich aufmerksam und läuft ganz aufgelöst zu mir.
„Jennylein, es wird aber auch langsam Zeit. Wo warst du nur so lange?“
Ich habe kurz mit dem Jenseits telefoniert und mich dort schon mal angemeldet.
Auch David sieht mich nun und löst sich von den Leuten, die ihn umringen. Als er neben mir steht, sieht er mich verärgert an und drückt mich von meiner Tante weg. Wir verlassen den Saal durch eine Tür, die David heftig zufallen lässt.
„Was hast du dir eigentlich dabei gedacht?!“, wütet er mich an.
Nun ja, ich mir eigentlich gar nichts, aber meine Tante. Wovon spricht er eigentlich?
„Ich verstehe nicht, warum du zurückgekommen bist. Der Inspektor hat dich gebeten, deine Wohnung heute Abend nicht mehr zu verlassen. Du hast natürlich wieder mal deinen eigenen Kopf und setzt dich über alles andere hinweg.“
Dass ich meinen eigenen Kopf habe, kann ich nicht abstreiten, aber in diesem Fall haben eher andere Köpfe die Verantwortung für mein Kommen zu tragen. Aber das kann ich ihm schlecht so sagen. Ich müsste es begründen und wüsste nicht, wie. Können wir vielleicht jetzt einfach zusammen wieder in den Saal gehen und so tun, als wäre nichts geschehen? Ich würde dir schnell das Glas überreichen und alle wären glücklich.
„Ich fahre dich jetzt wieder nach Hause!“, bestimmt er einfach so.
„Kommt nicht infrage“, widerspreche ich. „Ich bleibe hier, ob es dir nun passt oder nicht.“
Gerade will ich wieder in den Saal gehen, als er mich zurückhält.
„Weshalb bist du nur so unvernünftig?“
„Weil ich hier eine Aufgabe zu erfüllen habe …“
„Aber davon habe ich dich freigesprochen! Kein Mensch verlangt, dass du ein Küchenmädchen spielen sollst.“
Das mag wohl sein, aber dafür verlangen deine durchgeknallten Mitarbeiter und zufälligerweise auch noch deine nicht mehr zurechnungsfähige Mutter, dass ich dir einen Zaubertrank unterjuble. Und das ist viel schlimmer. Also lass mich endlich meine Arbeit tun,
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