Liebe braucht keine Hexerei (German Edition)
Märchen. Irgendwie scheint es mir auch ein wenig übertrieben, dass vor meinem Haus zwei Bodyguards abgestellt wurden. Hätte mich jemand ermorden wollen, dann wären die Gelegenheiten zahlreich gewesen. Der Geisterfahrer vorhin hätte ja nicht abzubremsen brauchen, sondern hätte mich wie einen Kegel umnieten können. Das hatte er aber nicht getan. Er wollte mir also nur einen Schrecken einjagen. Aber wieso? Es war ganz sicher eine Warnung. Aber wovor? Weiß ich vielleicht zu viel? Aber ich weiß ja gar nichts! Jedenfalls weiß ich nichts, wovon ich wüsste. Also bin ich absolut unwissend.
Ein Klopfen an der Tür reißt mich aus meinen unfruchtbaren Gedanken. Wer mag das sein? Etwa mein Mörder? Haben die Bodyguards unten im Wagen vielleicht nicht aufgepasst und zugelassen, dass mein Henker unkontrolliert das Haus betritt? Ich gehe in die Küche und greife mir ein langes Küchenmesser. Sicher ist sicher. Mit dem Messer im Anschlag öffne ich die Tür. Mrs. Barclay schreit vor Entsetzen auf, als sie das Messer aufblitzen sieht. Ups! Mrs. Barclay? Was macht sie hier um diese Zeit und wann ist sie aus dem Krankenhaus entlassen worden?
„Meine Güte, Miss Robertson, haben Sie mich erschreckt! Was geht hier nur vor? Vor Ihrem Haus spionieren zwei Männer in einem Auto herum und Sie wollen mit einem Messer auf mich losgehen!“
„Aber nein, bitte kommen Sie doch herein, Mrs. Barclay. Ich wollte Sie ganz gewiss nicht erschrecken, aber ich muss annehmen, dass mir jemand nach dem Leben trachtet, daher bin ich wohl ein wenig nervös. Es tut mir sehr leid. Aber gerade wurde in meine Wohnung eingebrochen.“
„Das ist ja grauenvoll!“, erwidert Mrs. Barclay und scheint ehrlich betroffen zu sein.
Ich bitte sie herein und frage mich, was sie wohl um diese Zeit noch von mir will. Ihr Sohn hat heute Geburtstag und die Party wird ganz sicher noch voll im Gang sein. Außerdem kann sie noch nicht lange aus dem Krankenhaus entlassen worden sein und statt sich zu schonen, stattet sie mir zu so später Stunde einen Besuch ab. Ihr Anblick in meiner kleinen Wohnung wirkt für mich ungewöhnlich. Abgesehen von der Tatsache, dass ich sie zum ersten Mal ungeschminkt sehe, was sie sehr natürlich wirken lässt, hätte ich mir nie vorstellen können, sie in meinen bescheidenen Räumlichkeiten empfangen zu dürfen. Ich fühle mich ein wenig überfordert, weil ich überhaupt nicht weiß, was ich Mrs. Barclay anbieten soll. Der Kaviar ist gerade aus und der Champagner noch nicht kalt genug.
„Möchten Sie vielleicht ein Wasser, Mrs. Barclay?“, wage ich zu fragen.
„Gern, das ist sehr freundlich von Ihnen.“
Wir setzen uns an den Küchentisch und trinken zusammen ein Glas Wasser. Schweigend sieht sie sich um und lässt meine einfache Wohnungseinrichtung auf sich wirken.
„Sie haben es wirklich sehr hübsch hier, Miss Robertson. Hier kann man sich wohlfühlen.“
„Finden Sie?“, frage ich ungläubig. Das kann sie unmöglich ernst meinen, schließlich ist sie Besseres gewohnt. Ohne auf meine Frage zu antworten, nimmt sie einen großen Schluck aus ihrem Wasserglas und stellt es kraftvoll zurück auf den Tisch.
„Miss Robertson“, beginnt sie nun zu sprechen, „ich möchte Ihnen danken. Dass sie in dieser schweren Stunde an meinem Bett weilten, hat mir sehr viel Kraft gegeben. Ihre Hände … nun ja, was ist nur mit Ihren Händen? Ich spürte so viel Energie durch sie in mich hineinfließen. Es war so sonderbar.“
Aber nein! Das hast du dir nur eingebildet.
„Sie sind eine ganz außergewöhnliche Frau, Miss Robertson. Sie tun meinem Sohn gut. Ihr Einsatz auf unserem Gut, ihr Engagement, als wären sie eine geborene Barclay. Ich vertraue Ihnen und mein Sohn auch.“
„Mrs. Barclay, ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihre offenen Worte, aber Ihr Sohn hat sich bereits entschieden. Er heiratet Veronica. Obwohl ich weiß Gott nicht verstehe, warum.“
„Aber genau darum bin ich hier. Mein Sohn darf diese Hochstaplerin auf keinen Fall zur Frau nehmen. Mir ist genauso wie Ihnen absolut unklar, was das alles zu bedeuten hat. Er tut neuerdings so geheimnisvoll und nichts ergibt mehr einen Sinn.“
Ja, das kann man wohl sagen. Der Sinn verschließt sich mir auch. Aber warum Mrs. Barclay ebenso im Unklaren ist, will mir nicht einleuchten.
„Ich habe Ihre Tante kennengelernt.“
Oh Gott, alles, nur das nicht! Ich werde meine Tante auf einer einsamen Insel aussetzen, wo man sie niemals wiederfindet und wo sie keinen Schaden
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