Liebe braucht keine Hexerei (German Edition)
nicht lange, bis ich einschlafe.
Wenn ich gewusst hätte, dass mein Lieblingsplatz am See bereits der gesamten Belegschaft von Rosefield bekannt ist, dann hätte ich mir einen anderen Ort zum Dösen ausgesucht. Doch nun ist es zu spät, denn George kniet neben mir und rüttelt an meinem Arm, um mich aufzuwecken. Als ich meine Augen aufschlage, sehe ich eine Traube von Menschen um mich herum stehen, inklusive meiner Tante, die direkt neben Jacob steht und mich vorwurfsvoll ansieht.
„Wir haben dich überall gesucht“, sagt George ganz aufgeregt und zeigt auf eine Thermoskanne, die er in der anderen Hand hält und sie ein wenig hin und her schüttelt. „Hier ist der Anti-Aggressions-Trank deiner Tante. Er muss warm getrunken werden, sonst kann er seine Wirkung nicht entfalten.“
Linda kämpft sich zu mir heran. Ihre Kollegen stehen so dicht gedrängt um mich herum, dass nicht mal mehr ein Sonnenstrahl zu mir durchdringt. Sie beugt sich zu mir herab und ergreift meine Hand.
„Seitdem du den Hof verlassen hast, ist nichts mehr wie früher“, behauptet Linda und glaubt wohl, mich mit ihren Worten erweichen zu können. „Mr. Barclay ist pausenlos missgestimmt und scheucht uns nur herum. Mrs. Barclay hat nun das Zepter in die Hand genommen und leitet den Betrieb. Aber es klappt nichts mehr und das Betriebsklima ist inzwischen so schlecht geworden, dass keiner mehr für die Barclays arbeiten möchte. Du bist unsere einzige Hoffnung, Jenny. Bitte hilf uns und verabreiche Mr. Barclay diesen Trunk. Deine Tante hat uns erklärt, warum der Liebestrank nicht wirken konnte. Aber nun bist du ja wieder hier und wirst uns doch helfen, nicht wahr?“
Ich schaue Linda an, als hätte ich es mit einer Geisteskranken zu tun. Aber als ich meinen Blick zu den anderen Kollegen wandern lasse, wird mir klar, dass ich es mit einem ganzen Kollektiv von Geistesgestörten zu tun haben muss. Ein paar Mal schließe ich meine Augen wieder und öffne sie erneut, doch der Anblick der Kollegen bleibt unverändert. Also entschließe ich mich, aufzustehen und zu meinem Volk zu sprechen.
„Ja, seid ihr denn von allen guten Geistern verlassen?“, beginne ich und muss mich zügeln, nicht auf sie alle loszugehen. „Die Praktiken meiner Tante sind mittelalterlich, gar vollkommen hirnverbrannt. Aber ihr redet darüber, als sei es das Normalste der Welt. Dieser Liebestrank hat mich bereits in Teufelsküche gebracht, denn David Barclay ist uns am Ende auf die Schliche gekommen und hat mich deshalb aus dem Haus geworfen. Er will nichts mehr mit mir zu tun haben und jetzt glaubt ihr allen Ernstes, dass ich mich auf diesen Irrsinn ein zweites Mal einlasse, obwohl dieses ganze Vorhaben vollkommen nutzlos ist? Wieso glaubt ihr überhaupt, dass David dazu bereit sein wird, mit mir zu reden, geschweige denn erneut ein Getränk von mir entgegennehmen wird? Sobald ich mit dieser Thermoskanne in seine Nähe komme, riecht er doch Lunte! Ich verstehe das nicht, ihr seid doch intelligente Menschen und wisst, dass es so etwas wie Liebestropfen nicht gibt.“
„Ach, Rosinchen“, unterbricht meine Tante meine Predigt, „du bist ja ganz durcheinander und kannst unmöglich in deiner derzeitigen Lage beurteilen, was richtig und was falsch ist. Ja, siehst du denn nicht, dass deine Freunde hier verzweifelt sind und dringend etwas passieren muss?“
„Aber ja“, antworte ich, „das sehe ich nur zu gut. Und du nutzt ihre Lage schamlos aus, indem du ihnen erzählst, ich könnte ihnen mit diesem dämlichen Gebräu tatsächlich helfen. Immer mischst du dich in mein Leben ein, ob ich es will oder nicht. Ist dir eigentlich klar, wie sehr du an mir zerrst und dass ich das vielleicht gar nicht möchte? Lass mich doch mein Leben so führen, wie ich es für richtig halte. Immer weißt du alles besser und du setzt null Vertrauen in mich und meine Pläne. Ich brauche endlich mehr Luft zum Atmen, verstehst du? Und hör endlich auf, meine Kollegen für deine Zwecke zu manipulieren. Wenn es auch nur einen Hauch einer Chance gibt, David zurückzuerobern, dann schaffe ich das auch ohne dich und dieses esoterische Gesöff.“
„Natürlich schaffst du das“, erwidert meine Tante und ihr Gesichtsausdruck verrät, dass ich sie gekränkt habe. Trotzdem bewahrt sie Haltung. „Ich zweifle nicht an dir, das habe ich niemals getan. Schade, dass du das so siehst. Ich wollte immer nur das Beste für dich.“
„Aber sicher wolltest du das, Tante Roberta. Nur du musst mir auch den
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