Liebe braucht keine Hexerei (German Edition)
fühlen, da tun Sie aber auch alles dafür, sie zu vertreiben. Ja, merken Sie das denn nicht?“, fragt meine Tante und durchbohrt David mit ihrem vorwurfsvollen Blick. Er stützt seine Arme in die Hüften, schüttelt den Kopf und schaut verbittert in den Himmel. Da findet er die Antwort auf die Frage meiner Tante sicher auch nicht. Das hält ihn aber nicht davon ab, es trotzdem zu tun. Eine Träne, die sich in seinem Auge bildet, glänzt in der Sonne auf. Ich bin verblüfft, als es mir auffällt, und auch beunruhigt. Was hat das zu bedeuten?
„Mein Vater hätte sicher eine Antwort auf Ihre Frage gewusst, Mrs. Robertson“, erwidert David und versucht, Fassung zu bewahren. „Er hatte ein gutes Verhältnis zu jedem seiner Mitarbeiter und kannte ihre persönliche Geschichte.“ Mit dem Ärmel wischt er sich übers Gesicht, um die Beweise der kurzen Schwäche zu beseitigen. „Aber er ist tot und die Beliebtheit bei seinen Mitarbeitern hat ihn auch nicht davor bewahrt, früher aus dem Leben zu scheiden. Wenn Sie wüssten, was ich weiß, Mrs. Robertson, dann würden Sie sicher anders reden. Und glauben Sie mir, ich mache mir meine Entscheidungen nicht leicht. Es steht jedem frei, den Hof zu verlassen, wenn ihm mein Ton nicht gefällt. An meinem Führungsstil wird das nichts ändern. Vielleicht ist Ihnen nicht klar, dass dies hier kein Kinderspielplatz ist, sondern ein Betrieb. Und die wirtschaftlichen Interessen haben nun einmal Vorrang.“
George und die anderen schauen sich an und nicken sich der Reihe nach zu. Offenbar sind sie zu einem Entschluss gekommen. Und ich befürchte, er wird David nicht gefallen. Erstaunlicherweise ist es Linda, die einen Schritt nach vorn macht und das Wort für alle ergreift.
„Also wenn das so ist, Mr. Barclay“, beginnt sie ihren Satz, „dann möchten wir alle nicht mehr für sie arbeiten.“ David verlagert seine Aufmerksamkeit auf das Küchenmädchen und ist überrascht über ihren Vorstoß.
„Aber, Linda!“, sagt Mrs. Barclay und kann kaum glauben, was dieser Streit für eine Wendung genommen hat. „Sie gehören doch quasi schon zum Inventar. Ich lasse Sie nicht gehen. Keinen von Ihnen!“ Sie lässt ihren Blick über die gesamte Belegschaft gleiten. „Bitte versteh′n Sie doch. Seit mein Mann letztes Jahr von uns gegangen ist, ist es nicht leicht für uns. Er war der Kopf der Familie und hat den Betrieb aufgebaut. Es hat lange gedauert, bis mein Sohn und ich uns einen Überblick verschafft haben. Mein Mann hat ein großes Wissen mit ins Grab genommen. Leider hatte er David nur einen unzureichenden Einblick in alles gegeben, somit fanden sich einige Rückstände und Verbindlichkeiten, die aufgelaufen waren. Ich möchte ehrlich zu Ihnen sein, es gab sogar Überlegungen, den gesamten Betrieb zu schließen und alles zu verkaufen. Zum Glück ist es uns schnell gelungen, das Ruder wieder herumzureißen. Aber das soll nicht heißen, dass es nicht immer noch schwer für meinen Sohn und mich ist, alles am Laufen zu halten. Wir brauchen jeden Einzelnen von Ihnen, denn Sie sind der Motor und bitte, so soll es auch bleiben! Es wäre schön, wenn Sie Ihre Entscheidung noch einmal überdenken würden.“
Ich bin überrascht über Mrs. Barclays Worte und darüber, dass sie den richtigen Ton getroffen hat. Sie scheint das Herz am richtigen Fleck zu haben, doch das hatte ich nicht gesehen. Erst jetzt bemerke ich, dass sie ein durchaus liebenswerter Mensch ist, der ein schwieriges Jahr hinter sich gebracht hat. Der Tod ihres Mannes wird ganz sicher nicht leicht für sie gewesen sein.
Linda nickt mit dem Kopf und signalisiert Zustimmung nach kurzer Beratung mit den Kollegen.
„Wir werden bleiben. Aber nur, wenn Ihr Sohn sich uns gegenüber freundlicher verhält.“
Alle nicken und bestätigen murmelnd, dass sie Lindas Meinung teilen.
David tänzelt auf der Stelle und scheint hin- und hergerissen zu sein. Ich wüsste zu gern, was ihn bisher davon abgehalten hat, ein persönlicheres Verhältnis zu seinen Angestellten aufzubauen. Wieso sträubt er sich so davor? Man merkt ihm an, dass diese Situation für ihn überaus unangenehm ist und er sich zu einer Antwort überwinden muss.
„Ich … “, David sucht noch nach Worten, „ich werde mich bemühen.“
Alle freuen sich und klatschen in die Hände. David jedoch kehrt ihnen den Rücken zu und geht zurück zum Haus. Ich finde sein gesamtes Verhalten rätselhaft und würde der Sache gern auf den Grund gehen. Daher beabsichtige ich, ihm
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