Liebe braucht keine Hexerei (German Edition)
hinterherzulaufen. Doch Mrs. Barclay hält mich davon ab und nimmt mich beiseite.
„Vielleicht sollten Sie ihm einen Augenblick Zeit geben, in Ruhe über alles nachzudenken, Miss Robertson. Mein Sohn ist völlig durcheinander, seitdem er Ihnen heute wieder begegnet ist.“
Ach ja?
„Wissen Sie, seit dem Tod meines Mannes ist er unzufrieden geworden. Irgendetwas beschäftigt ihn seitdem und lässt ihm keine Ruhe. Als Sie auf unserem Hof Ihre Arbeit begonnen hatten, Miss Robertson, da war er wie verwandelt. Plötzlich habe ich ihn wieder lachen sehen und auch den Angestellten gegenüber wurde er nachsichtiger. Sie ahnen ja gar nicht, was Sie in der kurzen Zeit bei meinem Sohn bewirkt haben.“
Nein, das ahne ich wirklich nicht. Das erklärt aber nicht, warum er sich so schwer damit tut, mir wiederzubegegnen und seinen Mitarbeitern ein besseres Betriebsklima zu versprechen.
„Das mag ja alles sein, Mrs. Barclay, aber ich verstehe einfach nicht, warum David sich mir gegenüber so ablehnend verhält. Na schön, ich habe auf Drängen der gesamten Belegschaft einen dummen Fehler gemacht, indem ich ihm diesen Liebestrank gegeben habe, aber das kann doch nicht der Grund sein, warum er sich so starrsinnig verhält.“
„Aber, Miss Robertson, Sie haben keinen Fehler gemacht. Und sollte es so sein, dann bin ich ebenso schuldig, weil ich Ihnen noch dazu geraten habe, bei dieser Sache mitzumachen. Es war ein Strohhalm, nachdem wir alle gegriffen haben. Wir hatten alle Angst, mein Sohn könnte tatsächlich unseren gesamten Besitz an Mrs. Stephens verscherbeln.“
„Aber Ihr Sohn ist jetzt unendlich enttäuscht von mir. Und sein Verhalten mir gegenüber fühlt sich für mich an wie eine kalte Dusche.“
„Bitte, Miss Robertson, lassen Sie sich davon nicht entmutigen. Sie sind doch eine unerschrockene Frau.“
Plötzlich drängt meine Tante sich zwischen uns und hakt sich bei Mrs. Barclay unter.
„Aber sicher ist sie das, Olivia, deshalb sollten wir sie nun nicht weiter aufhalten und sie zu ihrem David laufen lassen. Was meinst du?“
„Roberta, wie schön, dass du wieder zurück bist. Du musst mir unbedingt von diesem Anti-Stress-Trank berichten. Linda hat mir alles erzählt. Was für eine hervorragende Idee.“
„Oh, er nennt sich Anti-Aggressions-Trank und glaube mir, meine Liebe, dein Sohn hat ihn bitter nötig.“
Vertieft ins Gespräch wenden sie sich von mir ab und gehen langsam in die Richtung des Waldes, um sich offenbar einen kleinen Spaziergang zu gönnen. Doch plötzlich dreht sich meine Tante noch einmal nach mir um und winkt mir zu.
„Ach, Rosinchen, vergiss bitte nicht die Thermoskanne, ja?“
Ich rolle mit den Augen und drehe mich weg. Was ich jetzt auch tue, es wäre alles verkehrt. Also kann ich diese dämliche Kanne auch mit zum Haus nehmen.
Reden ist Silber, miteinander reden ist Gold
Als ich das Haus der Barclays betrete, spüre ich den Backstein in meinem Magen anwachsen. Ich weiß, dass ich im Grunde nichts Schlimmes verbrochen habe, und trotzdem habe ich das Gefühl, für den Untergang Roms verantwortlich zu sein. Langsamen Schrittes nähere ich mich Davids Büro. Ich höre ihn schon von Weitem telefonieren und mein Herz überschlägt sich beinahe vor Aufregung. Mir ist bewusst, dass er mich wahrscheinlich ohne ein weiteres Wort aus dem Haus werfen wird, aber das Risiko muss ich eingehen.
Ich stehe vor seinem Büro und höre, wie er sein Telefonat beendet. Ich lasse etwas Zeit vergehen, bevor ich anklopfe.
„Ja!“, ruft er gereizt. Einen Augenblick zögere ich einzutreten. Die Tür ist nur leicht angelehnt und er hat mich noch nicht gesehen. Immerhin erwarte ich, gleich wieder angeschrien zu werden. Da braucht man schon einige Sekunden der Vorbereitung. Noch könnte ich wieder gehen, doch mir bleibt keine Zeit, mein Vorhaben erneut zu überdenken, denn David öffnet die Tür von innen und wir stehen uns sprachlos gegenüber. Meine Glieder beginnen zu zittern, denn die Aufregung in mir lässt sich nicht mehr kontrollieren. Darum fallen meine Bücher zu Boden, die bis eben noch unsachgemäß unter meinem Arm geklemmt waren. Aber immerhin halte ich die Thermoskanne durchaus fest in der Hand, die mir David aber plötzlich abnimmt. Dann bückt er sich nach meinen Büchern und bittet mich herein, bevor er meinen Kram auf dem Schreibtisch ablegt.
„Es ist gut, dass du gekommen bist“, sagt er erstaunlicherweise. Ich schaue mich um, ob die Guillotine schon aufgebaut
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