Liebe bringt die höchsten Zinsen
etwas erklären konnten, prasselte Terezas Wortschwall auf die beiden herab wie die berühmten Wasserfälle von Sibenik.
„Ivan und Daniel haben mir schon erzählt, was Sie alles erlebt haben", berichtete sie Stefanie. Und an Daniel gewandt, zürnte sie: „Du hättest uns wenigstens frühzeitig informieren können. Dann hätten wir mehr Zeit für die Vorbereitungen gehabt."
Resignierend richtete sie das Wort wieder an die überraschte Stefanie: „So ist er, der Daniel, immer für eine Überraschung gut – gerade dann, wenn man nicht damit rechnet. Was sag ich: Sie werden es noch erleben! Ich sag jetzt einfach ‚du' zu dir, wo du schon fast zur Familie gehörst."
Und, nach einem strengen Blick auf Stefanies Kleidung, stellte sie fest: „Du siehst aus, als hätte man dich überfallen. Und so mager, Kindchen."
„Wie – zur Familie...?"
Tereza ignorierte Stefanies Zwischenfrage. Nach einem vorwurfsvollen Seitenblick zu Daniel fragte sie besorgt: „Hat er dir tagelang nichts Vernünftiges zu essen serviert?"
Eine Antwort konnte Stefanie nicht geben, denn die Mutter setzte ihren Redeschwall unbeirrt fort: „Keine Sorge: Wir päppeln dich schon noch auf. Komm lass' dich drücken."
Und ehe die Erbin sich versah, zog die füllige Tereza sie an ihre Brust, drückte und busselte sie ab: „Steht auch schon fest, wann ihr heiraten werdet?"
„Waaas?" Stefanie traute ihren Ohren nicht: „Heiraten? Wir sind doch gar nicht..." – „verlobt", wollte sie sagen. Doch bevor sie etwas richtigstellen konnte, drückte Daniel fest ihren Oberarm und fiel ihr ins Wort: „Stefanie ist ein wenig zurückhaltend."
Tereza bemühte sich, Stefanie Mut zu machen. „Jetzt, wo sie zur Familie gehört, muss sie doch nicht mehr zurückhaltend sein."
Noch einmal drückte sie Stefanie an sich, dann trat sie einen Schritt zurück und musterte sie. „Du siehst hübsch aus. Ihr werdet ein wunderschönes Ehepaar."
Stefanie stockte der Atem: Was sagt sie? Ehepaar? Ich glaub' das alles nicht!.
Wieder wollte Stefanie zu einer empörten Korrektur ansetzen und wieder unterband Daniel jeden Satz.
Ungerührt fuhr Tereza fort: „Natürlich werden wir das feiern. Ich hab' schon allen Verwandten Bescheid gesagt. Die Tanten werden kommen, die Onkel – und alle bringen ihre Kinder und Enkel mit. Es wird ein ganz, ganz großes Fest. Noch größer als das Fest der Fischer am Sonntag. Und jetzt willst du dich sicherlich ausruhen und ein wenig frisch machen. Ich bringe euch auf das Zimmer."
„Auf das Zimmer? Wir sollten zwei haben", zischte sie Daniel zu. Unbewegt drückte er ihren Oberarm.
„Natürlich wohnt ihr in unserem Schlafzimmer. Ivan und ich sind schon ausgezogen."
Verschwörerisch fügte sie mit einem Augenzwinkern zu Stefanie gewandt hinzu: „Die Betten habe ich schon frisch bezogen..."
Sie begleitete beide eine hölzerne Treppe hinauf, die so alt war, wie die Kiefern am Rande des Grundstücks. Und die unter jedem Schritt so heftig knarrte, dass niemand sie unbemerkt hätte emporsteigen können.
Als die Tür hinter beiden zugefallen war, konnte Stefanie nicht mehr länger an sich halten.
„Das kann doch alles nicht Ihr Ernst sein? Verlobung – das spiel' ich nicht mit. Und mit Ihnen in einem Zimmer – das kommt schon gar nicht in Frage."
„Was glauben Sie, wie viele Schlafzimmer meine Verwandten haben? Sieht das nach einem Schloss aus? Seien Sie froh, dass die uns überhaupt ein Zimmer überlassen haben - ich finde, das ist unheimlich nett von ihnen. Seien Sie jetzt nur nicht zickig."
„Was – ich bin zickig, wenn ich mich gegen eine Zwangsverlobung wehre, die andere angezettelt haben? Das ist doch - tiefster Balkan."
„Wenn wir nicht so tun, als wären wir verlobt, müssen Sie wieder in den Polizeigewahrsam. Deshalb das ganze Theater – und auch das ‚Du'. Meinen Sie, mir macht es Spaß, Ihren Verlobten zu spielen?"
„Jetzt hören Sie mal..."
„Und was das Zimmer betrifft: keine Angst, ich schlafe da unten." Er deutete auf den Fußboden vor dem Fenster und fügte hinzu: „Ich lasse dich jetzt allein, falls du dich ein wenig frisch machen willst. Also bis gleich - meine Verlobte."
„Hauen Sie bloß ab, Sie, Sie..." Es verschlug ihr den Atem; aber da war die Tür auch schon ins Schloss gefallen und am Knarren der Dielen hörte sie, wie weit er sich schon
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