Liebe bringt die höchsten Zinsen
mir."
„Aber ich nicht."
„Das sollten Sie aber! Und noch etwas: Ich bekomme Sie hier nur raus, wenn Sie mir felsenfest versprechen, keine Flucht zu versuchen. Sie dürfen den Polizeigewahrsam verlassen, stehen aber unter Hausarrest."
„Ich denke Sie sind Journalist", stichelte sie, „und eine bessere Idee ist Ihnen nicht eingefallen?"
„Wenn Ihnen meine Idee nicht gefällt, können Sie ja hier bleiben." Er wandte sich erneut zum Gehen. Stefanie hielt ihn am Ärmel fest: „Und wie lange soll das Theater dauern?"
„Vielleicht sind Sie schon am Montag wieder frei."
„Das will ich stark hoffen!", brauste sie auf.
Innerlich dachte sie: Mit der Polizistenfamilie werde ich ja wenig am Hut haben. Und zwei, drei Nächte dort sind vermutlich immer noch besser als hinter Gittern. Eine Flucht ist ohne Geld und ohne Papiere sowieso kaum möglich. Hoffentlich wird dieser lächerliche Verdacht gegen mich schnell aufgeklärt. Ich will wieder meine uneingeschränkte Reisefreiheit. Und so fügte sie sich.
„Ich gehe mit Ihnen. Aber nur, solange es wirklich nicht anders geht. Sie brauchen nicht zu glauben, dass ich Ihrem Charme verfalle. So gut sehen Sie dann doch nicht aus ..."
„Das liegt an der unvorteilhaften Beleuchtung."
„Man merkt, dass Sie schon lange nicht mehr in einen Spiegel geschaut haben."
Daniel lächelte. Wirklich ein bisschen verrückt diese Deutsche. Aber sie hat was – unter ihrer Dreckkruste ...
***
Noch auf der Polizeiwache versuchte Stefanie mit dem Telefon des Journalisten, ihre Schwester zu Hause in der Waldenberg-Villa zu erreichen. Doch Kathi hob nicht ab; sie sollte das Telefon ja auch nicht bedienen, um sich nicht zu verraten - so hatte es ihr Stefanie eingeschärft. Und Kathi wollte sich an diese Zusage halten – wenigstens an diese...
Außerdem war Kathi ja auch davon überzeugt, dass Stefanie sie auf ihrem Handy anrufen würde, wie zu Beginn ihrer Reise. Die Nummer hatte sie ja eigens für Notfälle in ihr Mobiltelefon eingespeichert.
Doch das Handy lag im ausgebrannten Auto. Spätestens bei der Explosion dürfte es geschmolzen sein.
32. Eine wahnsinnig nette Familie
Der Sommer in Kroatien ist die Jahreszeit der Volksfeste, besonders an der dalmatinischen Küste. Sie sind so oft, so bunt und voller Abwechslung wie ein Garten voller Feldblumen: Die Fischer feiern den Fang eines Jahres, die Trachtenvereine ihre traditionsreichen Vereinsfeste und an jedem Wochenende begeht mindestens eine Gemeinde ein Jubiläum.
Schon lange vor den Ereignissen werden die Menschen von freudiger Erwartung erfasst. Je dichter die Termine rücken, desto stärker regieren Ungeduld und fröhliche Aufregung die Abläufe in den Kleinstädten und Dörfern. Es sind die Tage, an denen die Einheimischen ihre farbenprächtigen Kleider oder Uniformen aufbügeln und die Straßen und Plätze ihrer Gemeinden festlich schmücken. Niemand kann sich der Spannung und Vorfreude entziehen - bis endlich die Feste beginnen und die Familien geschlossen mit Mann, Frau und Kind dem Festplatz zustreben.
Alle sind unterwegs – nur die Sorgen bleiben daheim!
***
Das Haus der Ademis lag am Rande von Ribarsko Selo auf einer kleinen Anhöhe, fast wie in den Hang geschoben. Es war schlicht, ragte zwei Stockwerke hoch und zum Tal hin schmückten zwei Balkone die weiße Fassade. Im Erdgeschoss überragte eine Terrassenplattform mit weißen PlastikGartenmöbeln den Hang.
Grimmig begleitete Stefanie Daniel zum Haus des Polizisten. Argwöhnisch beobachtete sie ihn, als er an der Haustür läutete. Noch bevor der letzte Klingelton verhallt war, wurde die Tür weit aufgerissen. Tereza Ademi, die Ehefrau des Ordnungshüters, breitete ihre Arme weit aus: „Willkommen, herzlich willkommen, auch wenn es schon bald Nacht ist!"
Irritiert überlegte Stefanie, wie diese Herzlichkeit zu werten sei: Meint sie das ernst? Oder steckt irgendetwas dahinter, was ich noch nicht weiß?
Tereza war 58, zwei Jahre jünger als ihr Mann und eine mollige, gutmütige Frau, die streng katholisch erzogen war und keine wichtigere Aufgabe kannte, als für ihre Familie zu sorgen. Und sie am Wochenende so zu bekochen und zu bebacken, dass alle am liebsten ermattet auf der Wohnzimmercouch eingenickt wären. Doch die war an Sonn- und Feiertagen ausschließlich für den Familienvater reserviert.
Bevor Daniel und Stefanie
Weitere Kostenlose Bücher