Liebe bringt die höchsten Zinsen
entfernt hatte.
Trotzig riss Stefanie die Tür auf, als sie unten Stimmgewirr hörte. Sie verstand die Sprache zwar nicht, ihren Namen konnte sie aber doch deutlich heraushören. Dann wieder Schritte auf der Treppe.
Stefanie ließ sich auf das Doppelbett fallen. Es klopfte, Tereza trat ein: „Daniel hat mir schon erzählt, dass dein Auto geklaut wurde. Die ganze Welt ist voller Verbrecher. Ich habe dir ein Kleid von meiner Tochter Alisa mitgebracht. Das wird dir sitzen wie angegossen und es passt perfekt zum Fischerfest am Sonntag. Inzwischen kann ich dein Kostüm reinigen - von dem langen Marsch."
Tereza Ademi hängte einen Bügel mit einem Kleid an einen Haken am massiv eichenen Kleiderschrank, der das Schlafzimmer dominierte. Das Outfit war im Folklorestil genäht: ein bunter Stufenrock mit Spitze und Samtstickerei. Dazu eine weiße Bluse mit breiten Ärmeln und weitem Ausschnitt. Wieder wollte Stefanie angesichts der bunten Tracht protestieren, aber dann dachte sie sich, es würde eh nichts bringen.
„Nebenan ist das Bad, ich habe dir schon Wasser eingelassen. Und dein eigenes Kostüm ist Sonntag wieder sauber", versprach Mutter Ademi.
Dann kramte sie in ihrer bunten Schürze, die sie über einer weißen Spitzenbluse und einem schwarzen Kostümrock trug und fischte eine Flasche hervor. „Wein, selbst gebrannt. Er spült alle Sorgen und allen Ärger herunter. Hier... falls ihr heute Nacht Durst bekommt." Mit diesem Hinweis stellte sie die Weinflasche, an der ein Korkenzieher baumelte, auf einen der Nachttische.
Sie angelte noch einmal in ihre Tasche und zauberte eine zweite Flasche und zwei Gläschen hervor. „Der hier ist noch besser: Travarica! Ein Schluck auf euch beide und einen auf euer Glück in der Zukunft. Mein Neffe Daniel ist zwar nicht immer einfach, aber ein anständiger Kerl." Sie öffnete die Flasche und ließ Stefanie kosten.
Travarica ist in der Tat ein „anständiges" Getränk: ein ganz besonderer, hochprozentiger Schnaps. Er wird aus Trauben und Kräutern gebrannt. Falls dies gleichzeitig geschieht, wird er glasklar.
„Unser Schnaps ist der beste hier im Ort", verkündete Tereza. „Ivan nimmt wilden Fenchel hinzu, ein wenig Minze und Honig. Und manchmal noch Salbei." Lachend fügte sie hinzu: „Manche reiben sich damit lieber ein - gegen Muskelkater, Ischias oder Rheuma. Man kann ihn aber auch trinken."
Hilflos nahm Stefanie das Glas, das ihr Tereza reichte und stieß mit ihr an. „Du musst es mit einem Schluck austrinken, damit er auch wirklich Glück bringt in der Ehe. Schau her!"
Und damit leerte sie ihr Gläschen mit einem Zug.
Stefanie nippte an ihrem Glas und musste husten. Das Zeug kann man wahrscheinlich zum Flambieren verwenden, so hochprozentig ist es, stellte Stefanie in Gedanken fest, aber es schmeckt, das muss man den Kroaten lassen: Wenigstens ein gutes Mitbringsel, das sie in die EU einbringen.
Laut antwortete sie: „Hoffentlich bringt's wirklich Glück – und keinen schweren Kopf."
Mit Todesverachtung stürzte sie den Inhalt des Glases herunter.
„Und jetzt zieh dich schnell um, mein Kind, die Familie platzt vor Neugier. Sie sind schon alle da..."
Entsetzt fragte Stefanie nach: „Die sind schon alle da...?"
„Ja, sie werden dich aufnehmen wie ihre eigene Tochter. Mach dir keine Sorgen. Ich geh' schon mal runter und wenn du dich umgezogen hast, bring das Kostüm gleich mit, damit ich es dir richten kann. Zwei Paar Ersatzschuhe stehen vor der Tür. Du musst probieren, welche dir passen."
Damit schlug die Tür zu und Stefanie hörte das polternde Stapfen ihrer schweren Lederschuhe auf dem alten Holz der Treppenstufen.
Das Zeug schmeckt wirklich gut, stellte Stefanie fest, einen Kleinen kann ich noch. Sonst übersteh' ich diese Familie nicht.
Sie goss sich noch ein Gläschen ein und vergaß in diesem Augenblick, dass sie eigentlich nur selten Alkohol trank. Und ihn auch nicht sehr gut vertrug.
Einen merkwürdigen Aspekt hat es jedenfalls, sagte sie sich, als sie – kroatisch gekleidet – vor dem Spiegel stand: Ich seh aus wie Dunja Rajter in Blond.
Na, das wird ja was werden...
33. Ein Bett ist groß genug für Zwei
Ein lautes Stimmengewirr drang nach oben und sickerte durch die dicke Schlafzimmertür. Als Stefanie heraustrat und die Treppe hinab stieg, rief das Knarren der Treppe auch die letzten
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