LIEBE DEINEN NÄCHSTEN Noah Fitz Thriller (German Edition)
einer Zahnlücke versehenen Zähne bekam die unschöne Frau nicht zustande.
Auch Gregor war nicht mehr da, er musste zu einer Voruntersuchung, war die letzte Info von der Krankenpflegerin, bevor sie die beiden höflich aus dem Zimmer bat. Sie interessierte sich auch recht wenig dafür, dass die beiden von der Polizei waren. „Jeder muss seinen Pflichten nachgehen, so wie ich auch meinen, mein Tagesablauf ist knapp kalkuliert. Was die Zeiten für ein Schwätzchen angeht, die habe ich nicht. Ich habe noch sehr viel zu tun. Schönen Tag noch. Bald kommen die Ärzte und Doktoren zur Visite, deswegen muss ich mich sehr beeilen.“
Raphael schaute sich noch einmal um, der Blick der alten Frau verfinsterte sich, als sich ihre Augen trafen. 'Sie verflucht mich' , dachte er, als sie von der zierlichen Dame aus dem Zimmer hinaus gescheucht wurden.
Bevor sich Morgenstern und Glück nach draußen begaben, hörten die Beamten das leise Geplätscher einer Klospülung. Jemand wusch sich die Hände. Kurz darauf, nach dem Klacken eines Schlosses, ging eine große Tür auf. Raphael sah eine junge Frau, die sich zu der alten Dame hin bewegte. Sie standen immer noch in der Tür.
Der Kommissar ging auf die junge Dame zu und sprach sie an. „Hallo, ich bin Kommissar Morgenstern von der Polizei.“ Die Frau schaute ihn erschrocken an.
„Ja, was kann ich für Sie tun?“, erwiderte sie in gebrochenem Deutsch. Ihr Akzent war ein ganz anderer als bei dem jungen Mann kurz zuvor.
„Ist sie Ihre Mutter?“
„Ja? Wieso?“ Sie schluckte. „Stimmt mit ihr etwas nicht?“
Auf das empörte Aufschnaufen der Krankenschwester reagierte der verblüffte und zugleich auf sich selbst erboste Beamte nicht.
„Es ist alles in Ordnung, was ich wissen wollte, ist: Haben Sie einen jüngeren Bruder?“
„Nein, ich habe drei. Und alle sind älter als ich.“
„Das war's, danke schön, und sagen Sie Ihrer Mutter, sie soll schnell gesund werden, ja?“ Nur mit Mühe konnte er seinen Verdruss verbergen.
„Gut, mache ich“, entgegnete die Frau leicht irritiert.
„Verdammte Kacke, ich hatte also mit dem Jungen recht“, fluchte Morgenstern im Korridor.
„Und jetzt?“ Lisa sah ihn fragend an.
„Nix jetzt, der verarscht uns nach Strich und Faden. Er hat seine Leute überall. Wir müssen mehr aufpassen und immer auf der Hut sein. Er hat mich wie einen Anfänger ... ach, vergiss es.“
Bis zum Auto gingen die beiden Beamten schweigend, jeder hing seinen eigenen Gedanken nach.
„Wo ist unser Freund bloß hin, Raphael?“ Die Klimaanlage tat ihr bestes, nichtsdestotrotz würde es noch einige Zeit dauern, bis die Temperatur im Auto von gefühlten hundert Grad auf angenehme zwanzig abgekühlt wurde. Lisa fächelte sich die nicht vorhandene frische Luft mit einem Werbeheftchen aus dem Krankenhaus zu. Lisa wie auch ihr Partner entschieden sich, dem Hinweis des Verrückten zu folgen. Darum fuhren sie zu Morgensterns Haus zurück, denn dort hatte das Ganze seinen Anfang genommen. Unterwegs surfte die junge Dame im Netz auf der Suche nach der Zahlenkombination, sie war genau so erfolgreich wie die mehreren Male zuvor. Ihr Partner schwieg, er verhielt sich wie eine Maschine. Völlig emotionslos und in sich gekehrt manövrierte er den Wagen durch den Verkehr der überfüllten Straßen von München, seine Bewegungen glichen denen eines Roboters, die alle mechanisch, aber dennoch sicher ausgeführt wurden.
Als sie ihr Ziel erreichten, hörten sie schon wieder, jetzt in der Ferne, das Motorengeräusch eines Hubschraubers. Eine unsichtbare Hand aus heißer Luft schloss sich um die beiden zu einer Faust, als die Kommissare aus dem Wagen stiegen. Raphaels Laune war im Keller. „Ist denn heute ein schönes Wetter, um gerettet zu werden?“ Er sagte es zum Himmel emporschauend, seine Augen wurden zu kleinen Schlitzen, so verblieb er für einige Sekunden. „Woher wissen die eisernen Vögel, wo sie landen sollen, haben die ein Navi mit Landepositionskoordinaten? Bin noch nie mit so einem Ding geflogen“, sprach er seine Partnerin an, ohne sie dabei anzuschauen. Er suchte immer noch nach der Silhouette der eisernen Libelle. Am kristallblauen Himmel, der hier und da mit weißen Wolken befleckt war, gab es nichts, sogar die Vögel verharrten in den Baumwipfeln und warteten auf den abkühlenden Abend. „Meinst du, wir haben schon wieder eine Leiche?“ Lisa überhörte seine Frage, sie war komplett vom Internet verschluckt worden, ihre Augen huschten über
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