LIEBE DEINEN NÄCHSTEN Noah Fitz Thriller (German Edition)
Kehle, sein Kehlkopf blieb kleben, so ausgetrocknet waren sein Mund und seine Atemwege, die Lippen bekamen blutige Risse, sein dunkles Haar wurde durch den Schweiß noch dunkler.
Er leckte das kühle Nass von seinen Lippen. Sein empfindlicher Gaumen wollte den Überlebensinstinkt unterdrücken, denn das, was Jochen in seinen Mund hineinsog, war alles andere als schmackhaft. Der Geschmack des dreckigen Lappens und des Blutes nistete sich in seinem Inneren ein. Dort würde er noch lange Zeit verbleiben, vielleicht sein restliches Leben lang, falls er das heutige Martyrium überleben sollte oder wollte. Wer weiß, was der Verrückte noch alles mit ihm vorhatte.
‚ Halt !‘
D as eine Wort hallte in seinem Kopf wie der helle Schlag mit einem Stein gegen einen leeren Blecheimer. Jochen verzog sein Gesicht zu einer Grimasse. Der Schmerz war real, irgendetwas bohrte sich in seine Haut. Der Maskierte hielt einen ummontierten Dartpfeil in seiner kleinen Hand. Eine weitere Schmerzattacke fraß sich von seinem Oberschenkel hoch zu seinem sensiblen Denkorgan. Im Kopf brodelte und kochte es. Auch wenn so eine unmenschliche Situation jeden anderen zum Wahnsinn treiben würde, blieb Jochen, so gut es die Gegebenheit zuließ, klar bei Verstand.
Die asiatische Kunst der Meditation und der emotionale n Beherrschung seiner Sinne waren im Moment sehr hilfreich. Eine andere Möglichkeit, als die mit viel Mühe und Disziplin angeeigneten Eigenschaften zu seinem Vorteil zu nutzen, hatte er nicht. Sein Peiniger näherte sich schnellen Schrittes und zog die modifizierten Pfeile aus seinem Fleisch langsam und genießerisch wieder heraus. Jochen spürte, dass die Enden der kurzen Geschosse mit einem Widerhaken versehen waren. Er hörte, wie seine Haut riss, da er die Bewegungen des Mannes nicht sehen konnte, konnte er sich auch nicht richtig auf die Atmung konzentrieren, die ihm das Leiden lindern sollte. 'Moment mal, es waren vier, das heißt, die ersten zwei bekam ich hineingejagt, während ich weggetreten war oder schon davor.' An die ersten zwei konnte er sich nicht mehr erinnern.
Die Umgebung sah ziemlich grotesk und unwirklich aus. Wie die Kulissen eines Theaters. Die grobgehauen nackten Steine bildeten die Wand der Kulisse. Die Fratze, die sich Jochen näherte, passte nicht zu dem Rest des Theaterstücks. War die Kreatur mit der blöden Maske vorher nicht größer?
Die Bestie sah etwas verändert aus, genau das war es, was ihn so stutzig machte. Vor seinem Wegtreten war die Kreatur mit der gleichen Frauenmaske anders gebaut, größer und von stabilerer Statur. Kein Muskelprotz, dennoch breitschultrig und überdurchschnittlich groß. Sein Vater hatte ihm früher immer gesagt: 'Merke dir die kleinen Details! ', hier musste man blind sein, um den Unterschied nicht zu erkennen. Dass es keine Frau war, da war sich Jochen ziemlich sicher. Ein teuflischer Schmerz brachte ihn aus seinem meditativen Zustand wieder in die Hölle des Schmerzes zurück. Erneut schoss der Fiesling seine vier, nein fünf Dartpfeile ab, also hatte er beim letzten Mal einen danebengeschossen.
' Konversation, das ist das Stichwort' , dachte Jochen, und wieder erinnerte er sich an Vaters Worte. Sein Vater war oft und viel unterwegs, als Polizist und später als Kriminalinspektor hatte er nie viel Zeit für Jochen gehabt. Wenn er aber daheim war, waren die Minuten des Zusammenseins umso intensiver und kostbarer für beide. Sie spielten die meiste Zeit zusammen, Jochen liebte Rollenspiele. Als Kind eines Gesetzeshüters waren ihre Fantasie-Ausflüge oft die Gleichen, Polizist und Verbrecher oder Bankräuber. Spielerisch wurden dem kleinen Jochen Sachen wie: immer auf der Hut zu sein, nicht bei Fremden ins Auto einzusteigen, aber auch: merke dir die Augenfarbe oder andere Merkmale eines Menschen, beigebracht.
Bis jetzt hatte er keinen Nutzen davon gehabt. Bis jetzt ... 'Also: Konversation' , dachte er und bekam einen zweiten Pfeil in das linke Bein verpasst, zum Glück waren seine Oberschenkel durchtrainiert, und der Knochen blieb unverletzt. Trotzdem tat es höllisch weh, Jochen grunzte vor Schmerz. Er musste voll mit Drogen sein, zumindest mit Beruhigungsmitteln. Oder waren es die Pfeile, die mit einem starken Gift präpariert waren? Seine Schmerzempfindung stumpfte ab. 'Sei es drum!' In Gedanken redete er oft mit sich selbst, in seiner ausweglosen Lage galt es, einige Fragen an sein Gegenüber zu stellen.
„Kann ich etwas Wasser haben?“, fragte er, so gut
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