LIEBE DEINEN NÄCHSTEN Noah Fitz Thriller (German Edition)
kastanienbraunen Augen funkelten. Er sprach ganz leise, fast schon flüsternd, sodass Lisa ihn kaum verstehen konnte. Das Zittern in seiner Stimme war noch deutlicher herauszuhören.
„Lisa, er hat zwei kleine Kinder. Es ist das beste Mittel, womit man einen Menschen zu etwas zwingen kann, wozu ein Normaldenkender niemals bereit wäre, DAS zu tun. Es gab Menschen, die sich selbst das Leben nahmen, um das der eigenen Kinder zu retten, die perversen Schweine genossen erst den Selbstmord der verzweifelten Eltern und dann das Töten deren Kinder.“ Seine Augen begannen zu schimmern.
Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie dumm sie sich verhalten hatte. Ihr wurde klar, warum ihr Partner so verdeckt ermittelte, und warum er mit Michael im Korridor so komisch gesprochen hatte, als gäbe es den Mann vor ihnen gar nicht.
„Wir haben ihn schon einmal in eine sehr prekäre Lage gebracht, zwar ungewollt, dennoch haben wir ihn in etwas hineingezogen, wo er eigentlich nicht sein durfte. Ab jetzt gibt es nur noch mich und dich, wir werden niemanden mehr um Hilfe bitten. Ein Verletzter reicht uns erst einmal. Mein Sohn ist im Moment alles, was für mich zählt.“
Ein lautes Getöse unterbrach ihn. Es war ein Hubschrauber, der mit höllischem Lärm über ihren Köpfen zum Landeplatz flog. Ihren Gedanken nachgehend und vom Lärm umhüllt, liefen die beiden Beamten schweigend zum Wagen.
Der Parkplatz war ziemlich leer, das Auto stand wie ein von der Herde ausgestoßenes Mitglied allein gelassen da.
Langsam wurden die Schritte von Raphael schneller, Lisa war ein bisschen überrascht, als ihr Kollege zu einem Sprint ansetzte. So, als würde ein wildes Raubtier hinter ihm her jagen, rannte Raphael los.
' Wie um sein Leben' , dachte Lisa und lief, so schnell sie nur konnte, hinter ihm her.
Noch auf halbem Weg, denn Raphael war fast schon am Ziel angekommen, sah sie, was ihn zu solch einer Handlung zwang. An der Frontscheibe war ein weißes Blatt Papier, welches wie ein Schmetterling, der sich im Netz verfangen hatte, im schwachen Wind zu flattern begann.
Schwer atmend stand Lisa bei ihrem Kollegen und holte eine Lunge voll Luft. Ihr Partner fluchte laut und ließ seine Wut an dem Vorderrad aus. Er malträtierte es energisch mit seinem Fuß von allen Seiten. Der Wutausbruch ebbte langsam ab, als die Lunge des Kettenrauchers fast zu kollabieren begann. Lisa Glück hörte ein leises Pfeifen bei jedem Atemzug, den ihr Kollege machte. Raphael hustete laut, seine Lunge sprang dabei fast auf den heißen, in der Sonne flimmernden Asphalt aus seinem überstrapazierten Körper heraus. Als er nach vorne übergebeugt, sich mit einer Hand an der Motorhaube abstützend, nach Luft rang, nahm Lisa emotionslos dem keuchenden Herrn, dem seine Zigaretten heilig waren, den Zettel einfach aus der Hand.
Es war kein Reim mehr. Die Botschaft war mehr als eindeutig. „Spielt nach den Regeln. Und fangt jetzt wieder von vorne an!“, las Lisa die Worte, die in krakeliger Schrift auf dem weißen Hintergrund in der Sonne schimmerten.
Erst jetzt klopfte sie ihrem Kollegen leicht auf den Rücken, was mehr ein Zeichen der Zuwendung als eine therapeutisch sinnvolle Maßnahme gegen die Hustenattacke war.
„Nun ... weißt ... du ...“, er atmete schwer und hustete nach jedem Wort, „was ... ich ... vorhin gemeint habe.“ Langsam stabilisierte sich sein Zustand.
„Der möchte uns von irgendetwas abhalten“, mutmaßte Lisa. „Er will nicht, dass wir …“, sie überlegte kurz, denn ihre Gedanken wollten sich nicht zu einem sinnvollen Satz strukturieren lassen, „… entweder will er ... dass wir uns hier nicht mehr länger aufhalten, oder ...“
„Lisa, wir müssen nochmal zu Michael“, unterbrach sie Raphael mit einem leichten Pfeifen in seiner Stimme, welches tief aus seiner verrauchten Lunge kam.
Lisa war nicht erpicht darauf, den ganzen Weg zum Krankenhaus wieder zurück zu laufen, vor allem nicht unter den gnadenlos heißen Sonnenstrahlen des heutigen Tages.
„Herr Feurig ist nicht hier“, klärte sie eine junge Krankenschwester im weißen Kittel auf, als sie im fast leeren Zimmer standen. Nur die alte Dame war noch in dem Raum anwesend, die aber nicht sehr begeistert zu sein schien, als sie die beiden Ermittler vor sich stehen sah. Raphael lächelte die Frau an, die immer noch im Bett lag und offensichtlich immer noch auf ihren Sohn wartete. Sie starrte ihn wie gebannt an. Mehr als ein Entblößen der ungepflegten und mit mehr als
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