Liebe deinen Naechsten - und nicht nur Ihn
Eltern gefühlsduselig wurden und aneinander rummachten. Was in der Regel nach zwei Gläsern Sherry der Fall war.
»Jedenfalls hab ich mich freiwillig angeboten, die letzten Besorgungen zu machen. Komm, lass uns los.« Owen steuerte an den prächtigen Sandsteingebäuden vorbei Richtung Madison Avenue und überquerte zügig die Straße.
»Hier müssen wir was für Avery holen«, sagte er und blieb vor dem vergoldeten Eingang des Zitomer stehen – einer exklusiven Drogerie auf der Upper East Side, in der auch Lady Sterling bevorzugt ihre Einkäufe tätigte.
»Das Zitomer wünscht Ihnen einen angenehmen Einkauf und ein glückliches Thanksgiving«, wurden sie von einem älteren Mann in weinrotem Jackett begrüßt, als sie durch die Tür traten.
»Ich kapier nicht, warum Avery nicht einfach zu Duane Reade geht«, sagte Owen und meinte damit die Billig-Drogeriekette, deren Filialen an fast jeder Ecke New Yorks zu finden waren. Rhys wusste, warum. Weil Avery ein Faible für alles Klassische hatte. Genau wie er. Als er sich letzten Monat zum ersten Mal auf der Terrasse der Carlyles mit ihr unterhalten hatte, hatten sie festgestellt, dass sie sogar eine Vorliebe für alte Frank-Sinatra-Songs teilten.
Sie marschierten an den Gängen mit den Beauty-Produkten vorbei in den hinteren Bereich, wo sich die gängigeren Drogerieartikel befanden. Eine Frau, die zwei Katzen an der Leine führte, stand stirnrunzelnd vor einem Regal mit Kerzen und blockierte den Weg.
»Entschuldigen Sie …?«, sagte Owen, woraufhin die Frau und ihre Katzen mit gereiztem Blick zu ihm aufsahen, bevor sie schließlich Platz machten.
»Dafür schuldet mir Avery was, das sag ich dir«, raunte Owen Rhys über die Schulter zu.
Rhys wurde unwillkürlich rot, als er Averys Namen hörte. »Bin gleich wieder da«, murmelte er und eilte in den pharmazeutischen Bereich des nach Geißblatt und Limone duftenden Ladens. Ein diskret angebrachtes Schild in der unteren Regalreihe kennzeichnete die Kondomauslage. Die leuchtenden Verpackungen wirkten fast schon obszön neben den Vitaminbrausetabletten und Lippenpflegestiften, die rechts und links davon angeboten wurden. Nachdem er sich verstohlen nach allen Seiten umgeschaut hatte, beugte er sich zu ihnen hinunter. Seit er gestern Abend von Hughs kleiner Party nach Hause gekommen war, dachte er über den Plan nach, auf den Bahamas seine Unschuld zu verlieren. Es konnte nicht schaden, wenn er entsprechend vorbereitet war. Wer wusste schon, wie es um die Kondomsituation auf einer halbprivaten Insel bestellt war?
»Kann ich Ihnen vielleicht behilflich sein, junger Mann?« Ein drahtiger grauhaariger Mann in einem doppelreihigen weißen Apothekerkittel blickte durch dicke Brillengläser auf Rhys hinab.
»Oh, ich …« Rhys wurde schon wieder rot und lockerte seinen Burberry-Schal. Ihm kam es so vor, als wäre die Raumtemperatur schlagartig in die Höhe geklettert. »Ich hab schon gefunden, was ich wollte, vielen Dank.« Schnell nahm er ein rot-schwarzes Päckchen aus dem Regal und machte, dass er wegkam. Er wusste, dass es zu den natürlichsten Sachen der Welt gehörte, Kondome zu kaufen, aber er kam sich trotzdem wie ein Perversling vor.
In einem Gang mit Bliss-Produkten entdeckte er Owens blonden Haarschopf. »Hey.« Mit zusammengekniffenen Augen musterte er die blau-weiße Sonnenmilchflasche in dessen Hand. Bliss Oil-Free Sunban Lotion . »Die ist wirklich gut. Nicht so klebrig«, sagte er mit Kennermiene. Er konnte die öligen, porenverstopfenden Sonnencremes nicht ausstehen und hatte so ungefähr jede Marke ausprobiert, bevor er Bliss entdeckt hatte. Manchmal benutzte er auch Clarins.
»Vielen Dank für den Tipp, Eure Schwulheit. Die ist für Avery .« Owen verdrehte genervt die Augen.
»Ach, sie steht auch auf Bliss?« Vor Rhys’ innerem Auge stieg eine tropisch anmutende Kulisse auf, in der er Avery hingebungsvoll die Schultern eincremte. Hastig verscheuchte er das Bild. Sie war Owens Schwester .
»Was haben wir denn da?«, fragte Owen und nahm Rhys die Kondompackung aus der Hand. »Magnums? Alle Achtung. Dann hast du dir Hughs Sprüche also tatsächlich zu Herzen genommen?«
»Jedenfalls kann es nichts schaden, vorzusorgen.« Rhys zuckte lässig mit den Achseln, obwohl er sich alles andere als lässig fühlte.
»Vollkommen richtig, mein Freund. Und weißt du was? Ich geh mit dir auf Bräutejagd. Wir sollten die Tage nutzen und uns mal so richtig amüsieren. Ich meine, hey – wir sind jung und
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