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Liebe deinen nächsten

Liebe deinen nächsten

Titel: Liebe deinen nächsten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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Toilette
          wasser entdeckt, die das Etikett aus dem Laboratorium seines Vaters trugen.
      »Farr-Toilettewasser!« Kern drehte die Flasche, die der Drogist vom Regal geholt hatte, in der Hand. »Wo haben Sie denn das her?«
      Der Drogist zuckte die Achseln. »Das weiß ich nicht mehr. Es kommt aus Deutschland. Wir haben es schon lange. Wollen Sie die Flasche kaufen?«
      »Nicht nur die eine. Sechs …«
      »Sechs?«
      »Ja, sechs zunächst. Später noch mehr. Ich handle damit. Natürlich muß ich Prozente haben.«
      Der Drogist sah Kern an. »Emigrant?« fragte er.
      Kern stellte die Flasche auf den Ladentisch. »Wissen Sie«, sagte er ärgerlich, »diese Frage langweilt mich allmählich, wenn sie von Zivilisten gestellt wird. Besonders, wenn ich eine Aufenthaltserlaubnis in der Tasche habe. Sagen Sie mir lieber, wieviel Prozent Sie mir geben wollen?«
      »Zehn.«
      »Das ist lächerlich. Wie soll ich da etwas verdienen?«
      »Sie können die Flaschen mit fünfundzwanzig Prozent haben«, sagte der Besitzer des Ladens, der herangekommen war. »Wenn Sie zehn nehmen, sogar mit dreißig. Wir sind froh, wenn wir den alten Kram loswerden.«
      »Alten Kram?« Kern blickte den Mann beleidigt an. »Das ist ein ganz hervorragendes Toilettewasser, wissen Sie das?«
      Der Besitzer des Ladens bohrte sich gleichgültig einen Finger ins Ohr. »Mag sein. Dann sind Sie sicher auch mit zwanzig Prozent zufrieden.«
      »Dreißig ist das mindeste. Das hat doch nichts mit der Qualität zu tun. Sie können mir dreißig Prozent geben, und das Toilettewasser kann trotzdem gut sein, oder nicht?«
      Der Drogist verzog die Lippen. »Alle Toilettewasser sind gleich. Gut sind nur die, für die Reklame gemacht wird. Das ist das ganze Geheimnis.«
      Kern sah ihn an. »Reklame wird für dieses bestimmt nicht mehr gemacht. Danach ist es allerdings sehr schlecht. Dann wären fünfunddreißig Prozent die richtige Provision.«
      »Dreißig«, erwiderte der Besitzer. »Ab und zu wird doch danach gefragt.«
      »Herr Bureck«, sagte der Drogist, »ich glaube, wir können sie ihm mit fünfunddreißig geben, wenn er ein Dutzend nimmt. Der Mann, der ab und zu danach fragt, ist immer derselbe. Er kauf auch nicht; er will uns nur das Rezept verkaufen.«
      »Das Rezept? Lieber Gott, das fehlt uns noch!« Bureck hob abwehrend die Hände.
      »Das Rezept?« Kern horchte auf. »Wer ist denn das, der Ihnen das Rezept verkaufen will?«
      Der Drogist lachte. »Irgend jemand, der behauptet, er hätte früher selbst das Laboratorium gehabt. Natürlich alles Schwindel! Was die Emigranten sich immer so ausdenken!«
      Kern war einen Augenblick atemlos. »Wissen Sie, wo der Mann wohnt?« fragte er.
      Der Drogist zuckte die Achseln. »Ich glaube, wir haben die Adresse irgendwo ’rumliegen. Er hat sie uns ein paarmal gegeben. Warum?«
      »Ich glaube, es ist mein Vater.
      Die beiden starrten Kern an. »lst das wahr?« fragte der Drogist.
      »Ja, ich glaube, daß er es ist. Ich suche ihn schon lange.«
      »Bertha!« rief der Besitzer aufgeregt zu einer Frau hinüber, die an einem Bürotisch im Hintergrund der Drogerie arbeitete. »Haben wir noch die Adresse des Herrn, der uns das Rezept für Toilettewasser verkaufen wollte?«
      »Meinen Sie Herrn Stran oder den alten Quatschkopf, der hier ein paarmal ’rumgestanden hat?« rief die Frau zurück.
      »Verdammt!« Der Besitzer des Ladens sah Kern geniert an. »Entschuldigen Sie!« Er ging rasch nach hinten.
      »Das kommt davon, wenn man mit seinen Angestellten schläf«, erklärte der Drogist hämisch hinter ihm her.
      Der Besitzer kam nach einer Weile schnaufend mit einem Zettel zurück. »Hier haben wir die Adresse. Es ist ein Herr Kern. Siegmund Kern.«
      »Das ist mein Vater.«
      »Tatsächlich?« Der Mann gab Kern den Zettel.
      »Hier ist die Adresse. Er war vor etwa drei Wochen das letztemal hier. Entschuldigen Sie die Bemerkung vorhin. Sie wissen ja …«
      »Es macht gar nichts. Ich möchte nur gern gleich gehen. Ich komme dann nachher zurück wegen der Flaschen.«
      »Natürlich! Das hat ja Zeit!«
      Das Haus, in dem Kerns Vater wohnen sollte, lag in der Tuzarova ulice, in der Nähe der Markthallen. Es war dunkel und muffig und roch nach feuchten Wänden und Kohldunst.
      Kern stieg langsam die Treppen hinauf. Es war sonderbar, aber er hatte etwas Furcht, seinen Vater nach so langer Zeit wiederzusehen

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