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Liebe deinen nächsten

Liebe deinen nächsten

Titel: Liebe deinen nächsten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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illegal ohne Paß Eingereiste schon gar nicht. Nansen ist tot, der uns unsere Pässe durchgesetzt hat.«
      »Vierhundert Schilling«, sagte Steiner. »Ich habe fünfundzwanzig.«
      »Man wird handeln können. Auf dreihundertfünfzig, schätze ich.«
      »Das ist gegen fünfundzwanzig dasselbe. Aber es hilf nichts; ich muß sehen, daß ich das Geld bekomme. Wo ist die ›Hellebarde‹?«
      Der Russe zog einen Zettel aus der Tasche. »Hier ist die Adresse. Auch der Name des Kellners, der die Sache vermittelt. Er ruf die Leute an, wenn Sie ihm Bescheid sagen. Er bekommt fünf Schilling dafür.«
      »Gut. Ich will sehen, wie ich es mache.« Steiner steckte den Zettel sorgfältig weg. »Herzlichen Dank für Ihre Mühe, Tschernikoff!«
      »Aber ich bitte Sie!« Der Russe hob abwehrend die Hand. »Man hilf sich doch, wenn es möglich ist. Man kann ja jeden Tag in dieselbe Lage kommen.«
      »Ja.« Steiner stand auf. »Ich suche mal wieder nach Ihnen hier und sage Ihnen Bescheid.«
      »Gut. Ich bin of um diese Zeit hier. Spiele Schach mit dem süddeutschen Meister. Drüben der Mann mit den Locken. Hätte nie gedacht, das Glück mit einer solchen Autorität in normalen Zeiten zu haben.« Tschernikoff lächelte. »Schach ist eine Leidenschaf von mir …«
      Steiner nickte ihm zu. Dann stieg er über ein paar schlafende junge Leute weg, die mit offenen Mündern an der Wand lagen, und ging zur Tür. Am Tisch des Landgerichtsrats Epstein saß eine gedunsene Jüdin. Sie hielt die Hände gefaltet und starrte Epstein, der salbungsvoll dozierte, an wie einen unzuverlässigen Gott. Vor ihr auf dem Tisch lagen fünfzig Groschen. Epsteins haarige linke Hand lag dicht daneben wie eine große lauernde Spinne.

    DRAUSSEN ATMETE STEINER tief auf. Die weiche Nachtluf erschien ihm wie Wein nach dem toten Rauch und dem grauen Jammer des Cafés. Ich muß da ’raus, dachte er, ich muß ’raus um jeden Preis! Er sah nach der Uhr. Es war schon spät. Er beschloß, trotzdem noch zu versuchen, den Falschspieler zu treffen.
      Die kleine Bar, die der Falschspieler ihm als sein Stammlokal genannt hatte, war fast leer. Nur aufgedonnerte Mädchen hockten wie Papageien an der Nickelstange auf den hohen Stühlen.
      »War Fred hier?« fragte Steiner den Mixer.
      »Fred?« Der Mixer sah ihn scharf an. »Was wollen Sie denn von Fred?«
      »Das Vaterunser mit ihm beten, Bruder. Was sonst?«
      Der Mixer dachte eine Zeitlang nach. »Er ist vor einer Stunde gegangen«, sagte er dann.
      »Kommt er nochmals wieder?«
      »Keine Ahnung.«
      »Schön. Da werde ich warten. Geben Sie mir einen Wodka.«
      Steiner wartete ungefähr eine Stunde. Er überlegte, was er alles
    zu Geld machen könne. Aber er kam nicht höher als auf etwa siebzig Schilling.
      Die Mädchen hatten ihn nur flüchtig gemustert. Sie saßen noch einige Zeit herum, dann stelzten sie hinaus. Der Mixer begann mit einem Knobelbecher vor sich hin zu würfeln. »Wollen wir einen austrudeln?« fragte Steiner.
      »Von mir aus.«
      Sie würfelten und Steiner gewann. Sie spielten weiter. Steiner warf zweimal nacheinander in zwei Würfen vier Asse. »Mit Assen scheine ich Glück zu haben«, sagte er.
      »Sie haben überhaupt Glück«, erwiderte der Mixer. »Was sind Sie astrologisch?«
      »Das weiß ich nicht.«
      »Sie scheinen ein Löwe zu sein. Mindestens haben Sie die Sonne im Löwen. Ich verstehe ein bißchen davon. Letzte Runde, was? Fred kommt doch nicht mehr. Er ist noch nie um diese Zeit gekommen. Braucht Schlaf und ruhige Hände.«
      Sie knobelten, und Steiner gewann wieder. »Sehen Sie«, sagte der Mixer befriedigt und schob ihm fünf Schilling hinüber, »Sie sind bestimmt ein Löwe. Mit starkem Neptun, denke ich. In welchem Monat sind Sie geboren?«
      »August.«
      »Dann sind Sie ein typischer Löwe. Glänzende Chancen dieses Jahr!«
      »Dafür nehme ich einen ganzen Urwald voll Löwen auf mich.« Steiner trank sein Glas aus. »Wollen Sie Fred sagen, daß ich hier war? Steiner hätte nach ihm gefragt. Ich komme morgen wieder vorbei.«
      »Schön.«
      Steiner ging zur Pension zurück. Der Weg war lang, und die Straßen waren leer. Der Himmel hing voller Sterne, und über die Mauern kam ab und zu der schwere Geruch blühenden Flieders. Mein Gort, Marie, dachte er, es kann doch nicht ewig dauern …

    Kern stand in einer Drogerie in der Nähe des Wenzelplat
    zes. Er hatte im Schaufenster ein paar Flaschen

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