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Liebe die bleibt

Liebe die bleibt

Titel: Liebe die bleibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Sanders
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Teenager, alberten herum . Manchmal ließ ich mich einfach absichtlich aufs Eis fallen, nur damit ich seine Hilfe in Anspruch nehmen konnte. Dann spürte ich seine Kraft, seine Wärme, in der etwas Beschützendes schlummerte. Aber die meiste Zeit schlitterten wir Hand in Hand über die Eisbahn. So selbstverständlich, als wären wir ein Paar. Augustin passte sich meinem Schneckentempo an, korrigierte meine Körperhaltung und forderte mich zu kleinen Geschicklichkeitsübungen heraus. Mit ausgebreiteten Armen, stand er einige Meter von mir entfernt und ermunterte mich, freihändig auf ihn zuzulaufen. Ich kam mir vor wie ein Kind, das das Laufen erlernt. Dabei vergrößerte er den Abstand, indem er sich geschmeidig mit seinen Kufen rückwärts bewegte.
    „Komm zu mir… komm“, lockte er mich an.
    Nichts lieber als das, dachte ich und schlitterte halsbrecherisch dem verlockenden Ziel entgegen.
    „Was bekomme ich dafür… ich meine, wenn ich es schaffe?“
    „Dann darfst du dir was wünschen!“, lockte er weiter, während er sich wieder ein kleines Stück von mir entfernte.
    Ein bisschen kam ich mir vor wie ein Hund, dem eine Wurst vorgehalten wird.
    „Einen Kuss…“, rief ich gedankenlos, während sich meine Beine beinahe überschlugen. Dann endlich wich er nicht mehr zurück, blieb plötzlich stehen und ich landete wohlbehalten in seinen Armen.
    „Na, geht doch!“, jubelte er , presste sich fest an mich, hob mich etwas hoch, so dass meine Schlittschuhe nicht mehr die Eisfläche berührten und drehte sich mit mir im Kreis. Und ich lachte unbeschwert und laut, ein Jauchzen, das mir die Freudentränen in die Augen trieb und sich beinahe anhörte wie ein freudiges Weinen. Als ich wieder das Eis unter meinen Kufen spürte, hielt er mich immer noch fest in seinen Armen, blickte mir in die Augen, berührte mein Kinn und küsste mich zärtlich auf den Mund. Ganz kurz nur, aber lang genug, um von der Vollendung zu träumen.
    Anschließend lud er mich auf ein Glas Glühwein ein. Augustin entpuppte sich als blendender Unterhalter. Er wirkte aufmerksam, mitfühlend, neugierig und – zu meinem Erstaunen – vertrauensselig. So erzählte auch ich ihm von der Tragödie meiner Eltern. Während ich erzählte, nahm er meine Hand und hörte mir zu. Er unterließ es, mich mit belanglosen Floskeln zu trösten, sondern schwieg. Es tat mir gut, darüber zu reden und anschließend von jemandem in den Arm genommen zu werden. Fast kam ich mir vor, als würde ich mit meiner besten Freundin am Tisch sitzen. Noch nie war mir ein Mann über den Weg gelaufen, mit dem ich mich so ausgelassen, ehrlich, aber auch ernsthaft unterhalten konnte. Er war meinen Männer-Erfahrungen ganz fremd, schien mir im weitesten Sinne fast unmännlich.
    V ielleicht war er ja gar kein richtiger Mann, dachte ich verzagt. Vielleicht war er ja eine Frau, die in einem männlichen Körper lebte. Nein, das kann nicht sein. Seine Hände sind groß und kräftig, seine Stimme ist tief, sein Oberkörper durchtrainiert, auch wenn er einen dicken Rollkragenpullover trägt, so kann ich doch seine kräftigen Oberarme erkennen. Dumme, dumme Leila! Das ist ein Mann. Ein richtiger Kerl. Mit schönen langen Haaren, von denen du nur träumen kannst, und einer großen Nase, die du nicht haben möchtest und tiefgründigen Augen, die dich aufmerksam studieren. Glaub an das, was du siehst, und sei dankbar für das, was dir heute widerfahren ist. Auch wenn du ihn nie wieder sehen solltest, so war diese Begegnung ein Glücksfall, der dein trostloses Dasein bereichert hat.
    Eine blecherne Stimme tönte durch die Halle und riss mich aus meinen Gedanken. Die Mikrofonstimme bedankte sich fürs Kommen und bat alle Besucher, die Eishalle zu verlassen. Die Lautsprechermusik erlosch, die Lichter wurden auf ein Minimum reduziert. Ein freundlicher Rauswurf, der mich ängstlich stimmte. Wie geht es jetzt weiter? Verabschiedet er sich jetzt von mir und ich sehe ihn nie wieder?
    So zog ich den Aufbruch in die Länge, stellte mich extra ungeschickt beim Anziehen meiner Jacke an und tat so, als wäre mir der Glühwein zu Kopf gestiegen. So musste er mir behilflich sein, mich in den Arm nehmen, damit ich nicht falle. Ihm blieb nichts anderes übrig, alles andere wäre glattweg unterlassene Hilfeleistung. Ich war mir doch nicht sicher, ob er es auch sonst getan hätte.
    Jetzt bloß keine Risiken eingehen, nimm mit, was du noch kriegen kannst, dachte ich. Berühre seinen Körper, folge seinen

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