Liebe, fertig, los!: Roman (German Edition)
Fingerspitzen über die Male auf ihrem Rücken. Doch bevor er die Reizung ihrer Haut mit seiner Berührung lindern konnte, ließ er die Hand sinken. »Wenn ich wollte«, murmelte er, verließ das Zimmer und schloss mit Nachdruck die Tür hinter sich.
Als er wieder ins Wohnzimmer kam, spürte er Ernies forschenden Blick auf sich. John schnappte sich sein Bier vom Tisch, setzte sich dem alten Sessel seines Großvaters gegenüber aufs Sofa und wartete darauf, dass Ernie anfing, ihn mit Fragen zu bombardieren. Er musste nicht lange warten.
»Wo hast du die denn aufgegabelt?«
»Das ist eine lange Geschichte«, antwortete er und schilderte ihm die Situation, ohne etwas auszulassen.
»Gütiger Himmel, hast du den Verstand verloren?« Ernie beugte sich vor und kippte dabei fast vom Sessel. »Was glaubst du, wie Virgil reagiert? Nach allem, was du mir erzählt hast, ist er nicht gerade der versöhnliche Typ, und du hast ihm praktisch die Braut ausgespannt.«
»Ich hab sie ihm nicht ausgespannt.« John legte die Füße auf den Couchtisch und sank tiefer in die Sofakissen. »Sie hatte ihm schon den Laufpass gegeben.«
»Klar.« Ernie verschränkte die Arme vor seiner schmächtigen
Brust und sah John böse an. »Am Altar. So was vergisst und vergibt ein Mann nicht so leicht.«
John stützte sich mit den Ellbogen auf die Oberschenkel und hob die Flasche an seine Lippen. »Er wird es nicht rausfinden«, murmelte er und trank einen langen Schluck.
»Das kannst du nur hoffen. Wir haben zu verdammt hart gearbeitet, um so weit zu kommen«, erinnerte er seinen Enkel.
»Ich weiß«, erwiderte John, obwohl man ihn daran nicht erinnern musste. Einen Großteil seines heutigen Status’ hatte er seinem Großvater zu verdanken. Nach dem Tod von Johns Vater waren er und seine Mutter direkt ins Nachbarhaus zu Ernie gezogen. Jeden Winter hatte Ernie seinen Garten unter Wasser gesetzt, damit John dort Schlittschuh laufen konnte. Es war Ernie gewesen, der mit John auf der Eisfläche trainiert hatte, bis sie beide völlig durchgefroren waren. Es war Ernie gewesen, der ihm das Eishockeyspielen beigebracht hatte, ihn zu den Spielen gefahren hatte und dageblieben war, um ihn anzufeuern. Es war Ernie, der alles zusammenhielt, wenn es im Leben echt scheiße lief.
»Willst du es ihr besorgen ?«
Überrascht schaute John seinen runzligen Großvater an. »Was?«
»Sagt ihr jungen Kerle das nicht heutzutage?«
»Himmel, Ernie«, gab er zurück, obwohl er eigentlich nicht schockiert war. »Nein, ich will es ihr nicht besorgen .«
»Das will ich auch schwer hoffen.« Er kreuzte einen rissigen, schwieligen Fuß über den anderen. »Aber wenn Virgil rausfindet, dass sie hier ist, wird er es sowieso glauben.«
»Sie ist nicht mein Typ.«
»Klar ist sie das«, widersprach Ernie. »Sie erinnert mich an diese Stripperin, mit der du vor einer Weile zusammen warst, Kakao LaBello.«
John warf einen verstohlenen Blick in den Flur und stellte dankbar fest, dass er leer war. »Sie hieß Cocoa LaBelle, und ich war nicht mit ihr zusammen .« Er schaute wieder zu seinem Großvater und runzelte die Stirn. Auch wenn Ernie es nie laut aussprach, hatte John das Gefühl, dass sein Großvater seine Lebensweise nicht billigte. »Ich hab nicht damit gerechnet, dass du hier bist«, sagte er, um das Thema zu wechseln.
»Wo sollte ich sonst sein?«
»Zu Hause.«
»Morgen ist der Sechste.«
John wandte den Blick zu dem riesigen Fenster, das zum Ozean hinausging. Er beobachtete, wie ein paar weiß gekrönte Wellen anschwollen und in sich zusammenstürzten. »Ich brauch dich nicht zum Händchenhalten.«
»Ich weiß, aber ich dachte, du könntest einen Saufkumpan gebrauchen.«
John schloss die Augen. »Ich will nicht über Linda reden.«
»Das müssen wir auch nicht. Aber deine Mama macht sich Sorgen um dich. Du solltest sie öfter anrufen.«
John kratzte mit dem Daumennagel an dem Etikett, das auf der Bierflasche klebte. »Ja, sollte ich wohl«, stimmte er zu, obwohl er genau wusste, dass er es nicht tun würde. Seine Mutter würde ihn bloß wegen seiner Trinkerei ausschimpfen und ihm vorhalten, dass er sich selbst zugrunde richtete. Da er wusste, dass sie damit nicht so unrecht hatte, konnte er echt darauf verzichten. »Als ich vorhin durch die Stadt gefahren bin, hab ich Dickie Marks aus deiner Lieblingsbar kommen sehen«, verkündete er, um erneut das Thema zu wechseln.
»Ich hab ihn vorhin getroffen.« Ernie hievte sich mühsam aus dem Sessel, was John
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