Liebe im Gepäck (German Edition)
weiteres Wort aus der Wohnung zu werfen. Doch nein, das wäre nicht der richtige Weg. Wenn sie schon so viel wusste, dann wollte sie alles wissen.
»Wie stehen Sie zu Herrn Gerstenberg? Kennen Sie ihn gut?« Sie wunderte sich selbst, wie kühl und unbeteiligt ihre Stimme klang. Nichts zeugte vom Aufruhrund der Verunsicherung, die sie empfand. Noch merkte man ihren Worten den Schmerz nicht an.
Franziska strahlte wieder, und dieses Leuchten in ihren Augen ließ sie noch hübscher erscheinen als bei ihrer Ankunft.
»Sie scheint nicht viel jünger zu sein als ich«, dachte Gitte, »aber sie wirkt so lebendig, so fröhlich, so voller Leben. Kein Wunder, dass sie es Matthias angetan hat.«
»Ich möchte hier keine Geheimnisse ausplaudern«, sagte Franziska, »aber Herr Gerstenberg und ich, wir lieben uns.«
So. Jetzt hatte sie es. Jetzt hatte sie gehört, was sie nie hatte hören wollen. Und was sie doch selbst herausgefordert hatte. »Ich darf Sie bitten zu gehen.« Gittes Stimme klang noch um eine Nuance kühler als vorhin.
Franziska war fassungslos: »Aber warum? Nein, ich möchte hier bleiben, ich möchte Mat überraschen, wenn er am Abend nach Hause kommt. Wie lange arbeitet er gewöhnlich in der Agentur?« Sie hatte Gittes Worte nicht ernst genommen. Warum sollte die Haushälterin sie auch aus der Wohnung werfen? Es war seltsam genug, dass sie so versteinert auf dem Schreibtischstuhl saß, als habe sie gerade eine Schreckensnachricht erhalten.
Nicht, dass sie sich sehr für deren Gefühle interessierte. Vielmehr interessierte sie das Foto, das auf dem Schreibtisch stand. Es zeigte Matthias und noch einen anderen Mann, der eine gewisse Ähnlichkeit mit ihm aufwies. Doch während Matthias glatt rasiert war und seine Haare so kurz geschnitten trug, wie sie ihn kannteund liebte, hatte der andere Mann langes Haar und einen sehr seltsamen Bart am Kinn. Sie war sich sicher, dass sie diesen anderen Mann noch nie getroffen hatte, und wunderte sich, dass er ihr dennoch vage vertraut vorkam. Daneben lag noch ein Foto. Und ein leerer Bilderrahmen. Es schien, als hätte jemand das Bild rahmen wollen, wäre aber noch nicht dazu gekommen. Und das, was sie auf diesem Bild sah, ließ Franziska innehalten. Das war ohne Zweifel Matthias. Und das war dieser zärtliche, liebevolle Blick, den sie kannte. Und da war noch jemand auf diesem Foto, eine Person, der dieser Blick galt. Und diese Person war niemand anderes als diese Haushälterin, die ihr nun, immer noch schweigend, gegenübersaß. »Sind Sie das?«
Die Haushälterin nickte.
Da fiel es Franziska wie Schuppen von den Augen: Ja natürlich, kein Wunder, dass diese Frau so entgeistert war. Es lag daran, dass Franziska sie für die Haushälterin gehalten hatte. Natürlich war das Mats Frau! Er hatte doch oft von ihr gesprochen. Er hatte doch gesagt, dass sie getrennt lebten. Er wollte die Scheidung in die Wege leiten, während sie in Peking war. Seltsam, dass die Frau dann noch immer da war und seine Polos bügelte. Geschiedene Frauen bügelten normalerweise nicht für ihre Exmänner. Und geschiedene Männer sahen ihre Exfrauen auch nicht mit einem so liebevollen Blick an, wie Matthias es auf diesem Bild tat.
»Oh Entschuldigung«, sagte Franziska, »es tut mir Leid, dass ich Sie als Haushälterin angesprochen habe, Sie müssen Matthias’ Frau sein.«
Gitte nickte überrascht. »Er hat Ihnen von mir erzählt?«
Franziska, noch viel zu gefangen in ihrem Glück, viel zu tief verstrickt in ihre Vorfreude auf den geliebten Mann, nahm nicht wahr, wie es ihrem Gegenüber ging. Sie ließ sich von dem gelassenen Auftreten täuschen und sagte frei heraus: »Natürlich, warum hätte er Sie mir verschweigen sollen? Ich bin nicht so dumm, dass ich auf eine geschiedene Frau eifersüchtig wäre, wenn Sie das meinen.«
»Geschiedene Frau?« Gitte war nahe daran, ihre äußere Gelassenheit zu verlieren. Doch noch war ihr nicht klar, ob sie in hysterisches Lachen oder in Tränen ausbrechen sollte. Weinen, vor dieser fremden Frau, die aus heiterem Himmel auftauchte und ihre heile Welt zerstörte? Nein, das wollte sie keineswegs.
Franziska bemerkte das Erstaunen der Frau: »Ach, Sie sind noch gar nicht geschieden? Ich habe mir ohnehin gedacht, dass das nicht so schnell geht. Mat war so zuversichtlich, dass die Scheidung schon über die Bühne sein würde, wenn ich zurückkomme. Wann ist denn der Termin?«
Gitte erhob sich schwerfällig. Es kam ihr so vor, als sei sie in der letzten
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