Liebe im Gepäck (German Edition)
sollten wir schlafen gehen. Ich nehme an, du schläfst heute hier.«
Matthias nickte. »Wenn du ein Gästebett frei hast.«
Harry machte eine weit ausholende Geste: »Jede Menge«, sagte er. »Seltsam, keine SMS von Franziska. Na ja, vielleicht wurde sie ja von den Chinesen zu einem Abschiedsessen eingeladen und ist nicht dazu gekommen, mir zu schreiben.« Er versuchte, sich seine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Schnell tippte er eine liebevolle Grußbotschaft in die Tasten, und dann, eine Stunde später, kurz bevor er das Licht löschte, noch eine zweite.
Am nächsten Tag wartete Harry vergebens auf eine Nachricht aus China. Und am übernächsten Tag auch.
Franziska musste ihr Handy verloren haben. Das war die einzig logische Erklärung.
Und dann war es endlich so weit! Harry saß voller Aufregung in der VIP-Lounge des Flughafens, Champagner stand bereit, ein wahres Kerzenmeer tauchte den Raum in romantisches Licht. Wieder und wieder ließ er seine Finger über die Tasten des Flügels gleiten. Seine Anspannung war kaum noch zu ertragen.
Gleich würde sie ihm gegenüberstehen, gleich würden sie sich in die Arme fallen, er würde ihr hübsches Gesicht wiedersehen, er würde ihren Duft einatmen. Er würde mit ihr das Leben beginnen, das er sich so viele Jahre gewünscht hatte.
Jetzt war die Maschine gelandet. Jetzt würden die Passagiere sich erheben, ihr Handgepäck aus den Fächern nehmen. Kontrollieren, ob sie nichts in der Ablage vergessen hatten. Jetzt wahrscheinlich würde die Stewardess an Franziska herantreten und sie bitten, in der wartenden Limousine Platz zu nehmen, statt in den Flughafenbus zu steigen. Jetzt war sie wahrscheinlich schon auf dem Weg zu ihm.
Hörte er da Schritte, kam sie näher?
Rasch wischte er seine schweißnassen Hände an der Hose ab. Er konnte sich nicht erinnern, jemals so aufgeregt gewesen zu sein. Außer vielleicht als Kind vor einer Prüfung oder als er das erste Mal mit seinem nagelneuen, sündhaft teuren Cabriolet gefahren war.
Die Tür wurde geöffnet, und Harry wagte kaum, sich umzudrehen. Und dann tat er es doch und ging mit großenSchritten auf den Mann zu, der dort mit um Entschuldigung heischendem Lächeln stand.
»Frau Querulin war nicht in der Maschine, Herr Seeberstein. Soweit wir in Erfahrung bringen konnten, ist sie bereits vor zwei Tagen wieder in Deutschland angekommen. Kann ich sonst noch etwas für Sie tun, Herr Seeberstein? Soll ich jetzt den Champagner öffnen?«
XXI
Franziska lag auf ihrer bequemen Liege und blickte gedankenvoll auf den weiten blauen See, der sich vor ihr erstreckte. Ein Schwanenpaar mit drei kleinen, noch grauen Schwänen zog elegant vorüber. Gegenüber, am anderen Ufer des Sees, die weiße Kirche von St. Wolfgang, das berühmte Hotel »Weißes Rößl« und die vielen bunten Häuser des bekannten Ferienortes. Darüber ein wolkenloser, strahlend blauer Himmel wie aus dem Bilderbuch.
Auf der Liege neben ihr lag Marie und schlief. Es war Vaters Idee gewesen, dass sie verreisen sollte, kaum zwei Tage nach ihrer Ankunft in Deutschland. Sie hatte ihm alles haargenau erzählt. Wie sie Mat kennen gelernt hatte, wie in den Tagen in Peking ihre Liebe langsam, aber stetig gewachsen war. Wie sie beschlossen hatten, zusammenzubleiben.
Mit ihrer Mutter hatte sie nicht viele Worte gewechselt. Sie hatte keine Lust auf weitere Vorwürfe. Für Sieglinde Maria Querulin war es allein Franziskas Schuld, dass die Verlobung mit dem Traumschwiegersohn Bertrand de Valleau geplatzt war. Er hatte sie sicher nur unterstützen wollen. Ihr den Rücken freihalten für private Pflichten. Ihr Lasten abnehmen, damit sie sich voll und ganz auf ihre Rolle als Frau und künftige Mutter konzentrieren konnte. Wie konnte Franziska da nur sokleinlich sein und ihm Verrat vorwerfen? Verrat – was für ein großes Wort für einen ganz normalen Koffer.
Nein, mit ihrer Mutter war nicht zu reden. Wie sollte diese ihren Freundinnen erklären, dass der traumhafte, der reiche, der allerbeste Schwiegersohn in spe, um den sie die Damen des Bridgeclubs beneidet hatten, so sang- und klanglos abhanden gekommen war? Zum Glück war die Golfsaison wieder in vollem Gange und Frau Querulin selten zu Hause. So hatte Franziska ihren Vater für sich allein.
All die Werbeaktionen, die Matthias Gerstenberg in der Zwischenzeit für den Quoffer entworfen hatte, hatten sie nur am Rande interessiert. »Mach du nur, Vater«, hatte sie gesagt, als er ihr die Entwürfe präsentieren
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