Liebe im Gepäck (German Edition)
Viertelstunde um Jahre gealtert. Wie kam diese Frau dazu, so in ihr Leben zu platzen? Scheidungstermin. Hatte die noch alle Tassen im Schrank? Sie hatte nicht im Geringsten die Absicht, sich von Matthias scheiden zu lassen. Aber es war höchst interessant zu erfahren, dass er sich anscheinend mit der Absicht trug.
Nun war es Franziska, die fassungslos war. Das Lächeln war aus ihrem Gesicht gewichen. »Sie wissen nichts von einem Termin?«, fragte sie. »Wo ist Matthias? Wann kommt er? Ich finde es höchst verwunderlich,dass noch kein Scheidungstermin festgelegt ist, wo Sie sich doch einig sind, sich scheiden zu lassen.«
»Wir sind uns keinesfalls darüber einig, uns scheiden zu lassen. Bisher war Scheidung bei uns noch nie ein Thema.«
»Noch nie ein Thema? Das kann ich nicht glauben. Ich kann doch nicht glauben, dass er mich so belogen hat. Worüber spricht er dann die ganze Zeit? Sie haben sich doch auseinander gelebt! Haben Sie sich nicht auseinander gelebt?«
»Einem Mann, mit dem ich mich auseinander gelebt habe, bügle ich nicht die Hemden.« Gittes Stimme klang bitter. »Und überhaupt möchte ich Sie in Kenntnis setzen, dass mich mein Mann liebt. Mich und nur mich. Und jetzt können Sie gehen und das Weite suchen. Verschwinden dorthin, wo der Pfeffer wächst. Ich rate Ihnen dringend: Lassen Sie meinen Mann in Ruhe! Ich habe nicht die geringste Lust, mir all das zerstören zu lassen, was seit sieben Jahren mein Leben bedeutet!« Sie packte Franziska unsanft an der Schulter, um sie aus der Wohnung zu drängen.
Franziska stemmte sich dagegen. Eines musste sie noch wissen! Sie nahm das Foto vom Schreibtisch, das Matthias und seine Frau in trauter Zweisamkeit zeigte. Die Blicke, die sie wechselten, waren so voller Liebe, dass jedem Betrachter warm ums Herz werden musste. »Wann wurde dieses Bild aufgenommen?«
»Vorige Woche«, sagte Gitte, »wir feierten unseren fünften Hochzeitstag.«
Franziska machte auf der Stelle kehrt: »Entschuldigen Sie bitte. Ich habe mich sicherlich im Haus geirrt. Es ist ein ganz anderer Matthias, den ich lieben gelernthabe. Er hat keine Ähnlichkeit mit Ihrem Mann. Es tut mir Leid.« Sie schnappte ihren schweren Koffer und schleppte ihn zur Tür.
Als sie mit ihrem Handy ein Taxi rief, rannen die Tränen in Strömen über ihre Wangen. Aus. Ende. Vorbei. Ende einer Liebe, die in der Heimat nicht im Geringsten dem standhielt, was sie in der Ferne versprochen hatte.
Sie wollte nach Hause. In ihr Jugendzimmer, unter die tröstenden Fittiche ihres Vaters.
XX
Es war so gegen drei Uhr früh, als Harry aus dem Tonstudio nach Hause kam. Er war müde, fix und fertig, doch die CD war im Kasten. Noch nie hatte er in so kurzer Zeit so viele Lieder eingespielt. Noch nie war er mit so viel Elan, mit so viel Liebe bei der Sache gewesen. Mit so viel Liebe! War es ein Wunder, dass er die schönsten Liebeslieder seiner Karriere schrieb, wenn er selbst bis über beide Ohren verliebt war? Nur noch zwei Tage, dann würde er am Flughafen stehen und die Frau seines Lebens in die Arme schließen.
Wie viele Gedanken hatte er sich gemacht, wie dieses Wiedersehen stattfinden sollte! Er hatte die VIP-Lounge des Flughafens reservieren lassen. Man würde sie direkt vom Flugzeug abholen und zu ihm bringen. Ob das Eindruck auf sie machte? Wahrscheinlich nicht. Aber überrascht würde sie doch sein. Und wie überrascht erst, ihn dann zu sehen. Und dann war endlich der Augenblick gekommen, in dem er ihr die Wahrheit gestehen wollte. Er konnte nicht weiter Mat Gerstenberg bleiben. Es war höchste Zeit, dass sie wusste, wen sie liebte. Sie liebte Seeberstein. Nein, das war falsch, sie liebte nicht Seeberstein. Seeberstein war eine Kunstfigur. Eine Kunstfigur, die er kreiert hatte, um damit auf der Bühne zu stehen, um Lieder zu singen, die die Menge begeisterten. Um für viele Frauen ein Zielobjektihrer verborgenen Wünsche und geheimen Sehnsüchte zu sein. Franziska liebte Harry Schlamm. Harry Schlamm war ein anderer. Nicht so strahlend wie Seeberstein, nicht so unangreifbar, so ewig lässig, so glanzvoll. Harry Schlamm war der Mensch hinter der Maske Seeberstein. Und diesen Menschen würde sie in zwei Tagen wiedertreffen.
Während all der Wochen, die sie nun getrennt waren, war er oftmals nahe daran gewesen, ihr die Wahrheit zu schreiben. Viele Male hatte er dazu angesetzt, die getippten Worte aber dann doch wieder gelöscht. So eine wichtige Nachricht verkündete man nicht per SMS oder E-Mail. Das war
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