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Liebe im Schnee

Liebe im Schnee

Titel: Liebe im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. Fischer-Fabian
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Weiter trällerte er die Strophe nicht, weil ihm einfiel, wie die weiterging. Nämlich: »Dees müßt ja grad sei, wia wenn ma Lebkuchen fraß und mit’n Arsch in an Honighaferl saß.«
    Der Florian war heute ein ganz ein anderer. Wie er selbst gesagt hätte. Er redete nicht viel. Er war einfach nur da. Auf eine verteufelt sympathische Art. Gar nicht so wie einer, der eine »Sammlung« besaß. Wie dieser Fotograf sich ausgedrückt hatte. Kirsten beobachtete ihn verstohlen von der Seite her.
    Von der Bergstation fuhren sie mit einem Schlepplift noch ein paar hundert Meter höher. Dann stiegen sie noch ein paar tausend Schritt mit den Skiern an den Füßen. Oben auf dem winzigen Plateau griff der Wind nach ihnen und zerrte an ihren Anoraks.
    Der Florian hob den rechten Skistock und brüllte: »Das ist die Rotwand. Und daneben die Reiterspitze, da san im Sommer Millionen Enzian. Da drüben ist die Lärchenhütten, die alte hat im letzten Jahr a Lawine g’f ressen. Ganz hint die Zillertaler Alpen. Und auf der linken Seite das Berghotel Edelweiß, dees schaut scho’ von hier nobel aus.«
    Er zählte noch ein Dutzend Gipfel, Hörner, Ecks, Kare, Spitzen und Kogel auf. Kirsten verstand kein Wort bei dem Sturm. Was nichts schadete, denn sie hätte sowieso nichts davon behalten. Namen waren nicht ihre Stärke.
    »Auf geht’s!« sagte der Florian plötzlich. Er schob seine Abfahrtsbrille zurecht, zog die rote Teufelsmütze über die Ohren und sah aus wie ein Marsbewohner. »Alleweil in meiner Spur bleiben, Madl, und hab’ koa Angst net!« schrie der Marsmensch.
    Er wippte leicht mit den Fersen die Skienden nach oben und stürzte sich über den Rand des Steilhanges. Als Kirsten ihm folgte, setzte ihr das Herz für den Bruchteil einer Sekunde aus: jäh ging es in die Tiefe. Sie vermieden die Piste und schwangen durch den Tief schnee. Pulvrig war er, und der Wind wirbelte ihn bei jedem ihrer Schwünge empor. Sie glitten durch weiße Wolken, schwerelos, in höchster Glückseligkeit, im Rhythmus des Schwunges, durch Mulden und über Buckel, durch Kanonenrohre und über Idealhänge, die Skier rauschten, wenn sie den tiefen Schnee durchschnitten und ratterten auf den beinharten Waschbrettern, sie nahmen die Stöcke unter den Arm, duckten sich tief, Schuß und Schuß und Schuß, hinauf den Gegenhang, links eingeschwungen und den tief ausgefahrenen Stockerhang hinab, »Hepp!« und »Hepp!« und »Hepp!« rief der Flori, der mit rasantem Stockeinsatz um die Buckel sprang, und »Hepp!« rief auch Kirsten, sie verkantete die Skier für eine Zehntelsekunde, der Schwung riß sie in die Rücklage, sie versuchte eine Korrektur, die Bretter glitten ihr weg, »Fallenlassen!« schrie der Flori, das tat Kirsten dann auch: sie fiel auf den Meister, und gemeinsam fielen sie noch ein Stückchen weiter.
    Sie lagen im Schnee und hatten das Gefühl, als besäßen sie acht Beine und mindestens drei paar Skier.
    »So hab’ i’s net g’moant«, sagte der Florian und spuckte den Schnee aus dem Mund, »mit dem Fallenlassen«.
    Kirsten sagte gar nichts. Sie lag auf dem Rücken und lachte. Ihr linker Ski zeigte steil nach oben, der rechte bildete mit Florians Hölzern ein unlösbares Verhau. Immer wenn er aufstehen wollte, zog es ihn zu ihr zurück. Nach dem vierten Versuch gab er es auf. Und weil er gerade so günstig zu liegen gekommen war, gab er Kirsten einen Kuß.
    Er schaute Kirsten in die Augen und sagte: »Schneewittchen!«
    Und Kirsten sagte: »Die hatte schwarze Haare.« Dann küßte sie ihn, sie sah mit großen Augen an ihm vorbei in den Himmel und dachte: so ist es also, wenn man glücklich ist.

    Himmelsjoch lag 1400 Meter über dem Meeresspiegel. Eine stattliche Höhe. Die Einheimischen waren stolz darauf.
    Die ersten Skigäste, die nach Himmelsjoch kamen, auch. Die nächsten ebenfalls noch. Dann begann die Meckerei. Über die zu niedrige Höhe.
    Denn inzwischen war es modern geworden, im Winter hoch zu verreisen. Mit der Schneesicherheit hatte das gar nichts zu tun. Sondern mit etwas, was die Psychologen »Sozialprestige« nannten. Man darf aber auch Angabe dazu sagen.
    Selbst wenn man Herzklopfen bekam, Atemnot und Kniezittern, keinen Appetit mehr hatte und nachts im Bett sich schlaflos wälzte, es half nichts, die Devise hieß: höher hinauf!
    »Wie hoch liegt das Kaff eigentlich, wo Sie da immer Ski laufen?« fragte Schulze beiläufig im Büro.
    »Vierzehnhundert«, meinte Meyer beklommen.
    »So, so, vierzehn«, sagte Schulze und in

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