Liebe im Schnee
Schikanen.«
»Das hätte ihr bestimmt Lust bereitet.«
»Im Vertrauen, Fräulein Hendricksen«, der Konsul strich nachdenklich über seinen wohlgepflegten englischen Schnurrbart, »es sollte nicht nur ein Skiurlaub werden, eher so eine Art, na sagen wir, Versöhnungsfest. Meine Tochter war doch mit Herrn Kiekebusch verlobt, ist ein bißchen unglücklich verlaufen, die Geschichte, na das wissen Sie ja, die Kirsten hat eben zuviel Temperament, aber im Grunde...«
»Im Grunde was?«
»Im Grunde liebt sie ihren Jan heiß und innig.«
»Sie glauben dies?« fragte Trine und hätte am liebsten laut losgeheult.
»Davon bin ich überzeugt. Denn, wissen Sie, der Kiekebusch, ja zum Donnerwetter, Sie wollten mir doch erzählen, was mit dem überhaupt los ist?!«
»Rischtisch«, sagte Trine. Sie gab einen detaillierten Bericht. Über Sessellifte im allgemeinen und ihre Tücken im besonderen. Über Jan Kiekebuschs kühnes Wagnis, über seine Errettung, Bergung und ärztliche Versorgung.
Der Konsul hatte ihr verblüfft zugehört. Er hatte die Augenbrauen hochgeschoben, die Backen aufgeblasen, zum Schluß schlug er sich lachend mit der Faust auf das Knie.
»Nein«, brüllte er los, »das ist doch..., das kann doch gar nicht ..., also wenn ich das meiner Frau erzähle, ihr geliebter Schwiegersohn, und als Hochseilartist, ogottogottogott!« Er zog sein Taschentuch heraus und wischte sich die Tränen aus den Augen.
Warum lacht er soviel, dachte Trine beleidigt, es ist nicht lächerlich, wenn ein Mann für eine Frau sein Leben wagt, man darf nicht lachen, wenn Jani sich das Unterbein bricht. Gar nicht mehr so nett fand sie Papa Bremer, wie sie ihn bereits getauft hatte.
»Isch denke, Herr Kiekebusch ist ihre rechte Hand.«
Nun war es ganz aus mit dem Konsul. »Das ist ja das Komische«, keuchte er, »er ist meine rechte Hand und bricht sich das rechte Bein.«
Es ist das Reizklima, dachte Trine beunruhigt, die dünne, dünne Luft.
Es war halb zehn Uhr und die Bar des Hotels »Zur Sonne« knüppeldickevoll. Kirsten arbeitete wie eine Schlafwandlerin.
»Zwei Tiroler! — Vier Birnengeist! — Ein Viertele Glühwein! — Drei Grog!«
Nun ist alles aus, darüber bist du dir doch hoffentlich im klaren, Kirsten, dachte Kirsten, für so blöd brauchst du deinen Vater nicht zu halten, daß er sein eigen Blut nicht erkennt, da kannst du dir einen Taucherhelm auf setzen, und er wird sofort zu dir sagen: Hoppla, Kirsten, wie geht’s denn so?
Hoppla, jetzt hatte sie die Grogs mit heißem Birnengeist aufgebrüht, statt mit Wasser. Für wen waren denn die, ach so, für die Holländer im Bauernstübchen, na die konnten was ab, würden die gar nicht merken.
»Fräulein Kiki?« Der Ober stand vor ihr. »Die Frau Klötzel sagt, ihr Weißwein schmeckt nach Enzian.«
»Sagen Sie ihr, das hat die Sorte so an sich.«
So, nun wollen wir uns erst mal einen Höllengeist genehmigen. Prost, Kirsten! Hm, machte der schön warm im Magen. Noch einen, bitteschön, kein Mensch kann auf einem Bein stehen. Und nach uns die Sintflut, versteht sich.
»Acht Höllenwasser. Für den Engländertisch.«
Zwei Teile Wodka, einen Teil Rum und ein Schuß Sodawasser. Blödsinn, was sollte das Sodawasser. Sei nicht kleinlich, Kirsten, der Schuß darf auch aus Sekt bestehen. Happy birthday to you, sangen die Engländer schon, na also, Geburtstag haben sie auch noch, ein Spritzerchen Calvados dazu und ab damit.
»Drei mit der Pflaume! — Vier Espressos!«
Espresso, wer trinkt am frühen Abend Kaffee, Kognak muß da rein, gluck-gluck-gluck-gluck machte der Flaschengießer. Wohl bekomm’s euch! Der Florian läßt sich ja heute gar nicht sehen, die Klötzel dreht jedesmal den toupierten Kopf, wenn die Tür geht. Besser, er kommt nicht. Na, ist ja auch egal. Einer würde bestimmt kommen, und der würde ihr reichen: Vater! Ob er sie morgen früh wenigstens noch einmal zum Skilaufen ließe?
Kirsten schaute zur Tür. Zehn durch. Vielleicht war er zu müde, vielleicht hatte er sich sofort hingelegt. Hamburg, das war schließlich eine Strecke. Ein schwacher Hoffnungsschimmer glomm in ihr auf. Vater war ja eigentlich so gar nicht für Bars mit Schwof und Qualm und den ungemütlichen Barhockern.
Todmüde wird er sein, längst schlafen wird er, dachte Kirsten und war schließlich davon überzeugt.
»Donnerwetter, Donnerwetter, wir sind Kerle!« sang der Konsul in der Badewanne. »Donnerwetter, jeder einzelne ‘ne Perle! Also wirklich: Donnerwetter
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