Liebe im Spiel
Porzellan-Fußbad gegen zwei Flaschen Champagner zum Feiern eingetauscht. Es bedeutete, dass sie Linnet hatten, und sie alle liebten Lydias kleines Mädchen.
Weil Ran der Vater der gepriesenen Linnet war, und weil er eine freundliche Seele war, mochten die Schwestern ihn. Er war ein liebender Vater und ein netter Nachbar –, aber er war keine gute Werbung für die Ehe. Oder für die Liebe.
»Sich zu verlieben«, verkündete Rufa, »wird überbewertet.«
Nancy kreischte auf, als ihr Ideal so abgetan wurde. »O ja. Weit überbewertet, von Millionen Menschen. Aber wir irren uns alle. Hör nicht auf uns.«
»Ist Tim Dent so großartig?«
»Tim ist sagenhaft«, sagte Nancy standhaft. »Du solltest nur seine Gedichte hören.«
»Ernsthaft.« Rufa wollte sich nicht ablenken lassen. »Nach einem reichen Ehemann Ausschau zu halten muss besser sein, als in einem Wohnwagen zu bumsen.«
Nancy stöhnte leise. »Was soll’s? Vielleicht bin ich für den Wohnwagen bald dankbar. Wenn dieses Haus verkauft ist, werden wir keine Zeit mehr haben, reichen Männern hinterherzujagen. Wir werden zu sehr damit beschäftigt sein, uns unser Brot zu verdienen und einen Ort zum Leben zu finden.«
»Ich nicht«, warf Selena mürrisch ein. »Ich muss mit Mum und Roger in diesem beschissenen Cottage in Bangham leben. Sie sagt, ich muss meine Prüfungen beenden.«
»Das musst du auch«, sagte Rufa.
»Ich gehe nicht zur Universität, okay?«
»Sei still. Du gehst hin.«
Lydia runzelte besorgt die Stirn. »Mummy sagt, Linnet könnte sie immer aufnehmen, aber für mich wäre nicht genug Platz. Und ich könnte niemals ohne sie leben. Also sieht es so aus, als müsste ich letztendlich in Rans Scheune kampieren – mit einem Camping-Klo, und mit seiner schrecklichen Freundin drüben im Farmhaus.«
Der Staat machte dankenswerterweise keinen Unterschied zwischen verblasster Vornehmheit und gewöhnlicher Armut. Lydia, als allein stehende Mutter mit mittellosem Exmann, erhielt einige Staatszuwendungen – sie nannte sie ihre »Schecks für einen hohlen Zahn«, weil es sehr geringe Summen waren. Selena beabsichtigte, ab der Sekunde stempeln zu gehen, in der sie St. Hildegard’s verließ, was auch immer Rufa sagte.
»Bleiben noch du und ich, Ru«, sagte Nancy. »Und ich bin nicht so ohne Ehrgeiz, wie du anscheinend denkst. Ich habe Pläne für die Zukunft, weißt du.«
Nancy, die weder das Abitur noch die Uni geschafft hatte, trug ihren Teil zum Familienunterhalt bei, indem sie als Kellnerin im Dorfpub arbeitete. Es nannte sich das Hasty Arms. Als der große Mann hörte, dass sie sich dort einen Job besorgt hatte, wusste er nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Sein eigenes Wappen zierte das quietschende Pub-Schild – mit seinem Familienmotto Evite La Pesne. Der große Mann sagte, das bedeute »Meidet die Mühsal«, und es war nicht der geeignete Ort, an dem man eine echte Hasty mit normannischem Blut Pints zapfen sehen sollte. Nancy hatte ihn jedoch herumgekriegt, indem sie ihm Drinks spendierte – und ihn daran erinnerte, wie sehr sie das Geld brauchten. Der große Mann hatte gesagt oh, gut, er hätte immer schon gehofft, dass sich eine seiner Töchter zur Kellnerin berufen fühlte.
Nancy gefiel ihre Arbeit. In einem Pub konnte man sich geistesverwandter Gesellschaft sicher sein – wie Nancy dem großen Mann stets erklärt hatte. »Ich würde mich sowieso dort aufhalten, also kann ich mich genauso gut dafür bezahlen lassen.« Es gab unendlich viele Gelegenheiten, sich zu verlieben, und Nancy war auch unzählige Male verliebt. Sie sagte immer, ihr Herz sei eine Ansammlung von Rissen, wo es gebrochen und wieder gekittet worden sei. Rufa, die vermutete, dass ihre Lieblingsschwester die Klügste von ihnen allen war, wünschte sich manchmal, sie würde etwas ein wenig Erhabeneres mit ihrem Leben anfangen.
Rufa war nie stempeln gegangen. Sie hatte als Einzige in der Familie das Abitur gemacht (Englisch, Latein, Kunstgeschichte) und wäre zur Uni gegangen, wenn der große Mann nicht so vehement dagegen gewesen wäre. Mit aus seinen wunderbaren Augen rinnenden Tränen hatte er Rufa angefleht, ihn niemals zu verlassen. Er brauchte seine ganze Familie ständig um sich.
In Melismate zu bleiben hatte Rufas natürliche Fähigkeit zum Geldverdienen jedoch nicht gedämpft. Durch irgendeine genetische Eigenart strotzte die Tochter, die dem großen Mann am ähnlichsten war, vor Energie und Unternehmungsgeist. Ein launischer kleiner Teil ihrer DNA
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