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Liebe in groben Zügen

Liebe in groben Zügen

Titel: Liebe in groben Zügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Kirchhoff
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wischt die Böden im Haus, oft noch ein letzter klarer Tag, frühlingshaft, und in Wahrheit endet alles. Noch einmal Rasen mähen, das ist seine Sache, und sie verpackt die Loom-Stühle, die kleinen Steingeschöpfe, zwei Engel, zwei Hasen, einen David. Später holt Renz alte Taue aus dem Schuppen und legt um alles eine Schlinge, die erst zu Ostern wieder aufgeknüpft wird, und sie wäscht letztes Geschirr, immer fällt ihr noch etwas ein. Er würde lieber losfahren und drängt, sie schreit ihn an, Mach doch du alles, schreit sie und scheucht eine Eidechse auf, das Vorzeittierchen huscht übers Parkett, sie will es fangen und streicheln, seit Kaspers Tod läuft sie jedem kleinen Lebewesen nach und hadert mit dem großen an ihrer Seite. Kümmer dich um den Zitronenbaum, ruft sie, obwohl er ihn schon abgepflückt hat. Sie verschenken alle Zitronen an Freunde, immer bleiben welche übrig, und es werden mehr, glaubt sie, weil die Freunde weniger würden, seine Schuld. Alles ist seine Schuld, sogar der Kalk in den Bädern. Nach den Schlafzimmern nimmt sie sich die Bäder vor, sie wird zur Klofrau, Renz zum Hausmeister. Er liest die Wasseruhr ab, holt den Akku aus dem Rasenmäher, er breitet eine Decke über den Fernseher, als könnte der frieren im Winter. Es endet kaum, und irgendwann will er auf die Toilette, aber sie schrubbt noch die Schüssel und hat nur Wäsche an, ihr Haar ist aufgelöst, eine schöne Klofrau. Nach dem Putzen der Bäder das Verriegeln aller Läden, danach der Gang durch die oberen Räume, schon ohne Blick auf den See; die Lampen sind an, obwohl es Tag ist, und sie hört das Ticken ihres Batterieweckers neben dem Bett: noch gilt die Sommerzeit, und wenn sie zurückkehrt, schon wieder, als sei sie gar nicht älter geworden. Und schließlich der letzte Akt, das Stromabstellen in der Cantina, ein Umlegen des Casa-generale-Schalters und im Dunkeln dann ein Rascheln zwischen den Vorräten in den Regalen, eines, das sie mit stiller Freude erfüllt, una Gioia segreta, wie die Leute am See sagen, wenn man sich noch ein Leben neben dem gewohnten erlaubt.
    Vila?
    Renz’ Stimme aus dem Innenhof, und sie verließ den Platz bei den Verandapflanzen und sah ihn unten, im Haar seine Sonnenbrille, obwohl es längst dunkel war. Was tust du dort, rief er, als gäbe es keine Zimmer zum Hof, keine Zeugen. Wir sind nicht allein: ihre Antwort. Dann ging sie nach unten, ging an ihm vorbei, und er sofort hinter ihr her durch den kleinen tropischen Garten, ein Verfolgen, das sie hasste, Renz wie ein externes Geschwür, an ihr klebend, auch wenn er hinter ihr herlief, die Treppe zum oberen Stock hinauf, bis ins Zimmer, ja bis ins Bad. Er sah auf ihr Notebook, Was hast du gemacht, geschrieben? In seiner Stimme eine falsche Ruhe, so sprach man mit Kindern, mit Tieren, Ich habe gemailt, sagte sie, aber eigentlich geht es dich nichts an, warum hast mich gesucht? Sie legte ihr Gerät auf den Klodeckel, und Renz warf einen Blick in den Spiegel, Du wollest einkaufen, wozu da ein Notebook? Hast du mit Katrin gemailt, darf ich das wissen? Und noch immer sein Blick in den Spiegel, die falsche Ruhe. Lass mich jetzt ins Bad, sagte sie, kein guter Satz, weil sie ja schon im Bad war, und er kam auch prompt damit, dass sie ja schon im Bad sei. Willst du hier weiter mailen?
    Renz musste Luft holen, noch vom eiligen Gehen, und sie sah diesen Abend davonlaufen, ja die ganzen nächsten Tage, der Anlass lächerlich – er hatte sie nur im Hotel gesucht, nur ein paar Fragen gestellt, war ihr nur hinterhergegangen, aber es war, als würde alles Zuviele aus bald dreißig Jahren über ihr zusammenschlagen. Und du, was hast du gemacht, telefoniert? Gibt es Neues von deiner Kranken, fallen ihr die Haare aus? Ans Waschbecken gelehnt, sagte sie das, im Kreuz die Kante; Renz stand vor ihr und konnte nicht in den Spiegel über dem Becken sehen, sein Spiegel, das war sie, ein Gesicht mit erstem Sonnenbrand, und er sah an ihr vorbei auf die beiden Zahnbürsten. Die Kranke, die mich liebt, rief er. Ein Theaterausbruch, aber nicht nur, und plötzlich ihre Hand, ein Schlag, planlos und doch auf die Lippen, und von ihm gleich der Versuch, ihre Hand zu packen, die Sonnenbrille fiel ihm aus dem Haar, fiel auf den Kachelboden, eine mit besten Gläsern, wenn nicht seine Brille der Brillen, also trat sie mit dem Fußballen auf einen der Bügel, dass er absprang, und Renz ging in die Knie, er begann die Teile aufzuheben, über seine Lippe lief Blut. Wann hatte sie

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