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Liebe in groben Zügen

Liebe in groben Zügen

Titel: Liebe in groben Zügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Kirchhoff
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Beim ersten Abendessen in einem der Strandlokale – Thunfischcarpaccio, danach Red Snapper, das übliche Eröffnungsmenü, dazu Chips und eisiges Bier – kam er schon damit, ein Boot gechartert zu haben, für den zweiten Feiertag, den es hier gar nicht gab, und sie sollte ihn begleiten. Tu mir den Gefallen, wenn schon Katrin nicht hier ist. Ich will dich neben mir haben, ja? Renz ließ nicht locker, und sie stand auf und ging die paar Meter zum Meer, mit den Füßen ins flache Wasser; sie trug Shorts und ein T-Shirt und keine Uhr, ihre kleine Reverso war in Frankfurt geblieben, sie hatte eine alte Swatch von Katrin dabei. Bis zu den Hüften ging sie ins Wasser und sah dann über die Schulter zum Strand, Renz hatte gezahlt, er stand jetzt selbst im Flachen, ein großer Junge, und zum ersten Mal bei ihr die Vorstellung, er wäre tot und sie frei, nur noch gebunden an ihre Sendung – seit dem letzten Sonntag ohnehin auf der Kippe, kaum eine halbe Million hatte sich zugeschaltet, und während der Fernández-Minuten brach die Hälfte davon weg; im Abspann stand unter Kamera Florentino Ariza, ihre Lieblingsfigur bei García Márquez, im letzten Moment noch eingefügt. Und? Sah der gut aus?, die logische Renzfrage, und sie nur: verdammt gut. Renz ging nun auch ins Wasser, und sie kam ihm entgegen, damit er ihr nicht entgegenkäme, und mit einer Körperlänge Abstand gingen sie im Flachen bis zum Hotelstrand. Vor der Außenbar wurde schon der Weihnachtsbaum hergerichtet, die Abart einer Tanne, von einem Hotelangestellten weiß angesprüht, während ein anderer bunte Lämpchen auspackte. Alles wie im letzten Jahr, sagte Renz, aber im letzten Jahr hatte sie noch Tipps zum Schmücken gegeben, jetzt lief sie nur vorbei und ging aufs Zimmer. Auf dem Balkon stand eine gepolsterte Liege, flachzuklappen wie ein Bett, dort legte sie sich hin, damit sie die Sterne sehen könnte, ihre Erklärung für Renz, und damit diese vorletzte Nacht vor Weihnachten irgendwie herumging, am besten im Schlaf, statt nur an Bühl zu denken, die Erklärung für sich selbst. Aber sie lag dann hoffnungslos wach, nackt unter einem Laken, die Arme mehr verknotet als verschränkt, die Augen mal geschlossen, mal offen, über sich einen Himmel wie mit Nägeln beschlagen, ein Warten auf den Schlaf, bis jemand das Laken anhob, Renz in gestreifter Hose, ihrem letzten Geschenk ohne Anlass, oder nur dem, ihn zu mögen. Und dann schon das Lösen ihres Armeknotens, wie es nur einer kann, der den anderen kennt, auch wenn er nicht alles weiß von ihm; er weiß nur genug, um den einen Moment der Schwäche zu sehen: das hier bin ich, nimm es und sag nichts. Und Renz sagte kein Wort, er nahm sie, und es war gut, weil es das Richtige war nach einer wochenlangen Pause seit der gemeinsamen Krankenzeit, so, als gehörte es schon der Vergangenheit an. Und nun geschah es wie eh und je: ein Schrecken, wenn sie vor dem Eh und Je nicht die Augen verschloss, und das Beste, das sie mit Renz noch erleben konnte, wenn sie nur ihn sah, das Gesicht, das gleich nach ihrem kam, darin ein Blick wie der von Bettlern, die einen Becher halten.
    DER Morgen danach wie ein Sommermorgen an ihrem See nach Gewitter, der Himmel wolkenlos, gewaschen, das Meer perlmuttfarben, der überspülte Sand glänzend und fest, voll kleiner, sich schließender Löcher; am Strand ein paar Läufer, die Einheimischen barfuß, Jamaika, Insel der schnellsten Menschen. Und beim Frühstück schon das Palaver der Italiener, überall gleich daheim, das Paar des Grauens im Zentrum, sie mit dünner Frauenzigarette, er mit Abercrombie-Shirt. Danach die fliegenden Stunden bis zum Mittag, das Lesen, das Schwimmen; Vila schwamm so weit hinaus, dass sie gerade noch den Grund sehen konnte, während Renz den Strand entlangging, sein üblicher Gang, um in einer der Buden zwischen den Hotels noch ein paar Geschenke zu kaufen.
    Alles Mögliche gab es dort, Thermosbecher, um in der Hitze sein Bier kühl zu halten, Sonnenbrillen und Rum in jeder Preisklasse, Badetücher mit Bob-Marley-Motiven, aber auch Bob Marley auf Feuerzeugen, Pfeifenköpfen und magischen Amuletten oder in Glasglocken, die man nur schütteln musste, damit es auf den kiffenden Mini-Marley schneeig herabrieselte. Renz suchte nach einer Kleinigkeit für Vila, sie schenkten sich immer nur Kleinigkeiten, seit Katrin aus dem Haus war, und er suchte nach einem Mitbringsel für Marlies, die ihm gemailt hatte, ermutigend, was den Zweiteiler betraf, beunruhigend, was sie

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