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Liebe in St. Petersburg

Liebe in St. Petersburg

Titel: Liebe in St. Petersburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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die Stelle des Suppenkessels gestellt und füllten wieder die herangereichten Becher.
    Anna Petrowna lächelte Gregor an. Es war das wehmütige Lächeln, das er kannte und das ihrem Gesicht eine eigenartige Faszination verlieh. »Es werden schwere Wochen in Petersburg werden«, sagte sie.
    »Ich ahne es, Anna Petrowna.« Gregor nahm Grazina die Kelle aus der Hand und begann, das heiße Wasser, das die Russen Kipjatok nennen, auszuschenken. So, wie sie aneinandergefesselt waren, immer zu dreien, zogen die Verbannten an ihnen vorbei. »Dein Vater wird versuchen, uns zu trennen«, sagte Gregor leise.
    »Was auch geschieht – ich bleibe bei dir!« Grazina lehnte sich an ihn, und er legte den Arm um sie, als müsse er sie festhalten.
    An der Scheunenwand brüllte Lepkejew herum und raufte sich den Bart. »Mein Brot!« schrie er immer wieder. »Mein schönes Brot! Mein Eigentum war's, mein persönliches! Es war mein privates Mehl, nicht das des Staates! Ihr Gauner! Es soll eure Därme verkleben! Platzen sollt ihr daran! Mein schönes Brot …«
    Etwas abseits standen Major Schukow und General Michejew an einem der Feuer. »Ich konnte es nicht verhindern, mein General!« sagte Schukow. »Ich hätte schießen können, aber die anderen hätten zurückgeschossen. Und ich brauche jeden Mann für den Transport. In der Frühe ziehen wir weiter – dann ändert sich alles! Ich werde die Kerle marschieren lassen, bis sie auf Händen und Füßen durch den Schnee kriechen!«
    »Ich bin entsetzt wie Sie, Major!« Michejew blickte hinüber zu seiner Frau und seiner Tochter. Wenn das in St. Petersburg bekannt wird, dachte er, wie soll ich mich beim Großfürsten Nikolai entschuldigen? Eine Gräfin Michejewa, die Wasser und Suppe an verbannte Staatsfeinde austeilt! Die Türen von Zarskoje Selo werden für immer vor uns geschlossen bleiben, und die Zarin wird nie mehr mit Anna Petrowna die Stickereien an ihrem neuen Kleid durchsprechen. Wir werden bei Hofe geächtet sein; Aussätzigen gleich können wir uns auf Trasnakoje verkriechen!
    »Ich muß mich für die Damen bei Ihnen entschuldigen, Major«, brachte Michejew abgehackt und mit mühsamer Fassung hervor. »Ich werde in St. Petersburg das Gleichgewicht wiederherstellen. Für den deutschen Offizier und seinen Burschen bin ich nicht verantwortlich!«
    »Die Deutschen!« Major Schukow lächelte etwas schief. »Sie werden bald aufhören, sich als der Mittelpunkt Europas zu betrachten.«
    »Hoffentlich! – Es lebe der Zar, Major!«
    »Es lebe der Zar, Herr General!«
    Sie grüßten einander militärisch und gingen nach verschiedenen Richtungen auseinander … Michejew zum Hauptgebäude der Posthalterei, Schukow zurück zu seinen Kosaken in die Scheune.
    Die Sträflinge hockten wieder auf der Erde und zogen die Decken über sich. Die Suppe, das Wasser, das Brot waren zu Ende. Der Himmel, der sich ihnen geöffnet hatte, schloß sich wieder. Vor ihnen lag Sibirien, ein paar tausend Werst entfernt, und sie mußten es zu Fuß erreichen. Wie viele werden es schaffen …?
    Gott segne die Hilfsbereiten, auch wenn ein verzögertes Sterben letzten Endes doch ein Sterben ist …

VI
    In St. Petersburg wartete auf Gregor von Puttlach eine ziemlich nervöse Deutsche Botschaft. Oberst von Semrock, der Chef der Militärmission, befahl ihn zu sich. »Unverzüglich!« wie er am Telefon bellte. »Zum Rapport!«
    »Was heißt Rapport?« fragte Gregor. Luschek packte noch die Koffer aus, und Hauptmann von Eimmen saß in einem Sessel in der Fensterecke des großen Zimmers. »Ich hatte Urlaub, und das ist eine reine Privatsache!«
    »Das kann man sagen, wenn man Zivilist ist! Aber wenn ein deutscher Militärattaché in Rußland Urlaub macht und sich dabei mit der Tochter eines russischen Generals verlobt, und wenn diese junge Braut auch noch eine Michejew ist und der Vater General alle möglichen Hebel in Bewegung setzt, daß der Bräutigam, ein in allen Salons stadtbekannter Roué, gegen den Willen des deutschen Kaisers in Petersburg bleiben darf – dann ist das ein Politikum erster Klasse!« Hauptmann von Eimmen schnippte die Asche von seiner Zigarette und schüttelte den Kopf. »Ich hatte dich gewarnt, Gregor! Hände weg von der schönen Grazina!«
    »Ich liebe sie, Rudolf! Verdammt ja, ich habe so etwas zu oft gesagt, aber hier ist es etwas Endgültiges. Ich habe in diesen Tagen manche Dinge gesehen und gehört, von denen wir nie etwas geahnt haben …«
    »Und genau das meint Semrock mit Rapport! Man

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