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Liebe in St. Petersburg

Liebe in St. Petersburg

Titel: Liebe in St. Petersburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Petersburg! Sofort! Flehe Gott an, daß er Dir die Kraft für diese Reise gibt … Wir haben Krieg …
    In der Nacht darauf meldete sich die Deutsche Botschaft noch einmal bei den Michejews. Hauptmann von Eimmen rief an und bat, seinen Freund Gregor sprechen zu dürfen.
    »Nein!« sagte Grazina hart. »Nein! Nein! Nein!«
    Gregor nahm ihr den Hörer aus der Hand und lächelte traurig. »Es ist gleich vorbei«, erwiderte er. »Rudolf …«
    »Gregor! Wir warten auf dich!«
    »Ich komme nicht, Rudolf. Ich kann es nicht. Leb wohl, Rudolf. Paß auf dich auf, überlebe – das ist alles, was ich dir wünschen kann. Und … und grüße die anderen von mir. Ich bin kein Verräter … bin kein Lump … ich weiche nur einer Seuche aus, die die ganze Welt erfaßt hat. Die Seuche, mit Blut Geschichte schreiben zu wollen. Vor einer Krankheit davonzulaufen – ist das unehrenhaft, Rudolf?«
    »Sie holt dich ein, Gregor, wo du auch bist.«
    Mit einer müden Bewegung legte Gregor den Hörer auf die Gabel. Grazina umarmte ihn und küßte seinen Nacken.
    »In zwei Stunden brechen wir auf, Grischa«, sagte sie. »Wir nehmen sechs Ersatzpferde mit. Wir werden Tag und Nacht fahren.«
    Eine halbe Stunde später kam Graf Michejew ins Palais.
    »Ist Gregorij noch da?« fragte er Anna Petrowna. »Ich bin gekommen, um mich zu verabschieden. Gleich geht es an die ostpreußische Grenze! Der Krieg ist nur eine Sache von Tagen, dann marschieren wir in Berlin ein! Ich will, daß du, Gregorij und Grazina nach Trasnakoje fahrt und dort das Ende des Krieges abwartet. Hast du schon gepackt?«
    »Ich habe es«, antwortete Anna Petrowna kühl.
    »Ein gutes Weib!« Michejew faßte um ihre Hüfte, zog sie an sich, küßte sie auf den Mund, und sie ließ es geschehen, als drücke ihr Lieblingspferd seine weichen Nüstern auf ihr Gesicht. »Wo steckt Gregorij Maximowitsch?«
    »Im Gartenzimmer bei Grazina.«
    »Er muß weg!« Michejew rannte durch das Palais. Er riß die Tür zum Salon auf und streckte Gregor seine Hand entgegen. »Du mußt dich verstecken!« schrie er. »Ich habe keine Macht mehr, dich zu beschützen! Zieh Bauernkleider an, lerne spucken und rülpsen und baue dir im Wald eine Höhle. Auf keinen Fall kannst du auf Trasnakoje wohnen, da suchen sie dich auch. Ich kann von Ostpreußen aus nicht mehr die Hand über dich halten! Grazinanka, mein Täubchen, mein Engel, mein Augenlicht – nimm Abschied von deinem Vater!«
    Er küßte seine Tochter immer wieder, dann brüllte er die Diener an und sagte noch zu Gregor: »Und wenn der Krieg vorbei ist, nennst du dich Plessow, so hieß ein Onkel von mir, ist ein anständiger russischer Name, ich will keinen deutschen Ton mehr in meiner Familie haben, verstehst du?«
    Darauf veranstaltete er eine halbe Stunde lang noch einen tollen Wirbel im Palais und fuhr endlich ab. Für eine lange Zeit, wie sich zeigen sollte, nicht für ein paar Tage.
    Gegen zwei Uhr nachts rollte eine Kutsche aus dem großen Tor des Michejew-Palais'. Auf dem Bock saß der Leibkutscher Fjodor Iwanowitsch Tschugarin, ein grauhaariger Mann, dessen Mutter noch Leibeigene der Michejews gewesen war und dessen Vater man bei einer Rauferei im Wirtshaus erstochen hatte. Seine Heimat waren die Michejews, ihr Kutscher zu sein die Erfüllung seines Lebens.
    Hinter der Kutsche trabten die sechs Ersatzpferde, gut genährte, kräftige Gäule, mit Lederriemen untereinander verbunden, geführt von einem Lakaien, der auf dem linken Leitpferd ritt.
    Der Kutsche voraus ritt ein auf den ersten Blick schlanker, junger Mann, der eine Mütze trug. Im Gürtel stak eine Pistole und neben dem Sattel, in einem Halfter, hatte er ein Repetiergewehr – das neueste Modell – stecken. Um die Schultern waren kreuzweise Patronengurte geschnallt. Er sah sehr kriegerisch aus, saß im Sattel, als sei er darauf festgewachsen, und gab das Tempo der Kolonne an.
    Bevor sich der junge Mann in den Sattel geschwungen hatte, half er, Gregor in die Kutsche zu führen. Es war ein noch mühsames Gehen, die gebrochenen Rippen und die Prellungen schmerzten trotz der Bandagen.
    Als Gregor endlich in der Kutsche saß, legte ihm der junge Krieger ein Gewehr und einen Kasten mit Patronen neben den Sitz. »Vielleicht brauchen wir es …«, sagte der junge Mann.
    Und Gregor antwortete: »Anna Petrowna, wenn der General Sie so sehen würde, ihn träfe der Schlag!«
    »Ich habe in Georgien nie anders ausgesehen«, sagte sie und zog den Gürtel mit der schweren Pistole höher. »Sie

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