Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe in St. Petersburg

Liebe in St. Petersburg

Titel: Liebe in St. Petersburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Spiel gehabt!« sagte Gregor lächelnd zu Grazina. »Ich hatte schon recht, die Michejewfrauen …«
    »Un wie ick hier ankomme, Herr Oberleutnant, da heult die Alla wie'n Schloßhund, fällt mir um den Hals und zeigt mir ihr Bett. Zwei Kopfkissen waren drin … Sie hat also tatsächlich auf mir jewartet!«
    »Und Puschkin?«
    »Erst hat er mir jekratzt, da hab' ick ihm in 'n Arsch jetreten … Jetzt sind wir dicke Freunde!« Luschek schwieg, grüßte wieder und sah Grazina treuherzig an. »Verzeihung, Comtesse, meine unjebührliche Redeweise. Det soll in Ihrer Jejenwart der letzte Arsch jewesen sein …«
    Gregor lachte, schlug Luschek auf die Schulter und ging dann mit Grazina zum Herrenhaus. Die Türen standen weit offen, die Zimmer waren voller Vasen mit den herrlichsten Blumengebinden, auf den Seidenteppichen schimmerte die Sonne …
    »Siehste, Puschkin, det war mein Oberleutnant«, sagte Luschek, als Gregor verschwunden war. »Jetzt jeht er noch am Stock wie der Olle Fritz, aber später, da sollste ihn mal reiten und schießen sehn! Puschkin, wat bin ick glücklich!«
    Er schlang die Arme um den dicken, zottigen Bärenhals, und Puschkin grunzte wohlig, stampfte von einem Bein auf das andere und schien zu verstehen, daß es für seinen Freund ein besonders schöner Tag war.
    Die Welt begann zu brennen. Am 3. August erklärte Deutschland Frankreich den Krieg, einen Tag später Belgien. Daraufhin erfolgte die Mobilmachung Englands und seine Kriegserklärung an Deutschland.
    Das große Spiel der Entente klappte vorzüglich: Deutschland war von Feinden umgeben, es war isoliert, in der Mitte Europas gefangen.
    Kaiser Wilhelms berühmtes Wort machte die Runde: »Ich kenne keine Parteien mehr – ich kenne nur noch Deutsche!« Und auf den Waggons, die zur Front fuhren, gestopft voll mit singenden deutschen Soldaten, die überall, wo die Züge hielten, mit Blumen überschüttet wurden, stand in Kreide geschrieben: ›Hier werden noch Kriegserklärungen angenommen!‹
    Um Ostpreußen zog sich der russische Ring dichter zusammen. Die riesige Narew-Armee unter General Samsonow marschierte gegen die zahlenmäßig weit unterlegene deutsche 8. Armee. Ihr Befehlshaber war Paul von Hindenburg, ein massiger General. Sein Generalstabschef war ein schlanker Mann, feinfühlig, ein Schöngeist, aber in diesen Augenblicken der Gefahr für Deutschland ein kühler Rechner: General von Ludendorff.
    Aber nicht nur Samsonow marschierte. In Richtung der Masurischen Seen rückte die russische Njemen-Armee an. Bei ihrem Oberbefehlshaber, General Rennenkampf, meldete sich am 10. August General von Michejew zur Übernahme eines Armeekorps.
    »Der Großfürst hat Sie mir schon avisiert, lieber Wladimir Alexandrowitsch«, sagte Rennenkampf freundschaftlich. »Wie sieht es in Petersburg aus?«
    »Nachdem Deutschland umzingelt ist, glaubt niemand, daß der Krieg länger als ein halbes Jahr dauert. Höchstens! Und wir …« Michejew blickte auf die große Karte von Ostpreußen, die die gesamte Rückwand von Rennenkampfs Arbeitszimmer einnahm, »wir werden die deutsche 8. Armee wie eine Laus zwischen Daumen und Zeigefinger zerquetschen.«
    »Mir gefällt Hindenburg nicht …«, sagte Rennenkampf ehrlich.
    Graf Michejew lachte. »Wer ist schon Hindenburg? Wo hat er sich hervorgetan? Und dieser Ludendorff! Er soll angeblich Gedichte lesen! Denken Sie nur – ein General, der Gedichte liest …«
    »Die Deutschen verhalten sich diesmal zu ruhig für meinen Geschmack. Ich werde nicht klug aus ihnen. Sie lassen uns kommen … Das paßt doch nicht zu ihnen! An der Westfront ist es anders, da greifen sie an …«
    »Sie haben Angst!« Michejew setzte sich. Eine Ordonnanz brachte Tee und Gebäck.
    »Stimmt es, daß Ihr Schwiegersohn Deutscher ist, Wladimir Alexandrowitsch?« fragte Rennenkampf und gab Zucker in seine Teetasse.
    Michejew schüttelte den Kopf. »Seit dem ersten August ist er Russe.«
    »Sind Sie so sicher? Zunächst ist er doch wohl nur ein fahnenflüchtiger deutscher Offizier. In Abwesenheit von einem deutschen Kriegsgericht zum Tode verurteilt!«
    »Der Großfürst hat Sie gut unterrichtet.« Michejew lächelte sauer. »Ich weiß, er mag Gregorij nicht.«
    »Das stimmt.« Rennenkampf trank den heißen Tee in kleinen, hastigen Schlucken. »Nikolai Nikolajewitsch nimmt an, daß Ihr Schwiegersohn mit Ihrer Familie Unterschlupf in Trasnakoje sucht. Sie sind mein Freund und Kampfgefährte, Wladimir Alexandrowitsch, darum verrate ich es Ihnen:

Weitere Kostenlose Bücher