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Liebe in St. Petersburg

Liebe in St. Petersburg

Titel: Liebe in St. Petersburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Man will Gregorij trotz allem als deutschen Offizier behandeln. Der Großfürst hat Befehl gegeben, ihn aus Trasnakoje als Kriegsgefangenen abzuholen!«
    »Das ist eine Infamie!« Michejew sprang auf. Sein jähzorniges Temperament ging mit ihm durch. »Das ist Verrat!« brüllte er. »Nikolai hat mir versprochen, Gregorij nicht anzurühren.«
    »Sie können es nicht mehr aufhalten, Wladimir Alexandrowitsch«, sagte Rennenkampf und blickte auf seine Taschenuhr, die vor ihm auf dem Schreibtisch lag. »Das Kommando, das Ihren Schwiegersohn abholen soll, ist bereits unterwegs.«
    Nur eine Nacht blieb Gregor und Grazina, um in Trasnakoje ruhig zu schlafen. Beim Morgengrauen hämmerte es gegen seine Tür, und als er aufschloß, standen Luschek und ein schwitzender, staubbedeckter Bauer draußen. In der Halle des Hauses hörte man die befehlende Stimme Anna Petrownas.
    »Herr Oberleutnant!« rief Luschek. »Sie müssen sich sofort anziehen!«
    »Was ist denn los?« fragte Gregor und starrte den dreckigen, nach Atem ringenden Bauern an. »Wieso Pferde?«
    »Sie kommen, Euer Hochwohlgeboren …«, stammelte der Bauer und drehte seine Mütze zwischen den Fingern. »Ein Offizier und fünf Kosaken! Sie wollen Euer Hochwohlgeboren gefangennehmen! Sie sind nur noch zwanzig Werst entfernt. Sie müssen sofort weg …«
    »Grazina!« Gregor stürzte aus dem Zimmer. Sein Humpeln vergessend, stieß er Luschek und den Bauern beiseite. »Wo ist Grazina?«
    »Sie hilft beim Anschirren der Pferde, Herr Oberleutnant, und die alte Frau Gräfin packt Verpflegung ein. Ziehen Sie sich an, Herr Oberleutnant! Wir müssen los!«
    Luschek rannte in das Zimmer und suchte Gregors Kleidung zusammen. »Nach Sibirien sollen wir, stimmt det?« rief er dabei. »Jenau da wollte ick nie hin! Wo ick mir so an die Alla jewöhnt habe! Nun hat uns der Krieg doch noch erwischt, Herr Oberleutnant!«
    Grazina kam die Treppe herauf. Sie war schon im Reitanzug, hatte die Haare hochgesteckt und trug lange, weiche Stiefel, die bis zu den Knien reichten. »Grischa!« rief sie. »Sie sind irgendwo bei einem Stab verrückt geworden. Mama will das alles klären, aber sie hält es für besser, wenn wir wegreiten. Sie hat schon versucht, in Petersburg anzurufen, aber die Leitung ist tot! Mach schnell, Grischa – mach schnell!«
    Sie rannte die Treppe wieder herunter. Luschek stand im Zimmer und hielt Gregor die Hose hin.
    »Sibirien …«, sagte er dabei. »Wenn ich an die Jefangenen im Winter denke, Ketten um Hände und Füße … Können sie det mit uns ooch machen?«
    »Sie können alles, Luschek.« Gregor zog sich hastig an. »Wir sind zu Wölfen geworden, und sie werden uns hetzen bis ans Ende der Welt.«
    »Mein Jott – so 'ne Scheiße!« sagte Luschek betont. »Vielleicht wär Berlin doch besser für uns jewesen …«
    Zehn Minuten später humpelte Gregor die breite Treppe hinunter in die große Eingangshalle. Er sah jetzt wie ein kräftiger junger Bauer aus, trug derbe Stiefel und geflickte Hosen, ein weites Hemd mit einem aus Hanf geflochtenen Gürtel darum, auf dem Kopf eine runde schirmlose Mütze aus besticktem Leinen. Den Mantel, ein graues sackähnliches Ding, rollte Luschek zu einer langen Wurst zusammen und umwickelte sie mit Bindfaden. Niemand würde in diesem Bauern den deutschen Offizier erkennen – auf der Erde jedenfalls, im Sattel sah es dann schon anders aus.
    Grazina stand bei den Pferden und schnallte das Gepäck auf den Sätteln fest. Anna Petrowna winkte Gregor zu, sich zu beeilen. Sie hatte noch ihr Nachtgewand an und trug darüber einen Morgenmantel aus französischer Seide. Gregor sah sie erstaunt an.
    »Sie kommen nicht mit, Anna Petrowna?«
    »Nein«, antwortete sie ruhig.
    »Was wollen Sie allein auf Trasnakoje?«
    »Ich bin nicht allein! Das ganze Gesinde ist hier.«
    »Und wenn die Kosaken Sie verhören? Man weiß doch genau, daß wir hier waren und Sie uns die weitere Flucht ermöglicht haben. Man wird von Ihnen verlangen …«
    »Wer kann von mir etwas ›verlangen‹, Gregorij?«
    »Muß ich Ihnen als Russin sagen, wie sich Kosaken benehmen können?«
    »Und muß ich Ihnen als Russin sagen, daß ich genau weiß, wie ich mit solchen Leuten umzugehen habe?«
    Luschek rannte mit einigen Gepäckstücken an ihnen vorbei. Alla stand in der Tür, schluchzte erbärmlich, wischte sich mit der Schürze die verquollenen Augen aus und wollte Luschek umarmen.
    »Det müssen wir verschieben, Kleene!« rief Luschek und schob sie zur Seite. »Eine

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