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Liebe in St. Petersburg

Liebe in St. Petersburg

Titel: Liebe in St. Petersburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Minute Knutscherei kann uns det Leben kosten!«
    Alla verstand ihn nicht, aber sie lächelte ihn unter Tränen an und rannte mit ihm hinaus zu den Pferden.
    »Was hält Sie denn noch auf Trasnakoje, Anna Petrowna?« fragte Gregor eindringlich. »Sagen Sie nicht: Das ist meine Heimat! Ich weiß es jetzt besser, Sie haben Trasnakoje nie geliebt.«
    »Das ist nicht wahr, Gregorij.« Ihre schwarzen Augen musterten ihn. Das schmale Gesicht, das immer den Eindruck erweckte, aus Alabaster geschnitten zu sein, war von der Hetze der letzten halben Stunde leicht gerötet. Sie hatte die schmalen Augenbrauen hochgezogen, was hochmütig aussehen sollte, was aber in Wahrheit nur eine Maske für eine große Lüge war.
    »Trasnakoje ist der einzige Ort, wo ich glücklich war … und bin!«
    »Und wo Wladimir Alexandrowitsch drei selbstgefangene Bären hält und tanzen läßt, um Ihnen zu zeigen, wie man Tiere – und Menschen – zähmt! Kommen Sie mit, Anna Petrowna!«
    »Ich kann es nicht. Ich habe zuviel hier zu tun!«
    »Jetzt? Im Krieg?«
    »Gerade im Krieg, Gregorij. Der General ist weit weg; da ist es wichtig, daß ich hier bin und Trasnakoje endlich eine andere Aufgabe bekommt, als die Michejews faulenzen und jagen zu sehen.«
    »Was haben Sie vor, Anna Petrowna?« fragte Gregor gepreßt. »Ich sollte Sie zwingen, mitzureiten!«
    »Glauben Sie, daß Sie das könnten?« Sie lächelte und war von einer so entwaffnenden Schönheit, daß Gregor alle weiteren Worte vergaß. »Ich werde immer dort sein, wo ich will. – Gehen Sie, Gregorij!«
    Sie gab ihm die Hand, dann trat sie spontan an ihn heran, nahm sein Gesicht zwischen ihre langen schmalen Hände und küßte ihn auf den Mund. Ihre Lippen waren warm und feucht, aus dem Seidenmantel wehte der Duft eines herbsüßen Parfüms …
    Er starrte Anna Petrowna an, während sie ihn küßte und sah, daß sie die Augen geschlossen hatte. Da legte er die Arme um sie und zog sie an sich. Aber sie reagierte sofort. Sie stieß ihm die Hände gegen die Brust und sprengte seine Umarmung. Benommen, betroffen, mit jagendem Herzschlag und zuckendem Mund sah Gregor sie an.
    »Nimm eins mit, Gregorij …«, sagte sie leise, aber sehr deutlich. »Verlasse Grazina nie! Hörst du: Wenn sie jemals bereuen sollte, dich geliebt zu haben, müßte Gott deinen Leib bei vollem Bewußtsein verfaulen lassen. Du nimmst das Wertvollste mit, das ich habe. Das Einzige, für das ich alles ertragen habe – dreiundzwanzig Jahre mit Michejew! Ich gebe es dir!«
    »Wann sehen wir uns wieder, Anna Petrowna?« fragte Gregor tonlos.
    »Irgendwann einmal. Vielleicht komme ich nach Sibirien nach. Vielleicht sehen wir uns in Trasnakoje wieder oder in St. Petersburg nach einem gewonnenen Krieg? Vielleicht aber auch in Moskau unter einem Himmel von wehenden roten Fahnen, wenn wir den Krieg verloren haben und die Revolution da ist …«
    Ihre Augen blitzten. Sie hatte die Hände gegeneinandergepreßt. Gregor wischte sich über das Gesicht.
    »Sie sind unheimlich«, sagte er mit trockenem Hals. »Es hört sich so an, als ob Sie die Revolution wünschten. Ist Ihr Haß gegen Michejew so stark, daß Sie seinetwegen den Untergang Rußlands herbeisehnen?«
    »Warum soll Rußland untergehen, wenn die Welt der Michejews zu Ende geht?«
    »Sie reden wie Jerschow!«
    »Jerschow?«
    »Der Lenin-Anhänger, der aus Genf kam! Er half Ihnen im Winter, den Deportiertentransport in der Posthalterei zu verpflegen.«
    »Der Mann mit dem wilden Bart?« Anna Petrowna lachte kurz. »Ich habe nicht mit ihm gesprochen. Er sagte nur einmal zu mir: ›Danke im Namen meiner Kameraden, Hochwohlgeboren!‹ Ein komischer Mensch. Sagt ein Revolutionär ›Hochwohlgeboren‹?«
    »Wenn es zu seiner Tarnung gehört, gewiß! Mich nannte er Genosse.«
    »Ausgerechnet Sie, Gregorij?« Sie lachte. Dann aber strich sie sich hastig das Haar aus der Stirn. »Mein Gott, stehen Sie nicht herum! Grazina wartet, und Ihre Verfolger reiten wie der Satan. Los, aufs Pferd, Gregorij!«
    Sie drehte sich um, als müsse sie sich mit Gewalt von ihm trennen, und lief an Gregor vorbei ins Freie. Grazina saß schon im Sattel, auch sie wie ein junger Bauer gekleidet. Zwischen vier Packpferden hockte auf einem kräftigen Panjegaul der Leibkutscher Fjodor Iwanowitsch Tschugarin, kaute Sonnenblumenkerne und blickte unruhig in die Ferne. Er wußte, wie Kosaken reiten können, wenn man ihnen befohlen hat: »Jagt diesen Menschen! Kommt nicht ohne ihn zurück!«
    Gregor schwang sich auf

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