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Liebe in St. Petersburg

Liebe in St. Petersburg

Titel: Liebe in St. Petersburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Feuern anhielt. Wanda Timofejewna, die man gerufen hatte, stürzte mit Gregor aus dem Haus.
    »Er hat eine weiße Fahne!« rief sie. »Rührt ihn bloß nicht an!«
    »Ein kluges Mütterchen!« sagte der Reiter grinsend, als Jerschow und Tujan ihn erreicht hatten. Er war ein zerlumpter Kerl, bekleidet mit viel zu weiten, sicherlich gestohlenen Sachen, hatte sein Gesicht mit Asche geschwärzt und um den Kopf ein Tuch gebunden. Er sah ziemlich verhungert aus, mager und gehetzt.
    Jerschow starrte ihn böse an. »Blatnjaki …«, sagte er gedehnt.
    »Ja, das sind wir!« Der magere Reiter grinste breit. »Man wollte uns an den Amur schaffen für zwanzig Jahre! Aber wir konnten flüchten. Und jetzt haben wir das goldene Schwänchen eingefangen! Es ist doch eines, nicht wahr? Will nicht seinen Namen nennen, aber wer so ein gutes Pferd reitet, schläft nicht auf Stroh!«
    »Wo ist sie?« schrie Gregor, der die Gruppe erreicht hatte.
    »Bei uns!« Der Blatnjak – was soviel wie Verbrecher heißt – schwenkte wieder das weiße Tuch an dem Knüppel. »Wenn ich in einer Stunde nicht ein Zeichen gebe, wird man sie aufknüpfen. Also laßt mich in Ruhe, und hört mich an. Wir brauchen fünftausend Goldrubel – das ist das Vögelchen doch wert, nicht wahr? Außerdem Gewehre und Pistolen mitsamt Munition, zwei gute stabile Kähne und euer Wort, daß ihr uns nicht verfolgt. Dann bekommt ihr das Goldtäubchen zurück.«
    »Du bist ein Rindvieh!« sagte Jerschow ruhig. »Man wird euch jagen!«
    »Wir werden in Sibirien untertauchen und ein eigenes Dorf in den Wäldern gründen. Einen Teil dafür werdet ihr uns geben! Das andere holen wir uns auch noch …«
    »Gebt ihm alles, was er will!« schrie Wanda Timofejewna.
    »Ein gutes kluges Mütterchen!« Der Blatnjak legte grüßend die Hand gegen die Stirn. »Schafft alles heran, legt es an den Fluß – wir holen es dort ab!«
    »Und wer bringt Grazina zurück?« schrie Wanda.
    »Wir lassen sie laufen, wenn wir in Sicherheit sind.«
    »Und wer garantiert uns das?«
    »Niemand! Ihr müßt es glauben.« Der Kerl zeigte auf Tujan und lachte rauh. »Was Glaube ist, kann euch der Pope erklären!«
    Er riß sein Pferd herum und galoppierte davon. Alle sahen noch, wie er den Knüppel mit dem weißen Hemdenstoff von sich warf.
    »Sie vertrauen ihm?« fragte Gregor entsetzt. »Einem flüchtigen Verbrecher?«
    »Natürlich nicht.« Jerschow ging langsam zu den Lagerfeuern zurück. »Es ist alles vorbereitet. Der Kerl wird keinen Schritt mehr tun, ohne daß er beobachtet wird. Sie fühlen sich sicher mit Grazina als Pfand, aber sie kennen mich nicht.«
    »Ihre Organisation klappt, das muß man sagen«, meinte Gregor.
    Jerschow sah ihn groß an. »Darum werden wir auch einmal siegen!«
    Am Sonntag wußte man, wo die Blatnjaki ihr Lager aufgeschlagen hatten. Der Pope Tujan ließ die Glocke läuten.
    Jerschow aber arbeitete einen Plan aus, wie man die Blatnjaki überraschen konnte.
    Es war klar: sie kannten keine Furcht vor dem Tod. Wenn man weiß, daß das Leben nichts mehr wert ist, verliert sich die Scheu vor dem Sterben.
    Der Kundschafter aus des Popen Tujans Mannschaft hatte eine genaue Beschreibung des Lagers mitgebracht. Danach lagerten die Verbrecher auf einer dichtbewaldeten Hügelkuppe, nahe dem Fluß, von der aus sie das Land ringsum übersehen konnten.
    Wanda Timofejewna lief herum, als sei der Krieg nach Nowo Prassna gekommen. »Ich zahle die fünftausend Rubel!« schrie sie. »Aber nicht an die verfluchten Blatnjaki! Jeder von euch kann sie verdienen!«
    Jerschow und Tujan hatten sich geeinigt, gemeinsam vorzugehen und politische Differenzen zu vergessen. Was war mit der Polizei? O Gott, in jedem Dorf saß ein greiser Gendarm, zu alt für den Krieg und klapprig auf den Beinen. Was sollte er gegen fünfzehn schwerbewaffnete Banditen ausrichten? Und wenn man alle Gendarmen der Umgebung zusammenzog, dann waren es genau sechs Greise – ein uniformiertes Altersheim!
    »Und wenn wir sie angreifen?« fragte Gregor.
    »Sie werden Grazina Wladimirowna sofort töten! Gregorij, Sie kennen unsere Verbrecher nicht. Wissen Sie, daß es in Sibirien, mitten in der Taiga, ganze Dörfer von entflohenen Verbrechern gibt? Sie jagen, sie fischen, sie roden Land und bauen es an, sie rauben sich Frauen aus den Siedlungen und zeugen mit ihnen ein neues Geschlecht – wild und frei wie das Land! Nein, um Grazina zu befreien, müssen wir listiger sein!«
    »Listiger!« rief Tante Wanda. »Dumme Reden sind keine

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