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Liebe Isländer: Roman (German Edition)

Liebe Isländer: Roman (German Edition)

Titel: Liebe Isländer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Huldar Breiðfjörð
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Kurzen hatte er dabei fast auf dem Rücken.
    »Was meinst du mit ›einen Teil davon‹?«, fragte ich.
    Der Lange richtete sich auf und stieß mit dem Rücken gegen das Gesicht des Kurzen. »Die Kanten sind an manchen Stellen zu stark abgefahren, um da noch Spikes reinzunageln. Aber man kann es in einigen Abschnitten machen.« Er zögerte einen Moment und sah dann zum Kurzen, der neben seiner Schulter stand und sich die Nase hielt. »Und dann sollte man das Profil schneiden. Das würde dir auch einiges bringen.«
    »Wie viel denn? So viel wie zu fünfzig Prozent mit neuen Spikes-Reifen zu fahren?«
    Der Kurze hielt sich immer noch die Nase und sah erwartungsvoll zu dem Langen, dann aber betreten nach unten, als dieser ihm einen genervten Blick zuwarf.
    »Ja, ich denke, darauf wird es hinauslaufen. So ungefähr fünfzig Prozent«, sagte der Lange.
    »So ungefähr fünfzig Prozent«, wiederholte der Kurze sofort leise und ein klein wenig näselnd, war jedoch voller Scham, als der Lange ihm wieder einen scharfen Blick zuwarf.
    Nach fünfzigprozentiger Spikes-Installation fuhr ich stundenlang zwischen nassen Eisbuckeln in der Stadt hin und her, um das Bremsen auszuprobieren. Es war egal, wie stark ich bremste und wie schnell ich das Auto stoppte, ich war nie gänzlich überzeugt. Ich fand, dass es nicht gut funktionierte. Der Wagen rutschte jedes Mal ein ganzes Stück. Allerdings entstanden Kratzspuren im Eis, so dass die Spikes irgendetwas auszurichten schienen. Die Unsicherheit aber blieb, ob diese fünfzig Prozent ausreichen würden.
    Und ich war es leid, nicht sicher zu sein. Die ganze Zeit aufzupassen. Ich war es leid, mich hier in diesem Gelände zu befinden, in das ich gestartet war, als im Hvalfjörður die Scheinwerfer versagt hatten. In mir brannte das Heimweh. Nicht, dass ich irgendetwas in Reykjavík vermisste. Aber ich sehnte mich danach, morgens aufzuwachen, ohne mich vor dem, was mir bevorstand, zu fürchten. Es musste doch klüger sein, vor Langeweile umzukommen, als durch einen Autounfall. Zumindest wäre es sanfter. Was sollte schon für mich herausspringen aus dieser Reise, wenn ich mich so fühlte? Sie war ein ununterbrochener Stress. Ich wollte mir das Land ansehen und unterwegs mich selbst finden, doch alle Zeit ging dafür drauf, mich nach dem letzten Abschnitt wieder zu beruhigen und für den nächsten Mut zu sammeln. Dazwischen fahndete ich jeweils nach Steckdosen, um die Telefone aufzuladen. Und ich war dieses verbissene Bemühen leid, etwas zu erleben. Alles wahrnehmen zu wollen, etwassehen zu müssen, etwas zu begreifen. Mit der Hoffnung, dass sich etwas ereignen würde, hatte ich zugleich Todesangst, es könnte etwas passieren. Warum hatte ich noch nie von jemandem gehört, der so eine Reise um das Land unternommen hatte? Von keinem Einzigen.
    Und ich war nicht der Einzige, der sich Sorgen machte. Gulla schien diese Reise gar nicht zu behagen, und sie versuchte, mich nach der guten alten Methode aufzubauen – indem sie mich mästete. Währenddessen saß sie an der anderen Seite des runden Küchentischs und vergewisserte sich, dass ich von allem genug bekam. »Und dann sollst du also weiter nach Osten? Die Bergketten dort sind fürchterlich. Na, nun nimm noch ein paar Kartoffeln.«
    »Ja, ich muss nach Osten fahren, um den ganzen Ring zu schaffen«, antwortete ich und nahm mir unter Gullas argusäugigem Blick noch eine Kartoffel.
    »Aber bis jetzt hattest du Glück mit dem Wetter, mein lieber Huldar. Zu dieser Jahreszeit können schreckliche Unwetter aufziehen. Willst du nicht noch etwas mehr Fleisch?«
    »Ich hab schon so viel gehabt. Will Jói nichts essen?«
    »Nein, er ist auf einer Lions-Sitzung. Du musst das alle machen. Ich koche immer so viel. Als die Jungs noch zu Hause waren, habe ich immer so viel gekocht. Ist Gewohnheit. Sind nicht alle immer entsetzlich gestresst bei euch im Süden?«
    »Naja.«
    Gulla gähnte. »Der Stress im Straßenverkehr ist ja schon genug.«
    »Ja. Aber es gibt wenigstens keine Bergstrecken in Reykjavík.«
    Sie sah mich durchdringend an. »Kannst du Bergstrecken nicht leiden?«
    »Nein, nicht wirklich«, antwortete ich und versuchte ganz gelassen zu erscheinen. »Ich bin das einfach nicht gewöhnt.«
    Gulla versuchte ihre Besorgnis zu verbergen und sagte: »Du musst einfach gut auf dich aufpassen, wenn du nach Osten fährst.«
    »Das werd ich, ganz bestimmt.«
    »Und du musst das Djúp nicht zurückfahren«, fügte sie tröstend hinzu.
    »Ja.«
    »Jetzt

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