Liebe ist ein Kleid aus Feuer
erhoben werdet. Ich erwarte euch in der Kirche zur Beichte. Wer von euch macht den Anfang?«
»Geh du nur zuerst«, zischte Sigmar Tankred zu. »Und danach Jost. Ich will gerne die Nachhut sein.«
Er verriet nicht, dass er darauf aus war, irgendwo Eila zu erspähen, aber so ausgiebig er den Gang zur Kirche hinüber auch verzögerte, sie war und blieb verschwunden, seit er sie im Stift abgeliefert hatte, als hätten die dicken Mauern sie für immer verschluckt. Dafür hatte sich bereits ein Teil der Ritter eingefunden, darunter zur allgemeinen Überraschung auch Prinz Liudolf, der zusammen mit seiner Frau Ida der Zeremonie beiwohnen wollte. Sigmar hörte Stimmen und Lachen. Die Gäste wurden im Refektorium bewirtet, wo ein Feuer im Kamin knisterte. Sie tafelten bei Kerzenlicht und Wein und schlugen sich die Mägen mit gebratenen Gänsen voll, während er und die anderen beiden Knappen fasten und beten mussten.
Schließlich blieb ihm nichts anderes übrig, als sich nach Tankred und Jost vor Pater Johannes auf den Steinboden zu knien und seine Sünden zu bekennen. Er sprach hastig, beinahe, ohne Luft zu holen; er hoffte, dass es schnell vorüber sei.
»Und die Sünden des Fleisches?« Der Mönch mit dem Kupferhaar klang unerbittlich. »Hast du da nicht vielleicht etwas vergessen?«
Für einen Augenblick erschien vor Sigmars innerem Auge die rote Kati, wie sie ihm einladend zugelächelt hatte, dann tauchten in rasch wechselnder Folge all die anderen Frauen und Mädchen seines Lebens auf. Seit er denken konnte, hatte er allen gerne nachgesehen; und ihnen beizuliegen, als er endlich alt genug dafür gewesen war, schien für ihn nichts anderes als zu essen und zu trinken, ein intensiver körperlicher Genuss, den er schnell wieder vergaß, sobald er vorüber war. Sich regelmäßig mit Festem und Flüssigem zu stärken, um die Kraft zu erneuern, die er als Kämpfer brauchte, verstieß doch auch nicht gegen die Gebote Gottes, warum dann das Stillen jenes anderen Hungers?
Nur mit Eila war es anders gewesen.
Sie zu berühren, in ihr zu versinken, hatte in ihm die Ahnung eines anderen Begehrens geweckt, das sich nicht mit ein paar flüchtigen Berührungen befriedigen ließ. Als Einzige hatte sie ihn zurückgestoßen, sich nicht von seiner Lust besiegen lassen, sondern so gehandelt, wie sie es für richtig befunden hatte. Nicht erst seit er sie wiedergesehen hatte, musste er an sie denken, aber das Gefühl war stärker geworden, wärmer, lebendiger seither, verließ ihn kaum noch, im Wachen ebenso wenig wie im Schlafen.
Doch was ging das alles diesen Mönch mit dem strengen Mund und den harten Augen an? Der würde alles sicherlich nur falsch verstehen.
Stumm schüttelte Siegmar deshalb den Kopf, äugte jedoch dabei Hilfe suchend zu der Marienstatue und starrte schließlich zu Boden. Erst nach einer Weile wagte er, den Blick wieder zu heben.
Pater Johannes wirkte nicht wirklich zufrieden, hob aber seine Hand. » Ego te absolvo a peccatis tuis in nomine Patris et Filii et Spiritui Sancti .« Er schien nachzudenken. »Da du ohnehin die ganze Nacht demütig beten wirst«, sagte er, »bekommst du keine zusätzliche Buße auferlegt. Ich rate dir allerdings, dein Herz im Besondern der Gottesmutter anzuvertrauen.«
Er führte ihn zum Altar, wo Tankred und Jost warteten. Beider Schwerter und Brünnen waren schon auf den Stufen abgelegt. Sigmar stellte seine Waffe und Rüstung dazu und trat dann zur Seite.
»Ihr schweigt und betet bis zum Morgengrauen«, sagte der Mönch. »Und sollte der böse Feind Anstrengungen machen, euch zu versuchen, so schlagt ihn ebenso mutig in die Flucht, wie ihr ab morgen eure irdischen Feinde abwehren werdet.«
»Wir dürfen erst morgen wieder raus?« Tankreds Stimme war nicht ganz fest.
»Sobald die Sonne aufgeht. Ich werde euch abholen«, sagte Pater Johannes. »Seid bis dahin stark und fromm!«
Er schloss das Portal hinter ihnen zu, als er plötzlich eine Bewegung neben sich wahrnahm. Blitzschnell fuhr er herum.
»Ich muss dich sprechen, ehrwürdiger Vater«, sagte der Strick und versuchte, gewinnend zu lächeln.
»Du hättest dir keinen unpassenderen Zeitpunkt aussuchen können.« Pater Johannes ließ ihn einfach stehen.
»Aber es ist wichtig.« Der Strick lief ihm nach, zupfte am Ärmel seiner Kutte. »Und es wird auch nicht lange dauern – bitte! Die große Sache, du weißt schon. Es gibt Neuigkeiten. Gute Neuigkeiten.«
Der Mönch war stehen geblieben.
»Dann komm!«, sagte er.
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